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Feedback

Das Signal, das im System die Abweichung des Istzustandes vom Sollwert repräsentiert, nenne ich Feedback. Feedback ist also immer innerhalb des Systems (Anmerkung 1).

Feed backwards ist das Wesen der Regelung, Feed forwards das Wesen der Steuerung. Steuerung ist vorausschauend agieren, Regelung ist zurückschauend reagieren (Anmerkung 2). Bei einer Rotlichtanlage an einer Strassenkreuzung kann man vorausschauend steuern, welche Ampel wie lange auf Rot steht, oder man kann die Rotphasen regeln, indem man Kontaktschwellen in die Strasse einbaut und die Rotphasen vom anfallenden Verkehr abhängig macht. Regeln ist konstruktiv aufwendiger, aber dafür muss man nicht in die Zukunft sehen. Beim Heizen ohne Regelung muss ich vorausschauend abschätzen, wie stark ich heizen muss und damit verbunden, wie sich die Aussentemperatur entwickelt. Mit einer geregelten Heizung muss ich nur wissen, wie warm ich meine Wohnung gerne hätte (Anmerkung 3).

Wenn ich ein Bergtour mache, muss ich vorher-sehen (feed forwards), wie viel Nahrung ich mitnehmen muss. Unterwegs kann ich dann soviel essen, wie ich Hunger habe, also auf das Signal meines Körpers reagieren (feed backwards). Bei Leistungssportlern, etwa an der Tour de France, ist es genau umgekehrt: sie müssen keine Nahrung mitnehmen, also nicht vorhersehen, was sie brauchen, weil sie aus den Begleitautos "gefeedet" werden, sie dürfen aber unterwegs nicht warten, bis sie Hunger haben, sondern müssen vorher-sehen, wie viel Nahrung ihr Körper braucht, um jederzeit die maximale Leistung bringen zu können. Das zeigt, dass Regelung auch praktischen Einschränkungen unterliegt (Anmerkung 4).

Was ich Feedback nenne, ist funktional festgelegt. Die Raumtemperatur ist die funktionale Bestimmung der Heizung. Deshalb betrachte ich die Raumtemperatur nicht als Feedback, obwohl sie in gewisser Hinsicht dem Sensor feedbackmässig zeigt, dass die Heizung stärker heizt. Und deshalb verstehe ich die Raumtemperatur auch nicht als Teil der Heizung, sondern als Teil der Um-Welt des Systems, während ich den Feedbackkanal vom Sensor zum Oelbrenner natürlich zur Heizung zähle (Anmerkung 5).
 

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Den Mechanismus, in welchem Feedback fliesst, nenne ich Regelkreis, weil er einen Kreislauf von "Signalen" darstellt. Wo ich als Beobachter den Kreis aufschneide, ist beliebig oder eben an einer Funktion orientiert (Anmerkung 6). Im Beispiel erscheint das Thermometer als Sender und die Heizung als Empfänger. Konstruktiv geht es aber natürlich in beiden Fällen un eine Umwandlung der Energieform. Jeder Sensor ist auch ein Aktor, der ein Signal aussendet, und jeder Aktor ist auch ein Sensor, der ein Signal empfängt. Bezeichnungen wie Lautsprecher und Mikrophon widerspiegeln nur die gemeinte Funktionalität, der Sache nach sind beides Transmitter oder eben Sender und Empfänger. Die Sprechmuschel empfängt die Stimme und sendet ein Telefonsignal weiter.

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Anweisungen:

Überlege anhand eines Feedbackbeispiels, was der Sensor und was der Effektor ist.

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Ein typisches Beispiel ist etwa bei der Aufgabe zur Regelung beschrieben.


 

Beispiel:
  klick hier

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Metakommunikation: Die Wahl der Systemgrenze

Der Ausdruck "Feedback" wird auch in der Umgangssprache verwendet. Dort ist "Feedback" quasi unabhängig von der Systemtheorie ein modernes Wort für Rückmeldungen, wie sie etwa in sogenannten Veranstaltungsevaluationen gemacht werden. Ich erläutere hier den systemtheoretischen Feedbackbegriff exemplarisch - einerseits um etwas Anwendungskontext zu geben und andrerseits um Konsequenzen des systemtheoretischen Denkens zu illustrieren, die ich unter Kommunikation und operationelle Geschlossenheit genauer erläutere. Damit Feedback innerhalb des Systems stattfindet, muss ich die Systemgrenzen entsprechend wählen:

Ich beginne mit dem Phänomen: Ein Kursteilnehmer sagt dem Kursleiter am Ende eines Kurses (unter anderem), was ihm nicht gefallen hat. Ich kann das normal finden, oder eben ein Phänomen darin sehen. Ich kann mich fragen, wozu das gut ist, oder warum der Kursteilnehmer das macht. Ich - und natürlich jeder Kursleiter - kann die Mitteilung auf verschiedenen Ebene verstehen. Es kann sein, dass der Kursteilnehmer einfach noch etwas Konversation treiben will, oder das er sagen will, was er alles weiss. Es kann sein, dass er den Kursleiter didaktisch belehren will, ihm also sagen will, was er besser machen könnte oder müsste. Der Kursleiter kann mit den Mitteilungen verschieden umgehen, er kann sie verdrängen oder beherzigen.

