Hervorbringen
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Hervorbringen verwende ich in diesem Lexikon - wie etwa beobachten - terminologisch gebunden, also nicht im umgangssprachlich undefiniert weiten Sinn. Es ist ein zentraler Begriff meiner Theorie: vergleiche dazu herstellen, zubereiten und erzeugen
Umgangssprachlich wird hervorbringen sehr oft mit produzieren gleichgesetzt (Quasisynonym/Fremdwort). Ich unterscheide produzieren und herstellen.
Umgangssprachlich sage ich auch, dass jemand kein Wort hervorbringen konnte. Solche Homonyme sind hier nicht gemeint.
Hervorbringen ist auch ein wichtiges Konzept in der Autopoiesis von H. Maturana. Er verwendet das Wort hervorbringen - anders als ich - so, wie der Konstruktivist E. von Glasersfeld das Wort konstruieren. H. Maturana sagt, es sei kein Konstruktivist, aber sein Hervorbringen scheint mir nur ein anderes Wort zu sein (siehe unten mehr dazu).
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hervorbringen
zubereiten
herstellen
erzeugen
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Als Hervorbringen bezeichne ich die Tätigkeit, durch die ich etwas Sicht- und Anfassbares in mein Sichtfeld bringe.
Anmerkungen:
Es geht hier nicht um transzendente Sachen wie Gedanken und nicht um Sachen, die eine sogenannte Natur hervorbringt.
Es geht hier nicht um mentale Tätigkeiten im Sinne der konstruktivistschen Wahrnehmung, die die Um-Welt insgesamt hervorbringt. Es geht um Sachen innerhalb dieser Um-Welt.
Hervorbringen verwende ich im Zusammenhang mit gegenständlichem Herstellen, wobei ich etwas forme, was ich nicht herstellen kann.
Vieles, was ich hervorbringe, muss ich zubereiten. Das Zubereiten kann ich in vielen Fällen als Teil des Herstellens sehen. Wenn ich einen geeigneten Stein finde, kann ich ihn wie ein Werkzeug verwenden. Ich kann ihn bearbeiten, was einer Keimform des Herstellens entspricht. Erz muss ich trennen, bevor ich das Metall bearbeite. Dabei produziere ich Halbfabrikate, was einer Zubereitung entspricht. Viele Nahrungsmittel muss ich rüsten oder kochen.
Das, was ich hervorbringe, bezeichne ich als Stoff und wenn ich von allen Eigenschaften absehe als Substanz. Den Ausdruck Stoff verwende ich als Kollektivsingular für alles, was ich hervorbringen, also anfassen kann. Es ist unerheblich, was Stoff jenseits davon ist.
Erläuterungen anhand von Beispielen:
- Kupfer bezeichne ich als Material, wenn ich daraus einen Gegenstand herstelle. Normalerweise kann ich Kupfer in einem Erz in der Erde finden, es kommt aber auch gediegen vor.
Das Hervorbringen besteht im einfachsten Fall - hervorholen, was schon da ist, aber noch nicht gesehen wurde - aus dem Finden und Auflesen von gediegenen Kupferstücken, und im aufwendigeren Fall, aus dem Ausgraben und dem Verhütten von Kupfererz. Wenn ich Kupfererz verhütte und auftrenne, spreche ich von einer Zubereitung.
Einer Geschichte nach haben die Urmenschen Kupfer zuerst in der Asche als glänzende Rückstände gefunden. Sie haben das Metall weder hergestellt noch erfunden, sie haben es - im Prinzip - reproduzierbar hervorgebracht. Dabei interessiert weder, welche kognitiven Fähigkeiten zum Erkennen von Metall nötig waren, noch wie das Metall in die Asche des Feuers gekommen ist.
Ich kann Kupfer im flüssigen Zustand mit anderen Stoffen vermischen, beispielsweise mit flüssigem Zinn und so Bronze, also einen Stoff mit neuen Eigenschaften hervorbringen.
- Holz bezeichne ich als Material, wenn ich daraus einen Gegenstand herstelle. Holz bringe ich hervor, indem ich Bäume zerlegte. Ein Baum ist kein Holz, sondern ein Baum. Holz muss durch eine Tätigkeit hervorbringen. Deshalb hat es eine Bezeichnung.
- Teig verwende ich für Teig- oder Backwaren.
Teig bringe ich hervor, indem ich Mehl, also gemahlenes Getreide mit Wasser vermische. Getreide bringe ich hervor, indem ich es dort finde oder ernte, wo ich zuvor Samen verstreut habe. Natürlich kann ich weder Samen noch Getreide herstellen. Mehl produziere ich, indem ich die Form von Getreidekörner durch zermalmen auflöse.
Die Konstruktivisten verwende Hervorbringen für etwas in die Wahrnehmung bringen und Wahrnehmung ist ein mentaler Prozess, der nicht davon abhängig ist, dass etwas vor den Augen ist und nicht daran gemessen werden kann, weil man keinen Zugriff auf etwas hat, was jenseits der Wahrnehmung ist.
H. Maturana postuliert mit seiner Autopoiesis, dass ich mich selbst hervorbringe und damit entscheide, was ich je wie wahrnehmen kann.
Ich erkläre mir meine Wahrnehmungen - konstruktivistisch - durch eine Welt, die ich vor meinen Augen habe, wobei unerheblich ist, inwiefern diese Welt jensweits von mir da ist. Wennn ich den Kopf hin und herdrehe und deshalb - reproduzierbar - etwas anderes und dann wieder dasselbe sehe, erkläre ich mir das mit - im Sinne von J. Piaget's permanenten Objekten in meiner Umwelt. Ich kann meine Umwelt - erkenntnisstheoretisch - nicht von meinen mentalen Zuständen unterscheiden. Ich kann mich nur dafür entscheiden, dass mich solche Erkenntnistheorie nicht interessiert, weil ich nicht sehen kann, dass sich damit irgend etwas ändert.
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