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Anmerkungen zu Sprache

1.

  

Man könnte vielleicht, wie J. Searle etwas halbherzig vorschlägt, konkrete Sprachen als das bestimmen, was Sprachwissenschaftler beschäftigt und Sprache überhaupt als das, was Sprachphilosophen beschäftigt. Diese Unterscheidung verschiebt das Problem aber in die Zuständigkeit von "Berufsgruppen", deren Berufe genau in dieser Hinsicht strittig ist. Die Differenz zwischen Sprache und Sprachen erkenne ich daran, dass mein Verständnis davon, was Sprache ist, mir nicht hilft, wenn ich mit jemandem sprechen will, der eine andere Sprache spricht.

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2.

  

J. Searle schreibt: "Eine Sprache sprechen bedeutet, Sprechakte in Uebereinstimmung mit Systemen konstitutiver Regeln zu vollziehen". "Die Grundeinheit der sprachlichen Kommunikation ist nicht, wie allgemein angenommen wird, das Symbol, das Wort, oder der Sazt, sondern die Hervorbringung des Symbols oder Satzes im Vollzug eines Sprechaktes".
In J. Searles Formulierung ist der Sprecher (Beobachter) ausgeblendet.

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3.

  

E. Sapir - als prominenter Vertreter der alltäglichen Konvention - schreibt: "Sprache ist eine ausschließlich dem Menschen eigene, nicht im Instinkt wurzelnde Methode zur Übermittlung von Gedanken, Gefühlen und Wünschen mittels eines Systems von frei geschaffenen Symbolen."
Von E. Sapirs Formulierung teile ich sozusagen kein einziges Wort. Ich erkenne nicht recht, ob er ein bestimmte Sprache oder Sprache überhaupt meint. Ich weiss nicht, was er in diesem Kontext mit "Methode" und "Instinkt" meint. Und "übermittelt" wird mit Sprache ganz sicher kein Gefühl. Oder wissen Sie, wie Sie mir ihre Zahnschmerzen schicken können. Zuletzt, die Sprache ist kein System, noch nicht einmal, wenn man "System" altmodisch für Lehre verwendet.
Es geht hier nicht darum, was der Fall oder was richtig ist, sondern darum, dass E. Sapir und ich total verschiedene Formulierungen für Sprache verwenden.

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4.

  

Diese operative Sicht liegt auch explizit der Sprechakt-Auffassung von J. Austin zugrunde. Der Sinn ist nicht direkt an die Worte gebunden, sondern beruht darauf, dass ein Handlungszusammenhang erkannt wird. Ich kann etwa sagen, dass ich es kalt finde, und wenn der andere mich versteht, schliesst er das Fenster. Wie J. Austin unterscheide ich Symbole (Wörter, Sätze) von Sprechakten. Im Sprechakt verweise ich auf den Handlungszusammenhang, während die Wörter oder Sätze auf unterschiedene Gegenstände und Handlungen verweisen.

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5.

  

Deutend sage ich, dass das Teilsystem "offenbar möchte", dass das Fenster geöffnet wird. Dieses "möchte offenbar" ist so gemeint, wie ein Thermostat "möchte", dass die Heizung eingeschaltet wird. Mein Deutung führt also Intentionen oder Wünsche ein.

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6.

  

Es gibt ganz viele Beschreibungen von Maschinen, die "kommunizieren" oder "Dialoge führen". Nobelpreisträger I. Prigogine "spricht" mit der Natur, wenn er sie durch Experimente "befragt". Und wenn meine Katze vor mir miaut, fühle ich mich angesprochen. Wieso soll nicht das Tempelfeuer mit den Tempeltüren "sprechen", wenn das einem Beobachter gefällt? Schallwellen von einer ganz bestimmten Art kann sogar ich wahrnehmen, wenn ein Feuer brennt - ich schaffe es nur nicht, sie im Handlungszusammenhang Sprache zu hören.

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7.

  

N. Luhmann behandelt diese Situation mit seinem IMV-Schema. Die Infomation ist eine Aussage über das Fenster, die Mitteilung ist eine Ausage über die Intention des Sprechers, zur Kommunikation wird das ganze, wenn daraufhin etwas passiert, was als Verstehen bezeichnet wird.
N. Luhmann verwendet lokal das im Alltag herrschende Konzept einer Mitteilung, was seine Theorie operationell geschlossener Systeme unglaublich kompliziert macht. N. Luhmann beschreibt sein IMV-Verhältnis nicht als Deutung, sondern als Tatsache, die er sehr aufwendig zurücknehmen muss, indem er die Umwelt, in welcher diese Tatsache passiert, in das Beobachtersystem integriert.

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