Ich kann diese Mitteilungen jenseits von Systemtheorie einfach "Feedback" nennen, oder das Phänomen in einem systemtheoretischen Sinn verstehen. Im ersten Fall werde ich mit dem Ausdruck eine Art "Kommunikation" zwischen zwei "offenen Systemen" beschreiben und allenfalls nach Motiven und Funktionen (warum und wozu) suchen. Im zweiten Fall frage ich nicht wozu die Mitteilungen gut sind, ich frage nicht nach deren Funktion, sondern ich frage mich, was da wie passiert. Wenn ich Feedback im Sinne der Systemtheorie wahrnehme, lokalisiere ich ein System mit einem Sensor und einem Effektor. Feedback bezeichnet dann einen Prozess innerhalb eines Systems.

Auch im zweiten Fall kann ich als Kursteilnehmer oder als Kursleiter "betroffen sein" oder die Situation von aussen sehen. Ich beobachte zunächst den Kursteilnehmer als System, das heisst ich betrachte mich als Kursteilnehmer. Ich stelle dann etwa fest, dass sich in mir während des Kurses eine Ist-Soll-Wert-Differenz ergeben hat, und dass ich diese mit einer bestimmten Massnahme kompensiere(n will). Ich könnte meine Erwartungen so ändern, dass sie zu meinen Kurserfahrungen passen, oder ich kann bestimmte Sätze an den Kursleiter richten. Beides sind Massnahmen, die mir möglich sind. Als Sensor fungiert meine Zufriedenheitserwägung, als Effektor fungiert beispielsweise meine Massnahme, etwas bestimmtes zu sagen. So wie eine Heizung heizt, sage ich, was ich zu sagen habe. Der Kursleiter gehört nicht zum System "Kursteilnehmer", ihn kann ich ja mit Systemoperationen nicht ändern, er ist ein Teil der Umwelt. Nach der Massnahme frage ich mich, ob meine Massnahme meine Ist-Soll-Wert-Differenz verkleinert hat oder nicht. (An diesem Punkt unterbreche ich die Analyse).

Ich beobachte als nächstes den Kursleiter als System, das heisst ich betrachte mich als Kursleiter. Vielleicht bin ich ein Kursleiter, der Kritik nicht gerne hat. Dann stelle ich angesichts bestimmter Rückmeldungen eine Ist-Soll-Wert-Differenz in mir fest. Ich frage mich, mit welcher Massahme ich diese Differenz abbauen kann. Ich habe verschiedenen Möglichkeiten. Ich könnte die Kritik anders deuten, etwa so, dass sie nicht mich, sondern irgendeinen andern Umstand betrifft, oder ich kann solche Meldungen als Hinweis auf nicht richtig funktioniernende Sensoren betrachten. Ich könnte auch mein Verhalten ändern und überprüfen, ob meine Massnahme meine Ist-Soll-Wert-Differenz reduziert. Der Kursteilnehmer gehört nicht zum System "Kursleiter", ihn kann ich mit Operationen innerhalb des Systems nicht ändern. (Auch hier unterbreche ich, ich werde später hier weiterfahren).

Ich beobachte als nächstes ein System, in welchem der Kursteilnehmer und der Kursleiter vorkommen. Dazu brauche ich natürlich eine Aussensicht, weil ich mich jetzt nicht mehr identifizieren kann. Ich muss also eine Systemfunktion sehen, die nicht an einen der beiden Menschen gebunden ist, ich betrachte also ein "soziales" System. Ich muss also von aussen sehen, welche Sollwerte das System wie regelt. Wenn der Kurs beispielsweise im Rahmen einer betrieblichen Weiterbildung stattfindet, haben unter anderen die Inhaber des Betriebes ein Interesse an Effizienz und Effektivität. Aber wie kann der Kursteilnehmer diese Sensorfunktion erfüllen? Wenn die Kursteilnehmer zahlende Kunden sind, kann sich eine Schule auch andere Sollwerte als Bildung geben. Die Schule muss dann beispielsweise immer genügend Kunden haben. Die Kritik eines Kursteilnehmers kann dann als negative Werbung gesehen werden.

Die systemtheoretische Perspektive verschiebt also den Focus. In der Aussensicht entsteht eine bewusste Diskussion des Zweck des Systemes, und die je spezifische Innensicht sagt viel mehr über die beteiligten Menschen als über den Kurs. Eine systemtheoretisch plausibler Zweck einer sogenannten Feedbackrunde besteht beispielsweise darin, dass sich die Teilnehmenden ihre Erwartungen und Vorlieben bewusst machen. Feedback ist dann innerhalb der einzelnen Menschen angesiedelt und gibt ihnen selbst Auskunft über ihren eigenen Systemzustand.

Ich werde auf die kommunikativen Aspekte dieser Perspektiven später ausführlich zurückkommen, hier geht es vorerst nur um die Terminologie der Begriffe (Anmerkung 7). Dass die Systemtheorie nur systeminterne Prozesse beschreibt, ist eine Konsequenz der operationellen Geschlossenheit der Systeme.


 
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