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Der Ausdruck Kategorie wird sehr vielfältig verwendet, ein paar spezifische Verwendungen habe ich ausgelagert: Aristoteles' Kategorien, Kant's Kategorien, Leontiew's Kategorien. Für Aristoteles und I. Kant sind Kategorien a priori oder fundamental, also vor dem Begreifen, für A. Leontiew - dem ich darin folge - ein Konzept.
In der analytischen Philosophie ist von Prädikaten und Kategorienfehlern die Rede.
Umgangssprachlich wird der Ausdruck Kategorie oft synonym zu Klasse, Typ oder Sorte verwendet.
In der Mathematik (Kategorientheorie) ist eine Kategorie eine Menge von Objekten und eine Menge von Pfeilen (vielleicht Vektor?) [ ]

siehe Blog: Kategorienfehler versus Die Wahl der Kategorie

Als Kategorien bezeichne ich die in einer Theorie beobachtete Einheit der Unterscheidung einer Beobachtung. Kategorie bezieht sich mithin immer auf eine Beobachtung 2. Ordnung.

Mit dem Satz "Das Auto ist rot" unterscheide ich das Auto von anderen Dingen und rot von anderen Eigenschaften. Im Satz kommen die Wörter Ding und Eigenschaft nicht vor. Ich verwende diese Wörter um Unterscheidungen im beobachteten Satz zu bezeichnen. Rot ist ein Wert der Eigenschaftsdomäne Farbe. Im Satz kommt auch das Wort Eigenschaftsdomäne nicht vor. Ich verwende das Wort um eine weitere Unterscheidung zu bezeichnen, die ich in der Beobachtung verwendet habe.

Unterscheidungen bezeichne ich implizit, indem ich die eine Seite der Unterscheidung bezeichne. Wenn ich rot sage, impliziere ich eine Unterscheidung rot versus nicht rot. Die Einheit der Unterscheidung bezeichnet beide Seiten und das, wovon sie Teile oder Aspekte sind. In diesem Fall bezeichne ich die Einheit als Farbe. Farbe bezeichnet implizit auch eine Unterscheidung, in Bezug auf rot aber die Einheit der Unterscheidung.

Wenn ich die Einheit in einer Theorie bezeichne, bezeichne ich sie als Kategorie. Mit Kategorie beschreibe ich die Anschauung (theorein), nicht das Angeschaute. Das Auto ist rot oder hat die Farbe rot. Rot ist eine Eigenschaft des Autos. Dass ich die Farbe des Autos beobachte, beruht auf meiner Wahl der Kategorie. Eigenschaftsdomäne und Kategorie werden oft verwechselt oder gleichgesetzt. Die Eigenschaftsdomäne bezeichnet den Wertebereich der Eigenschaft. Die Kategorie bezeichnet, dass in der Beobachtung beispielsweise Eigenschaften unterschieden werden.

Die Kategorie zu bestimmen, ist eine theoretische Entscheidung, die kontingent ist. Bei rot und Auto ist die Kontingenz aus pragmatischen Gründen nicht sehr gross. In vielen Fällen ist aber nicht klar, welcher Begriff mit einem Wort bezeichnet wird. Die je gewählte Zuschreibung von Kategorien ergibt dann verschiedene Theorien. Kategorie bezeichnet hier also etwas ganz anderes als bei den erwähnten Philosophen. Die Kategorie ist die Folge einer Beobachtertätigkeit, nicht deren naturgegebene a priori-Voraussetzung.

Ich unterscheide zwei Fälle: Im einen Fall beobachte ich Sachverhalte ohne Theorie und im andern Fall wende ich eine Theorie an. N. Wiener beschreibt in seinem Roman Die Versuchung, wie er die Systemtheorie anhand von Beschreibungen von Regelungsmechanismen entwickelt hat. Nachdem die Systemtheorie existierte, wurde sie auf verschiedene Gegenstände angewendet, die davor nicht unter der Kategorie Regelung beobachtet wurden.

Unabhängig davon, wie explizit die verwendeten Kategorie sind, entscheiden sie, wie beobachtet wird. Dabei spielt insbesondere eine Rolle, welchen Kategorien Priorität gegeben wird. Ein Standardbeispiel dafür ist die Kategorie Bedürfnis. Wenn zuerst ein Bedarfszustand beschrieben wird, etwa die Notwendigkeit der Nahrungsaufnahme, erscheint die menschliche Tätigkeit als Reaktion darauf. Wenn dagegen das Herstellen als fundamentale Kategorie verwendet wird, geht es gerade nicht darum, irgendwelche Mängel zu kompensieren. Denn dann wären die Mängel fundamental und das Herstellen eben nur eine Kompensationshandlung. Herstellen ist dann das, was Menschen von sich aus ohne jede Not tun. Sie heben damit die natürlichen Bedarfszustände, die sie mit anderen Lebewesen teilen auf. Hunger erscheint dann nicht als Bedarfszustand sondern als Zeichen dafür, dass etwas in der Produktion nicht funktioniert.

