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Differenztheoretisch kann analog durch die Differenz zwischen analog und digital gesehen werden, indem auf der Unterscheidungsseite des analogen das als "digital" Ausgegrenzte wiedereintritt, weil auch das Analoge auf eine Vereinbarung beruht.


 

analog heissen die Symbole, deren Referenzobjekte man ohne explizite Vereinbarung erkennt. Insbesondere trifft das für Zeichnung und Modelle zu. Man sieht, was gemeint ist, während digitale Verweise nur durch Vereinbarungen möglich sind. (Ein Fremdsprachiger etwa erkennt den gezeichneten Gegenstand, er weiss aber nicht, was ein bestimmtes Wort bedeutet).

re-entry:
"analog" steht für die jeweils naheliegenste Vereinbarung, in welcher wir meistens die sinnlich wahrnehmbare Form als Vereinbarungsgrundlage verwenden. "analog" im strengen Sinne gibt es nicht, da die Form natürlich auch auf einer Vereinbarung beruht.

"analog" wird im deutschen Sprachraum sehr häufig mit kontinuierlich gleichgesetzt, dagegen wird digital relativ selten mit diskret verwechselt.

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bildsiehe auch Abbildungsarten


 
analoge
Referenzierung
 
 
 
 
digitale
Referenzierung

Beispiel

Die analoge Uhr

Die analoge Uhr ist das Paradebeispiel, wenn der Ausdruck "analog" umgangssprachlich erläutert werden soll. Häufig wird versucht, "analog" begreifbar zu machen, indem die Beziehung zwischen Uhrzeit und Zifferblatt (der sogenannten analogen Uhr) als analog bezeichnet wird. Wer scharfsinnig ein Zifferblatt für zu statisch findet, um mit etwas so dynamischem wie Uhrzeit in Analogie gesetzt zu werden, ver(schlimm)bessert das Beispiel, indem er die dynamische Uhrzeit als analog zum sich dynamisch verändernden Winkel zwischen den Uhrzeigern postuliert. Davon abgesehen, dass Beispiele Definitionen ohnehin nicht ersetzen, ist das Beispiel Uhr höchstens dazu tauglich, zu zeigen, dass analog nicht, oder nur äusserst bedingt kontinuierlich heissen kann, weil der Sekundenzeiger, wie man bei jeder analogen Bahnhof-Uhr sehen kann, regelmässig jeweils 1 Sekunde lang stehen bleibt. Wo also liegt die mit der Uhr gemeinte Analogie wirklich?

Die Uhr ist - sehr formal - eine analoge Abbildung des näheren Weltraumes, in welchem die rotierende Erde um die Sonne rotiert. Der kleine Zeiger zeigt - mit proportionalem Mass - dynamisch, wo er auf der Erde relativ zur Erd-Sonnen-Achse, welche durch die Achse Uhrmitte-(12-Uhr-Zeichen) symbolisiert ist, steht. Der grosse Zeiger zeigt lediglich genauer an, wo der kleine steht. Die Uhr repräsentiert die gemeinte Wirklichkeit sowohl statisch wie dynamisch, aber die gemeinte Wirklichkeit, also die in der Uhr quasi abgebildete Sache, ist eben keineswegs die Zeit. Die Zeit lässt sich nämlich nicht abbilden. Dem Zifferblatt entspricht vielmehr der Raum der Gestirne, den Zeigerbewegungen die Bewegung der Gestirne.

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 Erde
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 Sonne
 
 
 
 
 
 
 Standort des Uhrträgers

Die Sache mit der Uhr ist ganz einfach: Die analoge Uhr ist keine Abbildung der Zeit, sondern eine Abbildung der Erdbewegung. Der Stundenzeiger zeigt uns, wo wir auf der Erdoberfläche relativ zur Achse Erde-Sonne stehen. Das hat mit Zeit gar nichts zu tun, sondern ist ein ganz räumliches Verhältnis. (darüber haben Sie ja kürzlich auch geschrieben).

