Energie
in der kybernetischen Systemtheorie
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Homonyme:"Energie"  -  physikalische Energie  -  verbrauchbare Energie  -   feinstoffliche Energie  -  kybernetische Energie


In meiner Kybernetik verwende den Ausdruck "Energie" terminologisch gebunden innerhalb einer systemtheoretischen Technologie, die der konventionellen Physik nicht widerspricht, aber konzeptionell durch die Differenz zwischen Engineering und Naturwissenschaft nicht physikalisch sondern kybernetisch gedacht ist.

Der Ausdruck "Energie" - im hier gemeinten technologischen Sinn - geht wohl auf Thomas Young zurück, der um 1800 die Intuition für eine Unterscheidung hatte, die Nicolas Carnot dann etwas später zur Begründung der Thermodynamik verwendete, indem er von einer "physikalischen Arbeit" im Rahmen einer "mechanischen Wärmetheorie" sprach. Vor T. Young (unter anderem von G. Galilei, C. Huygens, E. Torricelli und G. Leibniz) wurde (nur) die Kraft beobachtet. Erst die sogenannte Kraft-Maschine lenkte die Beobachtung auf die "Arbeit", die mittels von Kraftmaschinen geleistet werden konnte und mithin auf die Energie. H. Helmholtz spricht auch 1867 noch "Über die Erhaltung der Kraft", obwohl er Energie meint. "Energie" im hier gemeinten entwickelten Sinn wurde 1852 von W. Rankine eingeführt, aber erst in jüngerer Zeit, etwa in der Systemphysik als mengentheoretisches Konstrukt dargestellt (was beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Physik 2013 in einem Expertenstreit ausdrücklich als nicht physikalische Betrachtungsweise abgelehnt hat).

Als Energie bezeichne ich im systemtheoretischen Sinn ein Konstrukt, das ich den materiellen Prozessen in einem System zuordne. Energie bezeichnet so - wie etwa Gravitation - ein Erklärungsprinzip, das mir eine Quatifizierung ermöglicht.

Beispiel:
Ein Wasserfall treibt ein Wasserrad an.
Der materielle Prozess besteht darin, dass eine Menge Wasser fliesst und das Wasserrad antreibt.
Als Energie bezeichne ich eine hinzugedachte (ideelle) Menge, welcher ich messend eine Menge Joules zuordnen kann. Das Wasser fungiert dann als Träger dieser Menge.

Bei Wasser mag das etwas kompliziert erscheinen, aber beim elektrischen Strom und noch mehr beim mechanischen Impuls fehlt der anschauliche materielle Träger. Ich kann nur die Wirkung messen. Überdies fliesst die Energie unabhängig vom materiellen Träger, also teilweise in dessen Gegenrichtung, wie eine Antriebskette veranschaulicht. Die Kette "zieht" nach vorne, aber die Energie fliesst nach hinten.

Die als Energie bezeichnete Menge kann ich in dem Sinne umladen, als ich sie von einem Träger an einen anderen Träger weitergeben kann. Die Energieträger haben eigene Eigenschaften und tragen die Energie sehr verschieden. Das fallende Wasser trägt die Energie durch seine Massenbewegung, Erdöl trägt die Energie durch seine Verbrennbarkeit. Es gibt Energieträger die Entstehen und verschwinden können und solche die - wie die physikalische Energie - erhalten bleiben. Die Energie auf der elektrischen Ladung beispielsweise beruht auf einer Trennung von positiven und negativen Teilchen, die erhalten bleiben.


Solche "Energie" ordne ich jedem System-Prozess zu. Die Form der Energie erscheint durch die Konstruktion des Mechanismus, die Menge der Energie erscheint durch die Veränderung des Systemzustandes.
Als typisches System beschreibe ich beispielsweise eine thermostatengeregelte Heizung. Die Konstruktion der Heizung bestimmt Heizoel als Energieform. Die Menge des verbrauchten Heizoels erscheint als Menge, die in der Heizung umgeladen wird. In diesem Sinn verwende ich den Ausdruck "Energie", um die Dynamik eines Systems elegant zu beschreiben. Das Referenzobjekt des Ausdruckes Energie ermöglicht mir, die kybernetischen Prozesse systematisch als Kreisläufe darzustellen.
Mit dem Ausdruck "Information" reproduziere ich das Referenzobjekt des Ausdruckes Energie auf sekundären Energiekreisen.


Beobachtungen jenseits von Energie

Wie ich den Ausdruck Energie - im Kontext meiner kybernetischen Systemtheorie verwende, mache ich mir bewusst, indem ich darauf achte, wie ich ohne den Ausdruck zu verwenden sprechen müsste.

In der Kybernetik beschreibe ich die Funktionsweise von Mechanismen, die in ihrer Dynamik Maschinen repräsentieren. Jede Maschine muss angetrieben werden. Eigentliche Maschinen werden durch Kraftmaschinen, beispielsweise durch eine Dampfmaschine angetrieben. Maschinen, die ich von Hand oder durch ein Tier antreibe, bezeichne ich als uneigentliche Maschinen. Wenn ich eine Maschine - wie etwa die Nähmaschine meiner Grossmutter -"von Hand" antreibe, ersetze ich eine Kraftmaschine.

Ich komme später auf diese Unterscheidung zurück, wenn ich die Lebewesen auch unter energetischen Gesichtspunkten betrachte, im Moment geht es aber darum, dass der Witz der Maschine in "toter" Energie liegt, da diese systematische Vorteile bietet.

