| Herstellen als primäre Kategorie |
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Ich unterscheide Herstellen und das Beobachten von Herstellen. Die primäre Kategorie betrifft das Beobachten.
"Macht ein mitten im Wald umfallender Baum Geräusche, wenn niemand da ist, der sie hören kann?" Diese rhetorische Frage von G. Berkeley impliziert das Primat des Beobachters. Bevor etwas gehört wird, muss ein Hörer da sein. Bevor über irgendetwas irgendetwas gesagt wird, muss jemand da sein, der es sagt. Es geht dabei um den Anfang der je erzählten Geschichte. Es gibt Geschichten, in welcher zuerst Gott oder ein Urknall war. Aber auch diese Geschichten sind jünger als der Mensch, der sie als erster erzählt hat. Meine Geschichte beginne ich mit Menschen, die Werkzeuge herstellen. B. Franklin nannte sie toolmaking animals und S. Kubrick zeigte exemplarisch, dass sie Werkzeuge benutzen, lange bevor sie sprechen und Geschichten erzählen konnten. Aber natürlich kann ich diese Geschichte nur erzählen, weil ich unabhängig von allen Anfängen erzählen kann.
In meiner (hier erzählten und im Projekt Hyperkommunikation verwendeten) Geschichte begreife ich Sprechen als abgeleitete Tätigkeit, als Vertonen von Text, weil ich die Geschichte mit dem Herstellen beginne. Als Herstellen bezeichne ich die Tätigkeit, durch welche ich Gegenstände hervorbringe.
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Ich kann zwar über das Herstellen sprechen, aber herstellen kann ich nur konkrete, anfassbareGegenstände. Ich kann beispielsweise ein Schale aus Ton herstellen. Dabei mache ich etwas ganz anderes als wenn ich eine in gewisser Hinsicht sehr ähnliche Schale aus Holz herstelle. Den Ton forme ich im einfachsten Fall mit meinen Händen, was ich als töpfern bezeichne. Das kann ich tun, weil Ton einer plastische Masse ist, die die Form behält, die ich ihr gebe. Das Holz, das ich für eine Schale verwende, kann ich praktisch nicht mit meinen Händen formen. Ich bearbeite es im einfachsten Fall mit einem Werkzeug. Diese Tätigigkeit, bei welcher ein Teil des Holzes verloren geht, bezeichne ich als schnitzen. Wenn ich kompliziertere Werkzeuge verwende, spreche ich beispielsweise von stechen oder drechseln. Ich kann sagen, dass ich das Holzstück auf eine bestimmte Art aushöle. Ich mache dabei Vertiefungen in einem Stück Holz, das ich zuvor durch andere Tätigkeiten in eine passende Form gebracht habe. |
Bildquelle: Wikipedia |
Wenn ich diese an sich sehr verschiedenen Tätigkeiten als Herstellen bezeichne, betrachte oder beschreibe ich sie in gewisser Hinsicht als dasselbe, obwohl das Material, das ich verwende und die Art, wie ich mich dabei bewege, ganz verschieden sind. Das Gemeinsame, das ich bezeichne, besteht darin, dass ich in beiden Fällen Gegenstände hervorbringe. Ich kann auch ganz andere Gegenstände als Schalen herstellen, etwa einen Backstein oder einen Nagel. Die einfachsten Gegenstände sind handlich und bestehen aus einem einzigen Material.
Beim Herstellen eines Gegenstandes forme ich Material. Oft - etwa wenn ich eine Schale aus Ton herstelle - fasse ich das Material dabei als homogene Masse auf, deren Form ich durch Operationen wie drehen, schnitzen oder drücken verändere. Bei anderen Gegenständen - etwa bei einer Mauer oder einer Steinbrücke - verwende ich Bausteine, die ich anordne und durch Operationen wie kleben oder schweissen verbinde, wodurch auch ein Gegenstand mit einer Form entsteht. Ich unterscheide bezüglich der Formgebung verschiedene Operationen, für die ich auch verschiedene Werkzeuge verwenden kann.
