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"2. Ordnung" hat sehr viele sehr verschiedene Bedeutungen (siehe Anmerkungen unten). Hier behandle ich eine sehr spezifische, die ich meine, wenn ich von Systemtheorie 2. Ordnung spreche. Vergleiche dazu auch R. Todesco: Die zweite Ordnung.

In meiner Systemtheorie bezeichne ich mit 2. Ordnung die Beobachtung des Beobachters, der seine Umwelt beobachtet. Der Beobachter wird damit zu einem Teil oder zu einem Aspekt des beobachteten Systems.

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Hintergrund:
Zuerst wird in der konventionellen Wissenschaft naiv nur das Objekt beschrieben, weil der Beobachter keine Rolle spieltt, da ja jeder Beobachter dasselbe, das objektiv Richtige sieht. Deshalb kommt er gar nicht vor. Es gab zwar Erkenntnistheorie, aber diese blieb jenseits der Wissenschaft.
Dann wurde Wissenschaft politisch, das heisst, die Wissenschaftler wurden als parteiisch kritisiert, was die Wissenschaftstheorie aufheben sollte, aber durch komische Figuren wie K. Popper eher noch an den Tag gebracht hat.
Schliesslich wurde der Wissenschafter als Beobachter thematisiert. Soweit ich sehe, haben Kybernetiker damit angefangen. Von H. Maturana stammt die Aussage, dass jede Aussage von einem Beobachter stammt. Wie aber der Beobachter beobachtet wird, ist Thema der politischen Wissenschaftskritik. Die herrschende Ideologie sppricht wieder von Erkenntnistheorie, eine Alternative dazu ist als Radikaler Konstruktivismus bekannt, der aber sehr oft auch als Erkenntnistheorie behandelt wird.

Ich unterscheide zwei Beobachtungen des Beobachters. In beiden Fällen beobachte ich, was ein Beobachter über seine Umwelt sagt (es geht also nicht um das Aussehen oder den Charakter des jeweiligen Menschen, sondern um die Kategorien, die er in seinen Beobachtungen verwendet):

  • Im einen Fall beobachte ich den Beobachter und seine Umwelt. Diese Variante hat sich in der Soziologie im Umfeld von N. Luhmann verbreitet, wo oft von einer 2. Ordnung gesprochen wird, wenn ein Beobachter einen anderen Beobachtet beobachtet, etwa wenn ein Soziologe einen Journalisten beobachtet, der etwas - eispielsweise tote Fische im Rhein - beobachtet hat. Bei N. Luhmann selbst geht es dabei um Beobachtungen von Unterscheidungen, die der beobachtete Beobachter macht. Da bei N. Luhmann Menschen und Beobachter keine Rolle spielen, geht es nur um Beobachtungen - egal wer sie macht.

    Diese Beobachtung ist - wo sie nicht naiv auf andere Menschen bezogen wird - selbstbezüglich und unterliegt einer Rekursion. Sie braucht ein Abbruchkriterium, weil jede Beobachtung auch eine Beobachtung 1. Ordnung ist, wenn jede Aussage von einem Beobachter stammt. Das Abbruchkriterium ist das jeweilige Ende der Kommunikationskette, in welcher Beobachtungen beobachtet werden.

  • Im anderen Fall - den ich mit der 2. Ordnung bezeichne - beobachte ich die Umwelt des Beobachters als Blackbox. Es handelt sich um eine Inversion, durch welche die Umwelt aufgehoben wird. Ich kann dabei nicht erkennen, ob oder inwiefern die Umwelt richtig dargestellt wird. Aber natürlich kann ich den Beobachter erkennen.

    In diesem Fall gibt es keine Rekursion, aber natürlich einen spezifischen Selbstbezug, wenn ich mich als Beobachter begreife.

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Anmerkungen:

Es gibt Landesstraßen zweiter Ordnung, Differentialgleichung zweiter Ordnung, Erbfolger zweiter Ordnung, ...

Oft wird 2. Ordnung für 2. Ebene oder für eine höhere Stufe von Ordnung verwendet. H. Maturana etwa spricht von "Systemen 2. Ordnung" und meint damit beispielsweise Metazeller, die Systeme aus Einzellern sind.

Ein Fehler 2. Ordnung heisst beispielsweise, wenn jemand aus der Ferne ein ein Stück Nahrung für einen Fressfeind hält und deshalb auf die Nahrung verzichtet (der Schaden ist relativ klein). Ein entsprechender Fehler 1. Ordnung ist - in dieser Redeweise - wenn jemand einen Fressfeind für Nahrung hält und deshalb selbst gefressen wird (der Schaden ist - nicht relativ - gross). (In der Statistik wird in diesem Zusammenhang anstelle von Ordnung oft Art gesprochen).


 
[wp ein Schrottbeitrag ]