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Die Funktion der Sprache

Die Funktion der Sprachen, also etwa von Deutsch oder Chinesisch liegt für mich vordergründig darin, dass ich mit anderen Menschen sprechen kann. Dafür, dass ich mit andern Menschen sprechen kann, brauche ich aber nicht nur eine konkrete Sprache, sondern ich muss auch etwas zu sagen haben: Ich muss - Sprachbares - beobachten und beschreiben können.

Die Funktion der Sprache besteht zuerst - Kategorien gebend - darin, Beobachter als solche beobachtbar zu machen. Die Funktion der Sprache liegt also darin, dass ich das von mir beobachtete Verhalten von sprechenden Menschen als Gespräch deutend erkennen kann, wo ich ohne Sprache nicht begreifen könnte, was die von mir beobachteten Menschen - Laute zischend - tun. Als Beobachter brauche ich Sprache als Interpretationsrahmen, der Schemata für die Deutung von bestimmten komplexen Phänomenen liefert, in welchen Menschen Signale produzieren.

Konstruktiv ist die Funktion der Sprache in den Programmiersprachen realisiert. Programmiersprachen dienen dazu, konstruktiv zu verstehen, was eine Computer macht. Ich kann Computer auch ohne Programmiersprache programmieren, was bei den ersten Computern ja getan werden musste, weil es noch keine Programmiersprachen gab (Anmerkung 1). Die Programmierspache vereinfacht aber die Programmierung sehr. Für hinreichend komplexe Programme scheint sie sogar unabdingbar.

  

Ich erläuerte diese Funktion anhand der Beobachtung von Spielen. Ich vergleiche dabei ein Spiel, das ohne Sprache gespielt wird, mit dem, was ich als Sprachspiel bezeichne (Anmerkung 2).

Fussball ist ein Spiel, dass ohne zu sprechen gespielt wird. Es gibt ein Settig und einige Spielregeln, etwa ein Feld mit Toren und das Verbot, den Ball mit den Händen zu berühren. Ausserdem gibt es ein Ziel, das die Spieler orientiert und so sichtbar wird, nämlich möglichst viele Tore zu erzielen. Wenn ich überhaupt nichts von Fussball wüsste, wäre es vielleicht schwierig zu verstehen, was die Menschen da auf der Wiese mit einem Ball hin- und herrennend tun. Wenn ich aber erkenne, dass es ein Ergebnisspiel ist, also wenn ich das Geschehen im Handlungszusammenhang "Ergebnisspiel" deute, kann ich das Verhalten der Spieler relativ leicht interpretieren und Spielregeln erschliessen. So kann ich plausible Erwartungen aufbauen oder Vorhersagen über das Verhalten der Spieler und über wahrscheinliche Spielverläufe machen (Anmerkung 3).

So wie ich das Verhalten einer Gruppe Menschen in einem bestimmten Setting als Fussballspiel deuten kann, kann ich in einem anderen Setting ein Spiel wahrnehmen, das ich als Gespräch - in welchem sich beispielsweise zwei Menschen über das Oeffnen eines Fensters unterhalten - deute. Ich kann beispielsweise erkennen, dass die Beteiligten abwechselnd Schallwellen produzieren. Natürlich kann ich ein solches Verhalten auch ohne Sprache interpretieren. Wenn sich zwei Hunde anbellen, verwende ich den Handlungszusammenhang Sprache nicht. Aber ohne Sprache kann ich weder erkennen, dass es um das Fenster geht, noch kann ich irgendwelche Absichten im Verhalten entdecken, die mir Erwartungen und Vorhersagen, also ein Verstehen erlauben. Die Sprache liefert mir einen Schlüssel, mit welchem ich ein Spiel zwischen den beiden Menschen erkennen kann, das ich auf Absichten, Ziele und weitere Handlungen beziehen kann. Ich kann etwa für wahr nehmen, dass jemand das offene Fenster als Ziel anstrebt und warum er das Ziel mit diesem Verhalten aktuell nicht erreicht.

Der Handlungszusammenhang Sprache ermöglicht mir Deutungen in der Deutung: Ich kann ein bestimmtes Verhalten als Aussagen machen deuten und ich kann deuten, was gesagt wird. Im Handlungszusammenhang Sprache sind bestimmte Geräusche und graphische Darstellungen Wörter, die pragmatisch für bestimmten Verwendungszwecke stehen (Anmerkung 4). Das Geräusch etwa, das ich als "Fenster" wahrnehme, verbinde ich mit der Konstruktion, die ich Fenster nenne. Für jemand, der nicht Deutsch oder sogar gar nicht spricht, tönt dasselbe Geräusch gar nicht wie "Fenster", sondern vielleicht wie ein Zischen. Im Handlungszusammenhang Sprache muss ich immer eine von den konkreten Sprachen erkennen, damit die Sprache ihre Funktion erfüllen kann (Anmerkung 5).


Anweisungen:

Mache Dir diese Funktion der Sprache anhand von spezifischen Situationen bewusst!

    

Es sind typischerweise Situationen, in welchen man selbst nicht spricht!


 

Beispiel:
  klick hier

    

 
 

Metakommunikation

1. Natürlich kann ich mich selbstbezüglich im Handlungszusammenhang Sprache beobachten. Wenn ich das tue, sehe ich, dass ich spreche oder schreibe und was ich dabei aussage.

2. Von der Funktion eines Systems spreche ich nur in einem phänographischen Sinn. Da Systeme nur in Erklärungen vorkommen, geht es immer um die Funktionsweise, während die Funktion einen Aspekt des Phänomens bildet (Anmerkung 6).


 
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