Ich unterscheide verschiedene Herstellungsarten, die hauptsächlich durch die verwendeten Materialien bestimmt sind. Ton kann ich von Hand formen, einen Nagel oder ein Hufeisen muss ich schmieden. Wenn ich von Herstellen spreche, lasse ich ausser Betracht um welchen Gegenstand aus welchem Material es geht und was ich im konkreten Fall wie mache. Das, was ich mit Herstellen bezeichne, besteht darin, dass ich dabei ein Ziel verfolge, das in allen Fällen in einem hervorgebrachten Gegenstand besteht, gleichgültig wie verschieden diese Gegenstände sind.
Ich habe sehr viele Wörter für verschiedene Tätigkeiten, Gegenstände und für die Materialien,die ich verwende. Statt von einer Schale kann ich beispielsweise von einer Schüssel, einer Tasse, einem Teller sprechen. Ich kann für die Schale Ton oder Lehn, verschiedene Hölzer oder Metalle und Kunststoffe verwenden. Ich kann das Material drechseln oder schmieden. All diese Unterschiede sind im Ausdruck herstellen aufgehoben.
Hier geht es mir zunächst weniger um die verschiedenen Tätigkeiten als darum, wie ich worüber spreche, wenn ich von Tätigkeit und Herstellen spreche, respektive schreibe. Natürlich setze ich dabei nicht nur voraus, dass mein Text gelesen werden kann, sondern auch dass in einem pragmatischen Sinn hinreichend bekannt ist, was ich beschreibe, so dass der Text auf die je eigene Lebenswelt des Lesers bezogen werden kann. Wer keinen Ahnung davon hat, was eine Schale ist, dem hilft dieser Text nicht weiter. Der Leser muss unabhängig von diesem Text wissen, dass und im Prinzip wie eine Schale hergestellt wird.
Als Herstellen bezeichne ich verschiedene Tätigkeiten, bei welchen ich einen Gegenstand herstelle. Beispiele, die ich gegeben habe sind das Töpfern und das Schnitzen. Beim Töpfern forme ich Ton, beim Schnitzen forme ich Holz. Wenn ich diese an sich sehr verschiedenen Arten etwas herzustellen als Tätigkeiten bezeichne, betrachte ich sie in gewisser Hinsicht als dasselbe. Diese Hinsicht will ich hier erläutern und dabei ein paar für mich wichtige Begriffe einführen. Durch dies spezielle Hinsicht sehe ich die Aspekte meines Tuns, die ich mit Herstellen bezeichne. Ich sehe, dass ich beim Herstellen eines Gegenstand immer etwas forme, was ich als Material bezeichne. Das Material muss bestimmte Eigenschaften haben, aber welches Material ich verwende, spielt in der gewählten Hinsicht keine Rolle, auch wenn wenn es in Bezug auf den hergestellten Gegenstand natürlich sehr wichtig ist.