Die analoge Uhr wird in der Tat oft digital gelesen, weil sie Zahlen oft auf dem Zifferblatt hat. Der naive Leser meint dann, der Zeiger zeige auf die Zahlen. Der Zeiger zeigt aber, wo auf der Erde wir stehen und die Zahl auf den Zifferblatt (die nicht mehr oder weniger, sondern digital ist) dient nur dazu, dass man einem andern sagen kann, wo der Zeiger gerade steht. Die Zahlen auf der Uhr dienen der sprachlichen Kommunikation über die Zeigerstellung. Um die Tages-Zeit (die ja auch etwas ganz anderes ist als Zeit (oder Sinnzeit) abzulesen, genügen die Zeiger und die Achsenmarkierung (wo ist Mittag bei der Uhr).

Nachdem die analoge Uhr digital gelesen wird, kann man sagen es ist 5 Uhr. Die 5 muss aber per digit vereinbart sein. Und wenn man die 5 vereinbart hat, kann man die Uhr so bauen, dass anstelle der Zeiger die 5 erscheint (eben die sogenannte digitale Uhr). (Nur nebenbei: ob sich der Zeiger der analogen Uhr kontinuierlich oder in diskreten Sprüngen bewegt, ist eine Frage der Auflösung - quantenmechanisch ist kontinuierlich unwahrscheinlich (aus: Todesco, R.: Technische Intelligenz (1992:37f)


 

Mehr Literatur

Physikalische Analogien und Ziffernrechenmaschinen – Von mechanischen Rechengeräten zu Integrieranlagen und programmgesteuerten Maschinen Andreas Brennecke, Rechnerlexikon

In den "Sprachen der Kunst" legt Goodman dar, dass der Unterschied zwischen einem Bild und einer Beschreibung eines Gegenstandes nicht darin besteht, dass das Bild dem Gegenstand ähnlicher ist als seine Beschreibung. Er verdeutlicht, dass Ähnlichkeit weder hinreichende noch notwendige Bedingung für Repräsentation ist, da Ähnlichkeit eine symmetrische Beziehung ist, während dies bei Repräsentation nicht der Fall ist. Wenn X Y ähnlich ist, dann ist Y X auch ähnlich. Aber wenn X Y repräsentiert, dann repräsentiert Y X in der Regel nicht. D.h.: Wenn ein Zwilling dem anderen ähnlich ist, so gilt dies auch andersherum. Dennoch wäre die Behauptung, Ein Zwilling repräsentiere den anderen, absurd. Hingegen repräsentiert mich ein Bild von mir aber nicht umgekehrt. Auch zu behaupten, ich sähe dem Bild ähnlich ist wiederum nicht haltbar. Goodman analysiert den Unterschied zwischen pikturaler Repräsentation und Beschreibung letztlich als einen syntaktischen Unterschied in der Darstellungsweise. Einem Bild schreibt er die Eigenschaft zu, (im logischen Sinne) analog zu sein, während ein sprachliches Symbolschema digital ist. Als analog gilt für Goodman ein Symbolschema, das syntaktisch dicht ist. Dies bedeutet, dass alle Elemente des Symbolschemas von Bedeutung sind, man mithin überhaupt keine Grenzen zwischen den einzelnen Elementen ziehen kann. Ein digitales Schema ist hingegen disjunkt und endlich differenziert. Es besteht aus Inskriptionen oder Tokens, die auf einen Typ oder Charakter verweisen. Ein Token ist disjunkt, wenn er nicht zugleich dem Typ1 und dem Typ2 zugeordnet werden kann. Er ist endlich differenziert, wenn in einer endlichen Zeitspanne entschieden werden kann, ob er Typ1 oder Typ2 zugerechnet werden muss. So existiert das Wort "Ente" milliardenfach als Inskription in Form von Kopien. Eine einzelne Inskription von "Ente" ist disjunkt, da feststeht, dass sie nicht zugleich "Ente" und "Ende" darstellen kann. Sie ist endlich differenziert, wenn man diese Entscheidung in endlich vielen Schritten fällen kann. Bei pikturaler Darstellung existiert hingegen kein Typ. Entsprechend lassen sich die Kategorien disjunkt und endlich differenziert gar nicht erst anwenden. Auf dieser Grundlage entwirft Goodman ein breites Spektrum von gänzlich analogen Darstellungen, bis zu rein digitalen. Ein Bild ist gänzlich analog, während eine Partitur rein digital ist. Die Sprache hingegen ist eine Mischform da sie zwar syntaktisch digital ist, aber nicht semantisch. Das Wort "Ball" kann sowohl ein Sportgerät als auch eine Tanzveranstaltung bezeichnen, es ist also semantisch nicht disjunkt.

