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Hier befasse ich mich mit der Kategorienlehre von Aristoteles. "Kategorien" ist ein Buch von Aristoteles (wobei wohl weder Titel noch Inhalt von Aristoteles selbst stammt - aber wer weiss das schon?).

Ich lese Buch von Aristoteles anders als die meisten Philosophen, weil ich beim Lesen meinen eigenen Kategorie-Begriff unterlege. Da ich Aristoteles nicht fragen kann, muss ich auch meinen, was er gemeint haben könnte (falls er das Buch, auf das ich mich hier beziehe, geschrieben hätte). Aristoteles hat ja auch sonst ganz viel sehr Eigenartiges geschrieben: Was Aristoteles alles so meinte und vielleicht geschrieben hat.

Kategorien verwendet Aristoteles in Klassifikation von Aussagen, wozu er ein Aussageschema (oder Denkformen) einführt, in welchem (grammatikalischen) Subjekten Prädikate zugeschrieben werden. Aristoteles will damit die Formen, nach denen einzelne Wörter sinnvoll zu Aussagen verbunden werden können, bestimmen. Mit dem Syllogismus schränkt er dann Folgerungsaussagen ein.
Da er Ausdrücke und Bezeichnetes nicht immer klar unterscheidet, erscheint die Wirklichkeit als in Typen von Objekten und Eigenschaften im Sinne einer Ontologie "mitgemeint".

Aristoteles legt fest, was als Subjekt in Frage kommt und welche Prädikate verwendet werden können (I. Kant macht später "aprioris" daraus). Aristoteles macht eine eigenartige Subjektbestimmung, die nicht mit der gängigen grammatikalischen übereinstimmt. Auch darin mag begründet sein, dass man ihm eine Onologie zuschreibt. Sein Subjekt ist das formlos "Zugrundeliegende", das er als Substanz und ich als Substrat bezeichne. Dem Substrat kommt dann als erstes Prädikat eine Dingform zu, die mit einem Substantiv bezeichnet werden kann. Alles was ich mit einem Substantiv bezeichne ist ein Hypokeimenon, also ein Substrat mit einer bestimmten Dingform (Ousia).
Die übrigen neun Kategorien umfassen die Akzidenzien, die einer ousia anhängen können (zum Beispiel Quantität oder Qualität). Sie werden von einer ousia ausgesagt oder sind in ihr. Als Beispiel nennt Aristoteles die Farbe an einem Körper. Der Körper ist als Zugrundeliegendes ousia, die Farbe ist Akzidens.
Die Ousia-Idee erscheint später als Medium ausgerechnet als Kritik der Ontologie wieder: etwa bei N. Luhmann als Differenz Form/Medium.

kategorielles Prädikat Frage Beispiel
1. Ding, Substanz bild Was ist etwas? bild ein Mensch, ein Pferd
2. Quantität, Größe Wie viel/groß ist etwas? bild fünf, ein Meter
3. Qualität, Beschaffenheit Wie beschaffen ist etwas? weiß, sprachgelehrt
4. Relativum, Bezogenes Wie bezieht sich etwas worauf? doppelt, halb, größer
5. Wo, Ort Wo ist etwas? auf dem Marktplatz, im Lykeion
6. Wann, Zeit Wann ist etwas? gestern, voriges Jahr
7. Lage, Zustand In welcher Position ist etwas? das Liegen, das Sitzen
8. Haben Was hat etwas? Schuhe anhaben, bewaffnet sein
9. Tun, Wirken Was tut etwas? schneidet, brennt
10. Erleiden Was erleidet etwas? wird geschnitten, wird gebrannt

Aristoteles nimmt Dinge untätig wahr und unterscheidet deshalb keine Artefakte. Ein Stuhl ist ihm soviel Ousia wie ein Baum. Bereits bei Gattungsbegriffen wird er unsicher mit seinen Kategorien. Vergleiche dazu sein Ontologisches Diagramm, wo er zwei grammatikalische "Substrate" unterscheidet: Objekte und Klassen (der konkrete Mensch Sokrates und die Gattung Lebewesen), das wird im Universalienstreit diskutiert.

Aristoteles unterscheidet synonym und homonym, um Wörter einer "Klasse von Wörtern" zuzuordnen. Diese Auffassung von Kategorie wird auch verwendet, wo von Kategorienfehlern die Rede ist, wenn nicht passende Wörter oder Wörter nicht passend verwendet werden.

Aristoteles verwendet homonym und synonym nicht in Bezug auf die Ausdrücke, sondern in Bezug auf deren Referenzobjekt - was eben als Ontologie erscheint. Das Bild eines Menschen und der abgebildete Mensch sind homonym, nämlich beides bezeichne ich als Mensch, obwohle es verschieden Dinge sind (so wie ich "Bank" homonym für verschiedene Dinge verwende). Ein Mensch und ein Rind sind synonym, weil beides für das eine Ding Lebewesen steht. "synonym" bezeichnet dabei die grammatikalische Funktion eines Oberbegriffes. [ ]

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Arten von Ausdrücken:
homonym ein gemalter und ein wirklicher Mensch
synonym Mensch und Rind als Lebewesen
paronym der Grammatiker und die Grammatik

Aristoteles beobachtet in der Kategorienschrift nur Wörter und Aussagen als verbundene Wörter. Letztere können einem Kategorienfehler unterliegen. Es geht ihm nicht um eine Grammatik insgesamt, sondern nur um die Zuweisung von Prädikaten, was wiederum als Ontologie gedeutet wird.

Aristoteles erwähnt Begriffe, die in der Kategorientafel fehlen. Es sind dies der „Gegensatz“, das „Früher“, das „Zugleich“, die „Bewegung“ und das „Haben“ (im Sinne des Modalverbes). Man hat diese Begriffe später als die Postprädikamente bezeichnet.

Kritik:
Eine wesentliche Kritik stammt von I. Kant: "Es war ein eines scharfsinnigen Mannes würdiger Anschlag des Aristoteles, diese Grundbegriffe aufzusuchen. Da er aber kein Principium hatte, so raffte er sie auf, wie sie ihm aufstießen, und trieb deren zuerst zehn auf, die er Kategorien (Prädikamente) nannte."
Mit "Prinzip" meinte I. Kant wohl eine Art Theorie, da Aristoteles - im Sinne eines naiven Empirismus - nur beobachtete, was er in seiner Sprache sagen konnte - und das als die vier Arten des Seienden für gegeben hielt. I. Kant hat dann über die Bedingungen der Möglichkeit nachgedacht und deshalb den Ausdruck Kategorie ganz anders verwendet (Kateogorie bei I. Kant)

Eine modernere Kritik stammt von N. Luhmann: Aristoteles schreibt dem Substrat eine Potenz zu, weil es sich in Formen zeigt. Wenn man ein Holzbett vergräbt, wächst im Sinne Aristoteles Holz, nicht ein Bett. Das Holz ist das Substrat, die Form ist nur zufällig, sie wird nicht vererbt. N. Luhmann verzichtet in der Folge von G. Spencer-Brown auf die Bezeichnung des Substrates und weicht so vielen Problemen aus.

Meine Kritik:
Aristoteles unterscheidet nicht, woher die Form kommt. Sie scheint ihm wie das Substrat als Natur. Er sieht nicht, dass er formt, er sieht nur geformte Dinge. Er beobachtet untätig. Diese Kritik betrifft natürlich auch I. Kant und N. Luhmann.


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