Ich wähle eine Hinsicht, die mir das Wesentliche der Tätigkeit zeigt. Das Wesentliche ist das Gemeinsame, das ich in allen Fällen des Herstellens erkennen kann. Dafür brauche ich ganz wenige Fälle, in welchen das Gemeinsame erkennen und dann generallisieren kann. Die Generallisierung beruht auf bekannten Fällen, die alle
=========Als Generalisieren bezeichne ich eine Operation, die ich in einer Darstellung verwende, bei welcher ich verschiedene Einzelfälle auf das reduziere, was sie zu Objekten einer jeweiligen Klasse macht. Bäume etwa sind generell grün und haben einen Stamm. Ein Gesicht beispielsweise hat generell zwei Augen, eine Nase und einen Mund. Ich kenne viele verschiedene Gesichter. und beschreibe generallisierend, was sie gemeinsam haben und so trotz ihrer Unterschiede zu „Gesichtern“ macht. Alles, was ich als Gesicht bezeichne, hat eben zwei Augen. Beim Verallgemeinern postuliere ich, dass etwas, was ich bei einem einzelnen Objekt erkenne, bei allen Objekten dieses Typs der Fall ist. Ich kenne einen Einzelfall oder Einzelfälle und schliesse vom Einzelfall auf alle Fälle. Ich sage etwa, dass alle Kreter lügen, weil ich einen oder einige Kreter kenne, die lügen. Doch selbst wenn extrem viele oder gar Kreter lügen würden, wäre das kein Merkmal, das ich bei der Charakterisierung von Kretern generell verwenden würde. Generalisieren und Verallgemeinern sind zwei sehr verschiedene Operationen. Wenn ich sage: „ALLE Gesichter, die ich kenne, haben zwei Augen“, verallgemeinere ich nicht – ich beschreibe eine Generallisierung. Eine anschauliche Variante des Generalisierens erkenne ich im Zeichnen, bei welchem ich Linien durch eiinfachere Linien ersetze. Wenn ich auf einer Strassenkarte in einem grossen Masstab, die Kurven der Strasse, die bei kleinerem Massstab noch erkennbar sind, weglasse, die Strasse also begradige. Das ist keine Abstraktion. Durch eine Verallgemeinerung führe ich eine Objekt-Klasse ein, durch eine Generalisierung sage ich, was die Instanzen zu Objekten dieser Klasse macht. Beim Verallgemeinern spreche ich über die Objektklasse. Beim Generalisieren spreche ich über die Objekte einer Klasse, über das, was die Objekte zu Objekten dieser Kasse macht. Verallgemeinernd führe ich mindestens implizit einen Oberbegriff ein, beim Generalisieren dagegen ein Kriterium. Verallgemeinernd unterstelle ich etwa: „Alle Hunde sind Raubtiere.“ Generalisierend sage ich: „Ein Hund hat vier Beine, Fell und bellt.“ bild bild bild Bildquelle: Wikipedia Ich gebe gerne ein weiteres Beispiel: das toolmaking animal. Ich sage (eben nicht): „ALLE Menschen stellen Werkzeuge her“ – ich sehe ja, dass diese VerALLgemeinerung offensichtlich nicht stimmt. Ich sage dagegen: „Menschen stellen Werkzeuge her“ – und meine damit generell den Menschen, den ich gerade dadurch bestimme. Die Verallgemeinerung bezieht sich auf das Verhalten: ALLE tun es. Die Generalisierung bezieht sich auf das Wesen: Menschen tun es. Differerentiell unterscheide ich das Generallisieren vom Individualisieren. Wenn ein Individuum etwas nicht macht, was gemäss einer Verallgemeinerung alle tun, ist die Verallgemeinerung falsch oder wenigstens nicht spezifisch genug. Wenn ein Individum aber keine Werkzeuge herstellt, sagt das nichts über die entsprechende Generallisierung. Es ist vielmehr ein Aspekt dieses Individuums. =============Die Schale, die ich herstelle, entsteht nicht von selbst, sie ist ein Resultat meines Verhaltens, das ich als Tun bezeichne.
Wenn ich ein Schale aus Ton herstelle, verhalte ich mich auf eine ganz bestimmte Weise, die ich als zweckmässig bezeichne, weil dieses Verhalten einen Zweck hat.