andere Redeweisen: N. Luhmann, GdG, S.779
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Wie hängen Kunst, Krieg und Kybernetik zusammen? Was verbindet John von Neumann und Nelson Goodman? Die analog-digital-Unterscheidung wurde 1968 erstmals von Nelson Goodman in die Philosophie eingeführt und in der Folge von Philosophen wie John Haugeland oder Fred Dretske weiterverwendet oder umdefininiert. Mit dem Einzug der Medientheorie in die Philosophie wurde sie dann ubiquitär. Doch ist die Geschichte dieser Unterscheidung intrikat und facettenreich: sachlich könnte man sie bis in die Antike zurückverfolgen, unter anderem in Leibniz und Kant aufspüren, explizit wird sie dann in Kommunikations- wie Systemtheorie verwendet (etwa bei Watzlawick/Beavin/Jackson, Gregory Bateson oder Anthony Wilden). Einige der hitzigsten Debatten zur Bedeutung dieser Termini fanden im Rahmen der "Macy-Konferenzen" in den 40iger und 50iger Jahren in New York statt, im Zuge der Entwicklung der "Kybernetik". Das Seminar wird Schlüsseltexte aus inner- und außerphilosophischen Diskursen diskutieren und zu traditionellen erkenntnistheoretischen Fragen in Beziehung setzen. Es hat "Forschungscharakter", insofern ist für eine erfolgreiche Teilnahme die Bereitschaft zu selbständiger Mitarbeit und Lust zur Erkundung theoretisch neuen Terrains gefordert.

Einführende Lektüre: Jens Schröter: Analog/Digital - Opposition oder Kontinuum? In: Jens Schröter, Alexander Böhnke (Hrsg): Analog/Digital - Opposition oder Kontinuum. Zur Theorie und Geschichte einer Unterscheidung. Transcript-Verlag 2004, S. 7-30.

Laut Informatik-Duden bedeutet "analog" eigentlich "kontinuierlich, stetig veränderbar", wird aber alltäglich auch für "ähnlich gelagert" verwendet (Duden,Informatik,1988,28). Für technische Pragmatiker bedeutet "analog" dasselbe wie "kontinuierlich", weil sie den Ausdruck im Alltag tatsächlich häufig - unbewusst und unwillkürlich - so verwenden. Wörter mit derselben Bedeutung heissen Synonyme; Synonyme gibt es abgesehen von "gedeutschten" Wörtern wie Bürgersteig für Trottoir praktisch nicht. Die beiden Begriffe "analog" und "kontinuierlich" bezeichnen nur für diejenigen dieselbe Sache, die die beiden eigentlich bezeichneten Sachen nicht unterscheiden können oder wollen (15).


J. Atanasoff, by contrast, was skilled at circuit design and had a thorough understanding of the difference between electronic circuits used for analog as opposed to digital applications. Indeed, Atanasoff was the first to use the word “analogue” to describe that type of computer; “digital” was first used by George Stibitz in 1942.

Die Wikipedia verzichtet darauf, das Adjektiv zu umschreiben


 
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