Mathematik

Eine konstruktivistische Einführung in die konstruktivistische Mathematik


Programm

Mathematik erschien - ideologisch - zunächst als philosophische Theorie. Diese griechische Sicht ist heute noch vorherrschend, sie wird in der Schule - mit idiotischen Redeweisen wie "wahr" - platt reproduziert. In diesem Kontext wird Mathematik als Grundlage der Naturwissenschaften verstanden und oft selbst zu diesen gezählt.

Die eigentliche Entwicklung der Mathematik wurde von Ingenieuren geleistet. A. Turing - der sich selbst als Mathematiker sah - postulierte mit seiner Turing-Maschine die Mathematik als operative und selbstreferentielle Ingenieurwissenschaft.

Mathematik beschreibt Mechanismen und wird mittels Mechanismen getrieben.

Was Rechnen ist, versteht man, wenn man den Computer versteht, was heisst, rekonstruieren kann.

Moderne Mathematik ist systemtheoretisch


Mathematik ist die Lehre des Rechnens.

Man kann Mathematik auf zwei Ebenen "artefaktisch" verstehen:
Turing zeigte, dass Algorithmen Maschinen "sind".
Gödel ist Vertreter einer radikalen Formalisierung, nach welcher Mathematik untersucht, welche Konstellationen mit welchen Regeln auf welcher Menge von Entitäten folgerichtig erreichbar sind.
- Turing hat eine Maschien gebaut, Gödel hat eine Maschine imitiert.

Formalisiert kann man Mathematik analog zur Schachtheorie betrachten. Die Schachtheorie untersucht welche Züge in welchen Konstellationen zum Matt führen, wobei das Schachbrett und die Figuren Artefakte sind, die nach Regeln verwendet werden. Die Figuren haben zwar Namen wie "Springer" oder "Bauer", das ist aber für das Spiel bedeutungslos. Formal sind sie Entitäten, die bestimmte Eigenschaften haben, die festlegen, wann sie wie bewegt werden können. Die Artefakte der Mathematik sind Zeichenkörper. Die Zeichenkörper der - so verstandenen, nach Gödel idealistischen - Mathematik sind keine Zeichen, die für etwas anders stehen, also keine Symbole, sondern - wie Schachfiguren - Figuren, die Namen haben. Auch die Figuren der Mathemathik können aus verschiedensten Materialien hergestellt werden, sehr verbreitet sind Mathematikfiguren als Graphitstrukturen, die man mit einem Bleistift oder mit einem Laserprinter produziert. Natürlich kann man das Spiel nicht ohne Figuren spielen. Aber wenn man keine Figuren hat, kann man sich Figuren - wie etwa beim Kopfrechnen - vorstellen.

Die Figuren sind Objekte, mit zulässigen Methoden. Einige Figuren heissen Ziffern. Eine der Ziffern sieht beispielsweise so aus: 2, sie heisst "zwei". Es gibt auch andere Figuren, beispielsweise Operationszeichen oder Klammern usw. Und es gibt Regeln, wie die Ziffern kombiniert werden können und welche Kombinationen durch welche andern Kombinationen ersetzt werden können. Beispielsweise kann man die kombinierte Figur "2 + 2" durch die Figuren "4" oder " 2 x 2" oder "9 - 5" ersetzen, aber nicht durch die Figur "5" oder " 6 : 2".

Das Mathematik-Spiel ist wie das Schachspiel ein Spiel. Und wie Schach sagt es nichts aus über die Welt. Die Regeln, die in der Mathematik gelten, bewirken dass "2 + 2 = 4" eine gültige Figur ist. Ganz unabhängig vom Spielm Mathematik - und das ist Gödels Position im Formalismusstreit etwa gegen Finsler - sage ich, das 2 Golddukaten und 2 weitere Golddukaten 4 Golddukaten sind. Wenn ich meine Golddukaten (zusammen) zähle, dann mache ich keine Mathematik, sondern zähle Goddkaten. Und in dieser Golddukaten-Welt ist "2" kein Gegenstand, sondern eine Anzahl (Grösse einer Menge) von Golddukaten.

Und schliesslich bin ich tätig, wenn ich Mathematik spiele und wenn ich Golddukaten zähle. In beiden Fällen kann ich meine Tätigkeit als Operationen auffassen, die ich auch als rechnen im engeren Sinne (to compute) bezeichen kann, wenn ich sie auf eine Halbaddierermechanik zurückführe, respektive mit einer Halbaddierermechanik erkläre.

Todesco 1992:168f.