Finanzstaatismus        zurück ]      [ Stichworte ]      [ Literatur ]      [ Die Hyper-Bibliothek ]      [ Systemtheorie ]

"Staatismus" ist ein von Neoliberalen verwendetes Schimpfwort für eine von ihnen konstatierte zunehmende "Staatsgläubigkeit" von Sozialbezügern (BGE), die sie für noch schwerer bekämpfbar halten als der Kommunismus.
Staatismus ist in diesem Sinne eine Inversion des neoliberalen "Finanzstaatismus", den ich hier behandle.

Als Finanzstaatismus bezeichne ich eine neue Stufe der Produktionsverhältnisse, in welchen der sich im Kapitalismus entwickelnde Finanzierungsstaat das evolutionär dominantes gesellschaftliche Verhältnis geworden ist.

Diese Entwicklung wird von den neoliberalen Schulen beschrieben und das Resultat der Entwicklung wird deshalb oft als Neoliberalismus kritisiert (oder gefeiert).

Im Kapitalismus, wie ihn K. Marx beschrieben hat, beruhte der Reichtum der Kapitalisten auf dem in der bereits geleisteten Arbeit abgeschöpften Mehrwert, während im Finanzstaatismus spekulativer Giral-Reichtum durch Staatsanleihe abgesichert wird. Die Staatsanleihe ist heute das Finanzgeschäft schlecht hin, in welchem der Kapitalismus aufgehoben ist.


 

Texte:
Staatismus (NZZ)
Staatsfinanzierung Zentralbank
monetaere Staatsfinanzierung
 


Es hat seine Richtigkeit, dass modernes Geld frei schöpfbares Fiat Money ist. Modernes Geld muss von jemandem 'gedruckt' oder als Gutschrift in ein Konto eingetragen werden, sonst wäre es nicht vorhanden. Die Frage ist nur: Wem steht das Recht zu, Geld zu schöpfen und die sich daraus ergebende Seigniorage einzustreichen? Wer hat dies unter Kontrolle und nach welchen Zielvorgaben zu verantworten? Wer haftet, wenn etwas schief läuft?

Das Geldregal steht als souveränes Hoheitsrecht dem Staat zu. Aber infolge der Entwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs und der Entstehung des Giralgeldregimes ist es dem Staat bzw den Zentralbanken entglitten und an die Banken übergegangen. Kontrolliert wird die Geldschöpfung von den Banken jedoch nur in Bezug auf ihre individuelle Geschäftstätigkeit. Eine Kontrolle der sich ergebenden Geldmenge und ihrer Auswirkungen findet nicht statt, und sie kann es auch nicht, da Banken keine Geldpolitik i.e.S. betreiben können und man dies von ihnen auch nicht erwarten soll. Da aber der Marktmechanismus bezüglich einer Selbstbegrenzung des Giralgeldes versagt, und der Mechanismus der Banken-Giralgeldschöpfung auch eine Kontrolle durch die Zentralbank unterläuft, befindet sich die Geldmenge praktisch außer Kontrolle. Sie ergibt sich als gleichsam schicksalhafte Resultante aus dem individuellen Geschäftsgebaren der Banken. Sie resultiert zumeist überschießend, in Krisen manchmal auch kontrahierend und damit krisenverschlimmernd.

Aber auch solange dies nicht der Fall ist, muss Direktkredit der Zentralbank an die Staatskasse möglich sein. Nicht den Banken steht die Geldhoheit zu, sondern dem Staat, speziell, gleichsam gewaltenteilig, der staatlichen Zentralbank. Es ist nicht einzusehen, dass staatliche Mittelaufnahme dazu da sein müsse, zuerst privilegierten Bankenkonsortien und danach allen anderen Anlegern auf Staatskosten ein lukratives Geschäft im Dienste privater Vermögensbildung zu garantieren.


 
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