Gute Gründe beim Abstimmen über die Vollgeld-Initiative
Vortrag Vollgeld im autopoietischen Kreis 11.1.2017
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Vor-Worte

Eigentlich will ich mit Euch über Vollgeld sprechen, aber eigentlich heisst ja immer eigentlich nicht.

Ich will mit Euch über den Sinn von Vollgeld sprechen und dazu müssen wir eine hinreichend gemeinsame Vorstellung davon haben, was wir als Vollgeld bezeichnen. Deshalb will ich mit Euch auch über Vollgeld sprechen.

Wie gewohnt will ich ein paar Vorbemerkungen machen, die dann mein Vortrag im Sinne des Vorausgesagten sind. Ich will zuerst über die "gute Gründe beim Abstimmen über die Vollgeld-Initiative sprechen. Dabei dient mir die Vollgeld-Initiative als Anlass, über unsere Demokratie im Umgang mit Halbwissen nachzudenken, denn über Vollgeld weiss ich eigentlich sehr wenig, weil ich niemand kenne, der Erfahrungen hat zu dem, was ich als Vollgeld bezeichne.

Der Vortrag von Hansjörg Steinmann über "Gute Gründe" im letzten autopoietischen Kreis und vor allem die daran anschliessende Diskussion, darüber, ob gute Gründe auf Grund von Halbwissen gute Gründe sind, hat mich berührt. Ich habe dabei gemerkt, dass ich - weil ich ja kein Coach bin - eigentlich immer in der Rolle dessen bin, dem Coaches (und dann wohl auch alle gutmeinende Politiker und Experten) mit gnademlosen Wohlwollen helfen oder eben gute Gründe zugute halten (sollen oder wollen).

Ich will deshalb nochmals über gute Gründe sprechen und spezifischer danach fragen, wer wem wobei gute Gründe zuschreiben kann, und unter welchen Umständen das überhaupt Sinn machen kann.

Ich beginne also mit einem kritischen Rückblick und auch dazu wieder mit einem Vorwort. In der Systemtheorie, die bei Spencer-Brown anschliesst - wir habe darüber auch schon mehrfach gesprochen - geht es um Unterscheidungen beim Beobachten. Beim Beobachten 2. Ordnung mache ich mir meine Unterscheidungen bewusst.

Zum Beobachten 2. Ordnung neige ich bei Missverständnissen. Anhand meiner eigenen Missverständnisse und der Diskussionen im autopoietischen Kreis ist mir bewusst geworden, dass ich eine bestimmte Unterscheidung einführen muss, um mein Missverständnis aufzulösen. Dabei hat mir auch die Idee geholfen, dass gute Gründe zu finden, auch beim Verzeihen eine wichtige Rolle spielt.

Hansjörg hat zwar explizit über Coaching gesprochen, aber ich habs zunächst überhört, weil ich seine Unterscheidung nicht als solche erkannte. Eine Unterscheidung ist: Coaching passt das Individuum besser an seine Umwelt an und eben nicht, die Umwelt an das Individuum.

Eine Kernthese in jedem mir bekannten Coaching lautet: Willst Du die Welt verändern, verändere Dich und Deine Wahrnehmung der Welt.

Ein Beispiel von Hansjörg war ein junger Mann, der seine Lehrstelle aufgegeben hat. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass er gar nicht Automechaniker werden wollte, sondern den Beruf nur wählte, weil seine Freunde sich dafür interessierten.

Der junge Mann, von dem die Rede war, hat zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Entscheidung getroffen. Das Coaching mit ihm hat zu einem anderen - späteren - Zeitpunkt stattgefunden.

Als der junge Mann sich für die Lehrstelle entschieden hat, wusste weder er noch sonst jemand, dass diese Entscheidung sich später als schlechte Entscheidung entpuppen würde. Später dann, als das Coaching gemacht wurde, war klar, dass die Entscheidung nicht gut war.

Hansjörg plädiert nun dafür, dass im Coaching "gute Gründe" für die Zeit der Entscheidung, also relativ zu den damalig wahrnehmbaren Ressourcen unterstellt und gesucht werden. Es geht also nicht darum, die Gründe heute zu beurteilen und es geht auch nicht darum, zu beurteilen, dass mit mehr Wissen die guten Gründe schon damals nicht gut gewesen wären.