verhalten ubd Tun ... Handlung Als Tätigkeit bezeichne ich, was ich in einer Handlungen jenseits eines Ziels tue. Tätigkeit ist das Ende der Fahnenstange (wie Werkzeug) Das Gemeinsame, das ich mit Tätigkeit bezeichne, besteht darin, dass ich dabei ein Ziel verfolge ======zum Ge-Brauch hervorbringe, indem ich Material entsprechend forme und oder anordne. Beispiele: Ich forme eine Schale aus Lehm. K. Zuse hat einen Computer (die Z1) hergestellt, indem er ... Anmerkungen: Beim Herstellen kann ich Werkzeuge und oder Halbfabrikate verwenden. Beides sind Gegenstände, aber Halbfabrikate sind nicht für Gebrauch. Sie werden nicht hergestellt, sondern sind Zwischenprodukte einer Herstellung - die noch nicht festgelegt sein muss. Ein Backstein oder eine Schraube dienen praktisch immer Halbfabrikate, aber in sehr verschiedenen Gegenständen. Das ist ein Effekt der Arbeitsteilung. Ein Motor ist in diesem Sinne auch immer ein Halbfabrikat. Entscheidend ist wohl die Funktion, resp. inwiefern sie auf Konsum bezogen ist: Ich konsumiere/benutze das Auto, nicht den Motor. Ich unterscheide auch Teile und Bauteil, wobei ich umgangssprachlich den Motor als Teil des Autos bezeichne. Das Dach ist ein Teil des Hauses, aber wohl kein Halbfabrikat ?? Pudel - Hund - Raubtier - Tier - Lebwesen das ist die Obergegriffs-Geschichte. Jeder Obergriff ist abstrakter, lässt Bestimmungen weg schnitzen und töpfern haben welche Oberbegriff ( haben Verben Oberbegriff?
Jeden hergestellten Gegenstandes kann ich als Anordnung von Bestandteilen oder Atomen auffassen. Als Form bezeichne ich die Anordnung des Materials, das die Oberfläche bildet. Die Oberfläche erscheint perspektivisch als Umriss. Der Umriss ist das, was ich zeichnen kann. Die Form kann ich nicht zeichnen. Als Umriss bezeichne ich Linien, die den Gegenstand gegenüber seiner Umwelt begrenzen und so seine Oberfläche repräsentieren.
Form und Material sind kontingent, ich wähle beides beim Herstellen des Gegenstandes. Ich kann nicht nichts formen und Material, das ich formen kann, hat immer schon eine Form. Ich kann es nur umformen.
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Wenn ich ein Haus auch Backsteinen oder Brettern baue, spreche ich aber nicht von umformen. Ich verwende dabei aber umgeformte Gegenstände.
Die Anordnung der Steine in einer Brücke ist kontingent, also innerhalb eines Kontingentes von Möglichkeiten. Die Brücke muss sich und eine zusätzliche Last einfach tragen. Die Anordnung der Bildpunkte ist auch kontingent. Als Hersteller eines Bildes erfülle ich aber natürlich eine Intention, die das Kontigent begrenzt – wenn ich nicht gerade freie Kunst machen würde.
Evolutionstheoretisch spreche ich von Keimformen, wenn ich im noch nicht Entwickelten Andeutungen auf entwickeltere Stufen erkenne, die nur erkennen kann, wenn das Höhere mir bereits bekannt ist. Wenn ich mit dem Finger im Sand zeichne, kann ich die Keimform eines Bildes erkennen, obwohl alle definititorischen Bestimmungen fehlen, weil ich ja keine Farbe auf einen begrenzten Träger auftrage. Ich schaffe damit eigentlich eher eine Art Skulptur und verwende kein Werkzeug.
Die sogenannte Höhlenmalerei ist in diesem Sinn auch ein Keimform. Allerdings wird das Wort Bild in der Alltagssprache sehr oft so verwendet, dass diese Malereien – besonders wenn sie etwas abbilden – als Bilder gelten. Die sogenannten Graffiti, die aus denselben Grund eher als Grafik als als Bild bezeichnet werden, verwenden ebenfalls einen Bildträger, der nicht dafür gedacht ist. Diese Keimformen zeigen aber auch exemplarisch, dass nicht nur Farben und Werkzeuge entwickelt wurden, sondern eben auch das Bild als solches.
Fortsetzung folgt
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[ 31.10.25 ]