Empfindung ist eine Kategorie, die mir das Sprechen über Erlebnisse erlaubt. Empfindung ist ein zentrales Konzept bei E. Mach und in dessen Folge im Empirismus und in der Gestalttheorie. "Was wir Materie nennen, ist ein gewisser gesetzmäßiger Zusammenhang der Empfindungen" (E. Mach).

Als Empfindung bezeichne ich das Erleben, das noch keine Ursache und keinen Grund hat, also das, was ich als mein So-Sein erlebe und was das - phänomenologisch - intentionale Wesen meines Selbstverständnis ausmacht. Den Träger der Empfindung bezeichne ich in Abhängigkeit der je verwendeten Erklärung durch die Ausdrücke Leib, Organismus, Mind usw.

Ich unterscheide verschiedene Arten der Empfindung:

• Die einfachste Deutung ist der Sinneseindruck, der einen physiologischen Sinn, respektive eine sinnliche Empfindsamkeit mit einer relativen Empfindlichkeit als Erklärungsprinzip unterstellt. Dabei erscheint die Empfindung als Resultat oder als Effekt des Sinnesorgans, wobei die Empfindung als propriozeptiv erlebter Eigenzustand des Nervensystems als Ganzes erscheint. Sinneseindrücke empfinde ich weder auf der Retina noch im Gehirn. Diese Empfindungen haben keinen Ort, nur eine Qualität.

  Eine weitere Art der Empfindung ist Schmerz

  Begier (Hunger, Durst)

• Genüsse
  Und Lukrez rief aus: »Siehst Du nicht, daß die Natur nur nach zwei Dingen verlangt, nach einem schmerzfreien Körper und einem sorgenfreien Gemüt. .. « (Beginn des 2. Buches von De Rerum Natura).
  Wenn ich Erdbeeren esse, schmecke ich Erdbeeren und nicht das Schmecken selbst, oder, um ein Beispiel von Galilei zu nehmen, wenn »ich meine Hand erst über eine Marmorstatue und dann über einen lebendigen Körper gleiten lasse«, habe ich die Empfindung ~on ~armor und lebendiger Leiblichkeit und nicht die Empfindung meiner eigenen Hand, mit der ich sie berühre. Daher muß Galilei für die Demonstration der sekundären Sinnes'qualitäten, die als Farb-, Geschmacks- und Geruchsempfindungen nichts sind als Worte, die keine Realität haben außerhalb der körperlichen Sinnlichkeit, zu anderen Beispielen greifen und das Kitzelgefühl, das durch Bestreichen einer Feder veranlasst wird, einführen. Diese Reizempfindung verallgemeinert er dann für alle Sinnesempfindungen und kommt zu dem Schluss, daß auch den anderen Qualitäten, die man gemeinhin natürlichen Körpern zuschreibt, wie Geschmack, Geruch, Farbe usw., nicht mehr Wirklichkeit zukommt (die Beispiele aus Il SaggIatore in Opere IV, 533ff.

  Als Empfindung bezeichne ich im Behaviorismus noch nicht als "Reize" (in Reiz-Reaktions-Moddell) oder als "Wahrnehmung" realisierte Erlebnisse, aus welchen die kognitivistische Blackbox eben Reiz oder Wahrnehmungen produziert.

  "Aber Menschen sehen nicht Reize; unser Wissen über diese ist sehr theoretisch und abstrakt. Vielmehr haben sie Empfindungen (...). (...) zwischen dem Empfang eines Reizes und dem Gewahrwerden dieser Empfindung finden viele Prozesse im Nervensystem statt. (...) Individuen, die in verschiedenen Gesellschaften aufgewachsen sind, verhalten sich in machen Fällen, als sähen sie verschiedene Dinge. Wären wir nicht versucht, Reize eindeutig mit Empfindungen zu identifizieren, so könnten wir erkennen, dass sie tatsächlich Verschiedenes sehen" (Kuhn: Wissenschaftliche Revolutioen:204).

  "Was der Nervenprozess, der Reize zu Empfindungen umformt, mit enthält, hat folgende Merkmale: es ist durch Erziehung vermittelt worden; es hat sich durch Versuch in der gegenwärtigen Umwelt einer Gruppe als effektiver herausgestellt als seine historischen Konkurrenten; drittens ist es der Veränderung durch weitere Erziehung und durch die Entdeckung von Unangepasstheit an die Umwelt unterworfen. Dies sind die Merkmale von Wissen" (ebd., 208).

  Erkenntnisphilosophie
   
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aus: Empfindungswörter (K. Alsleben)