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Anmerkung zur Unterscheidung zwischen formal begründeten und konstruktiven Systemtheorien

Formale Theorien beruhen auf formalen Sprachen, deren Ausdrücke formal definiert sind, im wesentlichen geht es dabei um Mathematik. "Konstruktive" Theorien steht für zwei Aspekte, weil der Ausdruck "konstruktiv" auch innerhalb der Mathematik verwendet wird. Ich verwende den Ausdruck ingenieursmässig. Mit konstruktiv drücke ich aus, dass ich mich auf eigentliche Konstruktionen, im wesentlichen auf Automaten beziehe. Maschinen haben andere Eigenschaften als mathematische Formeln. Die Anwendung formaler Theorien schaft deshalb andere Probleme als die Verwendung eine konstruktiven Theorie. Formale Theorien erzeugen oft Paradoxien und Interpretationsprobleme. Ich will hier lediglich auf zwei berühmte formale Theorien aufmerksam machen: W. Ashby's Kybernetik und N. Luhmann' autopoietische Soziologie. Ich werde später darauf zurückkommen.

W. Ashby spricht zwar von Mechanismen, er meint aber explizit keine Maschinen zum Anfassen, sondern eine Verallgemeinerung einer elektrotechnisch-mathematischen Methode, bei welcher man gerade nicht an Maschinen denken sollte, sondern beispielsweise lieber an spukendes altes Haus.

N. Luhmann argumentiert gar nicht mathematisch, er beruft sich aber auf das formale Kalkül "Gesetz der Form", das der Mathematiker G. Spencer-Brown entwickelt hat. Das Kalkül enthält eine spezifische Art von Selbstbezüglichkeit (re-entry), mit welchem jene Paradoxien aufgelöst werden können, die B. Russell's Mathematikprojekt "Principia Mathmatica" scheitern liessen. In der Mathematik wird G. Spencer-Brown ignoriert, weil sein Kalkül im aktuellen Paradigma, das immer noch der Principia verhaftet ist, nicht praktikabel scheint. Was N. Luhmann genau damit macht, kann ich leider nicht nachvollziehen. Das Kalkül wird in der Folge von N. Luhmann oft zitiert, aber in seinem formalen Gehalt kaum je ernst genommen, was sich auch darin zeigt, dass Beobachter andere Beobachter statt selbstbezüglich sich selbst beobachten.

.. und noch eine Anmerkung zu dieser Anmerkung

B. Russell unterscheidet in seiner Principia eine konstruktive und eine analytische Mathematik, wobei er letztere erst zu leisten versucht - und bislang ist sein Projekt ziemlich gescheitert. Recht viele Mathematiker meinen sogar, K. Gödel habe mit seinen nicht entscheidbaren Sätzen bewiesen, dass das Projekt scheitern muss. B. Russell selbst bezeichnete seine Bemühungen zur Vermeidung von Paradoxien als zehn verlorene Jahre. G. Spencer-Brown hat gezeigt, was sich B. Russel nicht traute. Um die Mathematik konstruktiv zu machen, muss man den Konstrukteur einführen. Die analytische Mathematik versucht subjektlos wahr zu sein. Maschinenbau dagegen ist bewusst subjektiv. Die Mathematik hat sich viel rascher entwickelt als das Ingenieurwesen. Deshalb neigen historizierend denkende Menschen dazu, Maschinenbau als Anwendung einer analytisch begründeten Mathematik zu sehen. Konstruktiv dagegen erscheint die Mathematik als analytisch-abstrakte Form der Maschine, die nur zur Beschreibung von konstruierbaren Maschinen dienen kann.

Die Systemtheorie widerspiegelt die Problematik durch zwei verschiedene Verfahren. Das traditionelle Verfahren ist die Analysis von I. Newton und G. Leipniz, das moderne Verfahren ist die Modellierung der Differentialrechnung in diskreten Schritten. Das Rechnen mit diskreten Schritten mag primitiv erscheinen, aber mit Computern, also mit konstruierten Maschinen ist dieses Rechnen sehr effizient. Und die Paradoxien, die B. Russel wahnsinnig machten, lassen sich als Maschinen nicht konstruieren. Sie sind kein konstruktives, sondern ein analytisches Problem.

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