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Mit Substantivierung bezeichne ich zwei Sachverhalte: Einen grammatikalischen, der darin besteht, dass ein Substantiv aus einem Wort abgeleitet wird, das zu einer anderen Wortart gehört, und einen linguistischen, der in einer Verdinglichung besteht.

Grammatik

Als Substantivierung bezeichne ich die Bildung eines Substantivs mit dem Wortstamm eines Wortes einer anderen Wortart. Das geschieht oft durch angefügte Präfixe oder Suffixe.

Es gibt auch den umgekehrten Prozess. In vielen Fällen wird diese abgeleitete Bildung gar nicht mehr als solche wahrgenommen. Junge etwa steht für Knabe, aber nicht für (mehr?) für jung sein. Siehe auch Desubstantivierung

Es gibt Fälle, in welchen das Substantiv gar nicht (mehr?) auf ein Herkunftswort zurückgeführt wird, weil dieses ganz ausgestorben ist oder unmittelbar aufgehoben wurde.

Materialbezeichnungen wie Metall beschreiben eigentlich eine Eigenschaft, für die aber das Eigenschaftswort oft fehlt. Wenn ich dann von metallig spreche, scheint das Wort von Metall abgeleitet zu sein.

Adjektive werden oft durch Suffixe wie -heit oder -keit in Substantive überführt. Freiheit


Linguistik, Sprachkritik

Die Substantivierung ist ein grammatikalisches Phänomen. Sie wird aber in vielen Fällen zu einem pragmatischen Problem, etwa als Hypostasierung oder als Verdinglichung.


 

Terminologie
In der Konversion erfolgt eine Änderung der Wortart ohne Änderung der äusseren Form des Wortes, im Gegensatz zu Derivation, die Präfixe oder Suffixe zeigt.

Die einfache Infinitivform des Verbs (im Gegensatz zum „zu“-Infinitiv) kann ohne Änderung der Form als Substantiv verwendet werden. Das korrespondierende Substantiv ist stets ein deklinierbares Neutrum und Singularetantum (etwa gehen → das Gehen, Genitiv: des Gehens).
Beispiele:
"Das Gehen fällt mir schwer." (zum Verb gehen ohne Formänderung)
"Alle Gerichte auch zum Mitnehmen." (zum Verb mitnehmen ohne Formänderung)

Die Bedeutung des Ausgangswortes bleibt bei dieser Art der Substantivierung zunächst erhalten, kann sich im Laufe der Zeit aber auch verschieben (Bedeutungswandel). Wenn ein Wortartwechsel zum Substantiv mit einer Verschiebung der Bedeutung einhergeht, so dass das Substantiv nicht mehr das Ereignis selbst bezeichnet, wird so ein Fall von der Substantivierung im hier dargestellten engen Sinn unterschieden (wenngleich es sich immer noch um Konversion handelt):
"Das Schreiben mit der rechten Hand fällt ihm schwer" (Substantivierung der verbalen Bedeutung von schreiben, Verbalnomen)
"Das Schreiben wurde verspätet zugestellt“ (Bedeutung: „geschriebener Gegenstand“, Resultatsnominalisierung / Nomen resultatis, siehe unten.)

Die Infinitive reflexiver Verben werden normalerweise ohne das Wort sich substantiviert (sich verhalten → das Verhalten). Möglich ist allerdings eine okkasionelle Konversion reflexiver Verben, bei der sich und der Infinitiv zusammengeschrieben werden (das Sichbeklagen). Wörter wie regen in „Sich (zu) regen bringt Segen.“ sind nicht substantiviert und werden deshalb kleingeschrieben.
Es ist ausserdem möglich, aus einer Verb-Substantivierung und dem Objekt des Verbs ein Kompositum zu bilden („das Teetrinken“). In komplexen Fällen kann auch eine Durchkopplung entstehen: „das Geld-zum-Fenster-Hinauswerfen“.


 

Verben aus Substantiven
Verben werden mittels Suffigierung oder durch Konversion desubstantiviert. Bei der Suffigierung werden die Vokale a, o und u im Substantivstamm umgelautet. Suffixe, die Substantive in Verben umwandeln, sind: -il, -ir und -ig, außerdem die Fremdsuffixe -ier, -ifizier und -isier. Außerdem gibt es die Zirkumfigierung, die das Substantiv umgibt. Dann gibt es noch eine kombinierte Präfigierung und Konversion, hier muss beachtet werden, ob das Verb trennbar ist.

Beispiele:
kreuzigen (zum Substantiv Kreuz mit Suffix -ig)
archivieren (zum Substantiv Archiv mit Suffix -ier)
schauspielern (zum Substantiv Schauspieler, umgewandelt durch Konversion)
bevölkern (zum Substantiv Volk, umgeben von Präfix be- und Suffix -er und -n, außerdem mit Umlautung)
überbrücken (zum Substantiv Brücke mit Präfix über- und Konversion)


 

Literatur:
Whorf, B.: Sprache, Denken, Wirklichkeit


 
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