In meiner Theorie verwende ich in Anlehnung an A. Leontjew die Kategorie Tätigkeit. A. Leontjew hat in seiner Theorie zunächst die Kategorien der Psychologie beobachtet und kritisiert. In seiner Kritik hat er dann die Kategorie Tätigkeit erkannt. Er selbst bezeichnet für seine Theorie die Kategorien Tätigkeit, Bewusstsein und Persönlichkeit. Allerdings verwendet er einen anderen Tätigkeitsbegriff als ich.


Andere Auffassungen:

Weil Kategorie sehr vieldeutig verwendet wird, verzichten viele Autoren auf den Ausdruck und sprechen stattdessen beispielsweise nur von Unterscheidungen oder von Differenzen im Sinne von Différance.

Oft wird der Ausdruck Kategorie im Sinne einer Eigenschaftsdomäne verwendet. S. Schmidt gibt dafür ein Beispiel: "Jung, schön und Mädchen machen Sinn, indem sie die in der Unterscheidung unbeobachtet mitlaufende Differenz zu alt, hässlich und Mann in Bezug auf die Kategorien Alter, Aussehen und Geschlecht ausnutzen" (S.32). Er spricht dabei von der Einheit der Differenz: "Insofern können Kategorien als Einheit der Differenz von semantischen Differenzierungen und Unterscheidungen beschrieben werden" (S.32) Das Beispiel von S. Schmidt ist so gewählt, dass sich die Einheit als Domäne leicht benennen lässt. Es zeigt aber nicht, weshalb oder wann anstelle von Eigenschaftsdomäne von Kategorie gesprochen wird.

S. Ceccato hat den Unterschied zwischen einer Kamera und dem Auge hervorgehoben, letzteres nimmt nicht einfach Bilder auf, sondern ist "aufmerksam". H. Maturana sagt: "Wir sehen mit den Füssen", wir richten unsere Aufmerksamkeit auf uns interessierende Dinge". Die damit eingeführte, aber nicht näher erläuterte Kategorie heisst "Interesse als Steuerung der Aufmerksamkeit".
Mit dem Verhalten (wohin die Füsse gehen), wird die Wahrnehmung gesteuert (W. Powers).

Die Konstruktivisten - angefangen bei S. Ceccato und J. Piaget, der den Ausdruck geliefert hat, beobachten mentale Operationen, die sie der Psyche zurechnen. Sie unterscheiden aber keine Theorie, das heisst, sie erkennen die mentalen Operationen nicht als Kategorie, sondern verwenden sie in der Beschreibung des gemeinten Sachverhaltes. Gleiches gilt für die Viabilität, die E. von Glasersfeld eingeführt hat. Als Kategorie beobachte ich auch hier ein "Interesse an einer viablen Auffassung", die kein Kriterium hat. (Das führt zu den bekannten Kritikmustern Solipsismus und Beliebigkeit der Konstruktionen).

"Technik wird noch als durch Natur gebundene Unterscheidungskunst begriffen. Aristoteles wird dann für die entsprechende Primäreinteilung des Seins den Begriff der Kategorie (= Anklage, auf die die Welt zu antworten hat) bereitstellen" (Luhmann, KdG, S. 320). Auch N. Luhmann verwendet den Ausdruck Kategorie umgangssprachlich, ohne ihn zu reflektieren. Ich erkenne darin, dass er zwischen seiner Beschreibung der sozialen Systeme und einer Theorie dazu nicht unterscheidet - obwohl er von einer System"theorie" spricht, womit er aber seine Lehre bezeichnet.


Weitere Anmerkungen:

M. Foucaults Diskursanalyse beispielsweise führt den Begriff eines historischen Apriori ein, der wie folgt beschrieben wird:
„Ich will damit ein Apriori bezeichnen, das nicht Gültigkeitsbedingung für Urteile, sondern Realitätsbedingung für Aussagen ist. Es handelt sich […] darum […] die Bedingungen des Auftauchens von Aussagen, das Gesetz ihrer Koexistenz mit anderen, die spezifische Form ihrer Seinsweise und die Prinzipien freizulegen, nach denen sie fortbestehen, sich transformieren und verschwinden. Ein Apriori nicht von Wahrheiten, die niemals gesagt werden oder wirklich der Erfahrung gegeben werden könnten; sondern einer Geschichte, die gegeben ist, denn es ist die der wirklich gesagten Dinge.“ (Archäologie des Wissens, S. 184f).

Technik wird noch als durch Natur gebundene Unterscheidungskunst begriffen. Aristoteles wird dann für die entsprechende Primäreinteilung des Seins den Begriff der Kategorie (= Anklage, auf die die Welt zu antworten hat) bereitstellen. In seiner Poetik stellt Aristoteles der Dichtkunst die Aufgabe, das Mögliche (dynatön) als das Allgemeine darzustellen, nämlich als das, was notwendigerweise seine Bestimmung erreicht, wenn es daran nicht gehindert wird. (N. Luhmann: KdG, S.320)

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[ etwas Nonsense aus der Wikipedia ]
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