Um-Welt versus Umwelt        zurück ]      [ Stichworte ]      [ Die Hyper-Bibliothek ]      [ Systemtheorie ]         [ Meine Bücher ]
 
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Der Ausdruck Umwelt wird auf zwei sehr verschiedene Arten verwendet. Einmal in der grünen Politik für die "schützenswerte Natur" und einmal in der Systemtheorie. Hier geht es um letzteres.

Es gibt keine Umwelt überhaupt. "Um-Welt" heisst das, was "Um" einen die Um-Welt konstituierenden Gegenstand (quasi die primäre Unterscheidung, die bei N. Luhmann als System/umwelt bezeichnet wird), der dann beispielsweise als System oder als Beobachter bezeichnet (markiert) wird. Ein Beobachter kann Gegenstände, also auch die Systeme 1.Ordnung in deren Milieu wahrnehmen. Die Gegenstände und deren Um-Welten bilden die Um-Welt des Beobachters.
Jede Welt besteht aus dem Beobachter und seiner Um-Welt (primäre Unterscheidung). Zwei Menschen haben nie dieselbe Um-Welt, weil der je eine in der Um-Welt des je andern ist.

Die Um-Welt des Beobachters besteht aus den spontanen Störungen (Perturbationen) an der Beobachter-Systemoberfläche (skinencapsled) in Form von Reizen. Das Milieu veruracht Störungen an der Oberfläche von Systemen 1.Ordnung.
Wenn die Um-Welt für das System eine Bedeutung hat, wird sie auch als Milieu bezeichnet. (vgl. z.B. Maturana, 1987:85 und Keil-Slawik, 1990 (2), 123f.)

N. Luhmann schreibt in Soziale Systeme (S. 63), dass das System durch Erhöhung der einen "Komplexität", jene der beobachtbaren Umwelt erhöhen könne: "Dies Konzept des selbstreferentiell-geschlossenen Systems steht nicht im Widerspruch zur Umweltoffenheit der Systeme; Geschlossenheit der selbstreferentiellen Operationsweise ist vielmehr eine Form der Erweiterung möglichen Umweltkontaktes; sie steigert dadurch, daß sie bestimmungsfähigere Elemente konstituiert, die Komplexität der für das System möglichen Umwelt. Diese These steht im Widerspruch sowohl zur klassischen Entgegensetzung von Theorien geschlossener und offener Systeme [70] als auch zum Begriff der Autopoiesis von Maturana, der zur Herstellung von System/Umweltbeziehungen einen Beobachter als ein anderes System erfordert [71]
70 Vgl. programmatisch: Ludwig von Bertalanffy, General Systems Theory, General Systems 1 (1956), S. 1-10. 71 Siehe z. B. Humberto Maturana, Strategies cognitives, in: Morin/Piatelli-Palmarini a.a.O. S. 418-432 (426 ff.) und dazu die kritischen Einwände von Henri Atlan ebenda. S.443.


Wenn ich die Umwelt als Systemgrenze begreife, besteht diese Erhöhung in der Vermehrung der Sensoren an der Systemgrenze. In dieser Systemkybernetischen Perspektive spielt dann keine Rolle, weshalb die "Sensoren" einen bestimmten Wert haben (Hypothesis non fingo).


 
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