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Ich gehe grundsätzlich und immer davon aus, dass Wörter arbiträr sind. Manche Wörter oder Wortteile (vor allem bei Kunstwörtern aus anderen Sprachen) deute ich quasi-etymologisch, womit ich - in einer Art re-entry zum Arbiträren - Zusammenhänge konstruiere.

Die Wortendung "-logie" lese ich - wo das Sinn macht - als "Lehre", weil ich viele Lehren so bezeichnet sehe. Es gibt aber auch Wörter, die auf -logie enden, die ich nicht so unmittelbar auf Lehren beziehe (siehe ganz unten (Analogie auf Logik)).

Die Wortendung "-nomie" interpretiere ich - differenziell - als Lehre mit anweisendem Charakter.

Die "Logie" unterstellt deskriptiv vorgefundene (Natur)-Gesetze, die "Nomie" unterstellt präskiptiv vereinbarte (Verfassungs)-Gesetze. Die Schwerkraft scheint unabhängig von Vereinbarungen, der Warenwert scheint ausgehandelt. Die "Nomie" reflektiert Gesetze als gemacht.

Erläuterung
-nomie referenziert das griechische Nomos, das für Gesetz im Sinne der Verfassung und für Gebot steht.
Der Haushalt (oikos) wird in der Öko-logie und Öko-nomie beschrieben.
In beide Lehren werden Gesetze thematisiert. Naturgesetze kann man nicht verletzen oder umgehen, während gesellschaftliche Gesetze ihre Verletzung implizieren.
In diesem Sinne stehen "Nomie" und "Logie" für zwei verschiedene Weltanschauungen. Die sich Logie lehrt, wie man sich angesichts der Natur zu verhalten hat, die Nomie lehrt, wie man in der Gesellschaft zu verhalten hat.

siehe auch -logie, -sophie


Exhaustionen (Erklärungen zu nicht zur These passenden Daten)

Beim Wortpaar Astro-Logie und Astro-Nomie verwende ich im Ausdruck Astrologie "Logie" im eigentlichen Sinn für eine Lehre, während ich im Ausdruck Astronomie "Nomie" als "historisch falsch gewählten" Ausdruck für eine Teillehre der Astrologie verwende.
Als Astrologie bezeichne ich eine der ersten Wissenschaften - wenn nicht die erste Wissenschaft überhaupt - die sich mit Hypothesen zu empirischen Korrelationen mit Gestirnekonstellationen befasst. Die Binnendifferenzierung führte relativ spät zu einer physikalischen Teillehre, in welcher Konstellationen nur noch diszipliniert naturwissenschaftlich beobachtet werden, was dann - "falscherweise" - als Astronomie bezeichnet wurde, weil Astrologie ja schon besetzt war.

Inversion (als spezieller Fall der Exhaustion)

Die Wahl des Ausdruckes "Astronomie" kann ich auch als bewusste Wahl deuten, wenn ich eine andere Differenz Logie/Nomie beobachte.
Das, was ich - im aktuellen Commonsense - als (Natur)Wissenschaft bezeichne, ist eine Erfindung der Renaissance, die durch G. Galilei's Naturgesetze in Form von Hypothesen initiiert und von I. Newton in der Gravitationstheorie voll entfaltet wurde. In dieser Wissenschaft sind die (Natur)Gesetze fundamental, weshalb eine eigentliche Wissenschaft als "-nomie" bezeichnet wurde, weil Nomos das lateinische Wort für Gesetz ist (was immer die Lateiner mit dem Ausdruck auch meinten).
J. Kepler bezeichnete sein Werk als Astronomie
Gleichzeitig entstanden die Universitäten, die sich bis heute als Institutionen mit doppeltem Auftrag zu Lehre und Forschung begreifen. Der Ausdruck "Lehre" wird darin neu besetzt, indem er nun die Mitteilung der Lehre bedeutet, als das, was Lehrer tun. Suggeriert wird, dass Lehrer die Lehre lehren.

In dieser Differenz verkehren sich die Verhältnisse. Nomie steht für die Lehre im Sinne der ursprünglichen Logie, während Lehre - immer noch als Logie aufgefasst - das Dogma der Lehrer bezeichnet, das T. Kuhn dann als jeweils in Kraft gesetztes Paradigma bezeichnet hat.


Das Homonym als vollständigste Exhaustion oder als Aufhebung der der Notwendigkeit der Exhaustion

Wortverwendungen, die nicht zu meiner These passen, kann ich - arbiträrerweise - als Homonyme auffassen, also als Wörter, die ganz zufällig gleich lauten, ohne irgendeine inhaltliche Beziehung zu haben.

In den Ausdrücken Analogie oder Tautologie beispielsweise beziehe ich "-logie" nicht auf eine Lehre, sondern auf eine wie auch immer gemeinte "logische" Beziehung, die ihrerseits natürlich auch durch eine Lehre begründet sein kann.

Schliesslich gibt es auch Wortverwendungen, in welchen Logie und Nomie gar keinen gemeinsamen Bezug haben. Die Ausdrücke Gastrologie und Gastronomie beziehen sich auf verschiedene Verwendungen von "Gastro", wobei diese beiden Wörter unabhängig von einander zum obigen Deutungsschema passen, weil Gastrologie für eine - physiologische - Wissenschaft steht, während Gastronomie vorschreibt, wie Gäste zu behandeln sind.

Kommt noch:
Physiologie und Physiognomie ...
Taxonomie .. Lehre des Klassifizierens


 
[Blog: Zum Unterschied zwischen (Astro)-nomie und (Öko)-logie ]
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