Ich glaube, ein guter Teil der Diskussion letztes Mal beruhte darauf, dass diese Unterscheidungen nicht gemacht wurden.
Wie auch immer - mich interessiert jetzt etwas anderes:

Der junge Mann hatte damals in seiner Umwelt gute Gründe, aber diese Gründe waren damals nur gut, weil er in einer gar nicht guten Umwelt - oder eben mit sehr schlechten Ressourcen - lebte. Man kann dabei sogar annehmen, dass die Welt damals gar nicht so schlecht war, dass aber die Bildungs-Ressourcen des jungen Mannes ihn nicht mehr Möglichkeiten sehen liessen.

Im Coaching kann man die damaligen Ressourcen natürlich nicht verändern und der junge Mann kann auch nicht auf seine damalige Entscheidung zurückkommen. Er kann nur erkennen, dass er gute Gründe gehabt hat. Mich aber interessiert, in welcher Welt die Gründe gut waren.

Und noch interessanter finde ich, was zum Zeitpunkt des Coachings gute Gründe für ein bestimmtes Verhalten wären. Der junge Mann steht wieder vor einer Entscheidung. Es mag seinem Selbstvertrauen helfen, wenn er sieht, dass er bei seinen früheren Entscheidungen gute Gründe hatte, obwohl es schlecht ausgegangen ist. Aber müsste er dann nicht annehmen, dass er aktuell wieder nur gute Gründe hat? Müsste er die guten Gründe dieses Mal nicht besser hinterfragen?

Was aber wäre für den jungen Mann zum Zeitpunkt des Coaching das Beste? Wenn er nochmals eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz bekommen würde?

Mir geht es nicht um Coaching, ich will niemandem gnadenlos Wohlwollen. Mir geht es um die Perspektive, in welcher sich ein einzelner Mensch oder eine Gruppe relativ gut oder eben nicht so gut verhalten können.

Mir ist bewusst geworden, dass ich immer gute Gründe habe. Dass ich aber nicht nur über diese guten Gründe nachdenken kann, sondern vor allem auch darüber, unter welchen Bedingungen die Gründe überhaupt gut sind.

Und dann stellt sich natürlich die Frage, ob ich unter den gegebenen Bedingungen etwas Gutes machen soll, oder ob ich die Bedingungen verändern soll.

Meine These ist: Immer wenn ich mich entscheiden muss, sind die Bedingungen schlecht. Weil ich das Wort "Entscheidung" nur für bewusste Wahlen verwende, trinke ich normalerweise am Morgen einen Kaffee ohne mich zu entscheiden. In meiner Erinnerung habe ich als junger Mann eine Lehrstelle und einen Beruf angenommen, ohne mich entschieden zu haben. Es ist mir einfach so passiert. Ich merkte sehr rasch, dass das nicht gut war. Ich habe mich dann entschieden, die Lehre fertig zu machen, weil man mir nicht nur viele gute Gründe dafür genannt hat, sondern vielmehr, weil ich mir nicht besser zu helfen wusste.

Gute Gründe

Die Initianten sagen, dass das Geldsystem in den kapitalistischen Gesellschaften durch ein besseres ersetzt werden muss. Das aktuelle Geldsystem sei ungerecht, weil es einer kleine Elite ermöglicht, sich mit Giralgeld unendlich zu bereichern, während der Grossteil der Bevölkerung relativ dazu immer ärmer wird.

Die rasant wachsende Ungleichheit kann man beurteilen, wie man will. Wer sie als Problem wahrnimmt, hat gute Gründe, etwas dagegen zu tun. Aber was soll ich dagegen tun?

Ein Coach würde mir vielleicht sagen, dass ich - damals leider - gute Gründe gehabt habe, als ich kein Banker wurde und dass ich jetzt wenigstens dafür schauen sollte, dass ich selbst relativ gut abschneide, wie das viele Menschen in unserer Gesellschaft ja mehr oder weniger erfolgreich tun.

Die Initative aber ist politisch, das heisst, es geht nicht darum, wie ich als Einzelner abschneide, sondern um die Veränderung der Bedingungen, unter welchen die Einzelnen dann abschneiden.

Als Unterscheidung verwende ich also Coaching versus Politik

In der Politik haben wir eine Verfassung, die WIR verändern können (das ist eine etwas abgekürzte Redeweise in der ich WIR verwende, ich komme darauf zurück).