Jede Maschine hat eine spezifische Funktion, während jede Kraftmaschine als Motor aussschliesslich die Funktion hat, eine Maschine anzutreiben. Eine anschaulliches Element einer Kraftmaschine ist das Wasserrad. Damit sich das Wasserrad bewegt, muss Wasser fliessen.

Wasser fliesst - im Prinzip - nur "abwärts". Es gibt eine aber eine spezifische Inversion, die als Perpetuum mobile bezeichnet wird. Und praktisch gibt es die Möglichkeit, das Wasser wieder hochzutragen, damit es erneut abwärts fliessen kann. Das wird effektiv (wenn auch nicht effizient) bei vielen Stauseen gemacht. Das Wasser wird hochgepumpt und fliesst dabei in der Leitung aufwärts in einen höhergelegenen Stausee hinauf, damit es später wieder runterfliessen, also ein Wasserrad antreiben kann. C. Escher hat das schön ver-zeichnet.

Ich weiss vom Wassertragen, dass es für mich umso mehr "Arbeit" ist, je mehr Wasser ich je höher tragen muss. Ich kann das Wasser im Eimer in den Stausee tragen. Ich kann zählen, wie viele Eimer voll Wasser ich zum Stausee trage. Ich kann messen, wie viele Kilogramme ich um wieviele Meter emportrage. Ich werde bei dieser Arbeit müde. Wenn ich eine entsprechende Maschine habe, kann ich das Wasser mittels der Maschine in den Stausee hoch pumpen. Die Pumpe ersetzt dann meine Tragarbeit. Ich kann dann sozusagen - die Physiker sagen es idiotischerweise so - die "Arbeit" der Maschine messen. Natürlich arbeiten Maschinen nicht, Menschen arbeiten mittels Maschinen. Aber wenn ich mit einer Maschine arbeite, macht die Maschine bestimmte Dinge, die ich dann nicht "von Hand" machen muss. Die Maschine wird nicht müde, weil sie nicht arbeitet. Die Kraftmaschine ist ein Mechanismus, der von sich aus natürlich nichts leisten kann. Die Pumpe angetrieben werden, das kann ich mit einem Wasserrad tun. Dabei verwende ich Wasser aus einem Stausee dazu, Wasser in den Stausee hoch zu pumpen. Man mag entdecken, dass sich dabei der Stausee leert, weil die Wassermenge nicht genügt, um eine gleich grosse Wassermenge hoch zu pumpen. Abstrakt - im Sinne eines Perpetuum mobile - aber kann ich sehen, dass das abwärtsfliessende Wasser gerade reicht um gleich viel Wasser hinauf fliessen zu lassen.

Für ergeben sich zwei Pseudo-Fragen. Einerseits warum funktioniert das Perpeduum mobile nicht und andrerseits, wie kommt das Wasser in den Stausee, wenn ich es weder hochtrage noch hochpumpe?

Dass das Perpeduum mobile nicht funktioniert, ist eine Erfahrungs-Tat-Sache. Ich habe einfach noch keines gesehen. Ich kann diese Erfahrung rationalisieren, indem ich Energie physikalisch auffasse und einen Wirkungsgrad einführe, durch welchen einen Teil der Energie verloren geht. Ohne Physik und ohne den Ausdruck Energie kann ich aber eben empirisch und experimentell erkennen, dass ich arbeiten zusätzlich muss, wenn ich das Wasser des Stausees über ein Wasserrad, das eine Pumpe antreibt, dazu benutze, den Stausee mit Wasser zu füllen.

Wie aber kommt das Wasser in den Stausee, wenn ich es weder hochtrage noch hochpumpe?Meine Erfahrung sagt, durch Regen, der sich in Bächen sammelt und "abwärts in den Stausee fliesst. Der Regen kommt aus den Wolken, aber wie kommt er in die Wolken? Wie fliesst das Wasser da hinauf? Ich bezeichne das Phänomen als Verdunstung von (Meer)wasser und postuliere damit eine Wasserverdunstungsmaschine, die angetrieben werden muss.

Die Wasserverdunstungsmaschine stelle ich mir in einer Analogie zur Dampfmaschine vor. Die Dampfmaschine ist sozusagen der Urtyp der eigentlichen Antriebsmaschine, man sie hinstellen, wohin man will, während Wasserräder einen Bach brauchen. Die Dampfmaschine wird beispielsweise mit Kohle geheizt. Ich muss also Kohle herbeischleppen und verbrennen und habe dann ein sich drehendes Rad wie beim Wasserrad. So erziele ich mit Kohle dieselbe Wirkung wie mit Wasser aus dem Stausee. Ich kann mit einer bestimmten Menge Kohle also eine bestimmte Menge Wasser in den Stausee bringen. Und so erkenne ich den Mechanismus, mit welchem ich durch Wärme Wasser in die Höhe transportieren kann. In einer Analogie, die ich noch etwas ausformulieren müsste, kann ich sehen, dass die Sonne die Wärme liefert, die Wasser vom Meer in den Stausee hinauf transportiert.

Schliesslich kann ich mich fragen, warum das Wasser abwärts fliesst, wenn ich weiss, dass es für das aufwärts fliessen eine Maschine braucht. Eine Art Antwort oder eher Umformulierung der Frage gibt die Physik).




    
 
 
 

 
 
 

 
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