Die Entscheide, die der Zentralbankchef jetzt zu fällen hat, beruhen darauf, dass es jetzt eine solche Zentralbank und Girlageld gibt.

Jetzt können wir Vollgeld einführen. Dann kann sich der Chef der Zentralbank - den man als Einzelperson coachen könnte - nicht mehr mit guten Gründen in einer miseralblen Giralwelt ganz falsch entscheiden.

Wir haben eine Verfassung und Initiativen. Die politischen Behörden müssten sich bei Initiativen nicht einmischen. Sie tun es aber und reden immer von Entscheidungen, die sie oder das Volk fällen müsse.

Wenn wir die Verfassung und damit unserer Umwelt oder Ressourcen ändern, muss sich keine Behörde und kein einzelner Repräsentant entscheiden. Wir machen das mit einer Volksabstimmung, bei der sich niemand mit anderen auseinandersetzen und auf etwas einigen muss. Jeder hat seine eigene Meinung oder wenn er will seine private Entscheidung, die aber keine Rolle spielt, weil er nur einen Millionstel unter Millionen darstellt.

Wie ich mich mit welchen guten Gründen bei der Abstimmung entscheide, spielt keine Rolle.

Wenn ich - wohl in einem Jahr - über Vollgeld abstimmen würde, würde mich im Nachhinein kaum jemand coachen müssen, weil sich meine guten Gründe im Nachhinein als nicht so gut herausstellen würden.

In der aktuellen Zentralbank muss eine Behörde Entscheidungen treffen. Diese Entscheidungen - etwa der Leitzinssatz oder der Deckungsgrad bei Giralgeld - sind immer kritisierbar. Ich kann dann sagen, dass ich ganz anders entschieden hätte, wenn ich Chef der Zentralbank gewesen wäre. Aber jetzt kann ich sagen, dass er wohl gute Gründe gehabt habe - auch wenn ich weiss, dass seine Gründe gar nicht gut waren.

Unsere Demokratie verhindert, dass sich jemand entscheiden muss. Natürlich kann man sich bei einer Abstimmung persönlich entscheiden, aber niemand muss die Verantwortung für seine bedeutungslose Entscheidung bei einer Volksabstimmung übernehmen. Das Demokratieverfahren verteilt die Verantwortung auf einen Millionstel, weshalb auch die Gründe für die Entscheidungen keine Relevanz haben.

Gute Gründe bei der Volksabstimmung

Ich suche trotzdem gute Gründe. Bei der Volksabstimmung muss und kann ich mich ja nur dafür oder dagegen entscheiden. Ich muss also gute Gründe für oder gegen diese Entscheidung, die ja nicht meine wäre, konstruieren. Deshalb bezeichnen wir uns HIER ! als Konstruktivisten, oder?

Mich interessiert zunächst, ob de Einführung von Vollgeld das Problem der ungerechten Verteilung und der Finanzkrisen löst oder wenigstens lindert.

Also noch ein paar Worte zum Thema Vollgeld-Initiative.

Vollgeld-Initiative

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http://www.vollgeld-initiative.ch/

ein paar Textstellen:

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:
Art. 99 Geld- und Finanzmarktordnung
2 Der Bund allein schafft Münzen, Banknoten und Buchgeld als gesetzliche Zahlungsmittel.
5 Die Finanzdienstleister führen Zahlungsverkehrskonten der Kunden ausserhalb ihrer Bilanz.

Art. 99a Schweizerische Nationalbank
3 Die Schweizerische Nationalbank bringt neu geschaffenes Geld schuldfrei in Umlauf, und zwar über den Bund.

Art. 197 Ziff. 12
12. Übergangsbestimmungen
1) Die Ausführungsbestimmungen sehen vor, dass am Stichtag ihres Inkrafttretens alles Buchgeld auf Zahlungsverkehrskonten zu einem gesetzlichen Zahlungsmittel wird. Damit werden entsprechende Verbindlichkeiten der Finanzdienstleister gegenüber der Schweizerischen Nationalbank begründet. Diese sorgt dafür, dass die Verbindlichkeiten aus der Buchgeld-Umstellung innerhalb einer zumutbaren Übergangsphase getilgt werden. Bestehende Kreditverträge bleiben unberührt.
3) Tritt die entsprechende Bundesgesetzgebung nicht innerhalb von zwei Jahren nach Annahme der Artikel 99 und 99a in Kraft, so erlässt der Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmungen innerhalb eines Jahres auf dem Verordnungsweg. (Soviel zum Vertrauen in die Behörden)

Das Kernanliegen der Vollgeldreform: Als 1891 das Schweizer Stimmvolk dem Bund das alleinige Recht zur Herausgabe von Münzen und Papiergeld übertrug, spielte Buchgeld auf Girokonten kaum eine Rolle. Doch heute macht von Banken erzeugtes Giralgeld 90 Prozent allen Geldes aus! Deshalb muss das Geldschöpfungsmonopol des Staates auf das elektronische Giralgeld ausgeweitet werden. Genauso wie 1891 den Banken verboten wurde, Papiergeld zu drucken, soll ihnen jetzt verboten werden, Giralgeld zu erzeugen

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Alles klar?

Vollgeld ist ein ziemlich komplexes Thema und was die Vollgeld-Initiative in unserer Verfassung verankern will, lässt sich ohne aufwendige Einarbeitung kaum verstehen, geschweige denn sachgerecht beurteilen. Ich will ein paar Sachen zu Vollgeld sagen - einige von Euch kennen vielleicht mein Geld-Buch und damit auch meine Perspektive in dieser Hinsicht. Mich interessiert aber natürlich sehr, wie Ihr die Sache angehen werdet, weil mein Geldbuch eine Fortsetzung will.

Auch unter vermeintlichen Fachleuten herrscht absolute Begriffsverwirrung. Meiner Meinung nach beruht das auf der einheligen Ansicht und Redeweise, wonach Giralgeld Geld ist, wodurch kein sinnvoller Geld-Begriff möglich ist. Etwa wie Vierbeiner für Tische und Hund.

Auf der Initiativen-Homepage wird statt von Giralgeld von "elektronischem" Geld gesprochen. Die rechnen also schon damit, dass die Abstimmenden die Sache ohnehin nicht verstehen.

Nur ein paar praktische Dinge der Initiative scheinen klar:

Auf den gröbsten Punkt bringe ich die Sache damit:
Es gibt kein privates Giralgeld mehr, wer ein Darlehen will, muss LETZTLICH dem Bund und nicht mehr den Banken Zinsen bezahlen.
Die Seigniorage (das ist die Differenz zwischen den Herstellungskosten und dem Geldwert) gehört dem Bund, also dem Steuernzahlern.

Etwas begrifflicher geht es darum, Geld und Schuld zu trennen. In der herrschenden Ökonomie gilt Geld als Schuld, weil die aktuelle Form der Zentralbank hypostasiert wird. Wenn wir die Zentralbank anders aufstellen - was in der Initiative diffus verlangt wird (ich sage später unter "Monetative" noch etwas dazu) bekommt Geld seinen Wert nicht in der Zentralbank, sondern erst in seiner ersten Verwendung.

Die erste Verwendung passiert beispielsweise durch den Staat, der mit dem Noch-Nicht-Geld seiner Zentralbank etwas kauft und es genau damit in Geld verwandelt, dass dann weiterfliessen muss. Wenn der Staat das Geld durch kaufen erzeugt, hat das Geld immer ein materielles Äquivalent, das heisst, das Geld ist immer „bezahlt“ worden und repräsentiert deshalb in keiner Weise eine Schuld.

Vollgeld überhaupt

Zu Vollgeld gibt es - wie zu Geld überhaupt - sehr viele, sehr verschiedene Auffassung und auch Bezeichnungen. Zuerst war wohl der Vorschlag von I. Fisher 1930 in den USA.

Die Initiative ist einfach eine mögliche Variante. Sie geht insofern weit, als es eine grosse Veränderung betrifft, aber nicht sehr weit, weil man viel weiter gehen könnte.

Wir werden also NICHT darüber abstimmen, welches Geldsystem wir gerne hätten, sondern über eine konkrete Variante.

In dieser Vollgeld-Währung wird dann bestimmt, wer was in Bezug auf die Währung tun darf.
Hier sind drei Aspekte relevant:
•1. Wie die Zentralbank Buchgeld schöpft
•2. Wie die Umstellung gehen würde
•3. Wie man verhindert, dass andere Institution Buchgeld schöpfen

1) Die Zentralbank versorgt den Staat mit Buchgeld. Es handelt sich dabei um zinsfreie Überlassungen, nicht um Kredit oder Dahrlehen. Die Regierung bringt neu geschaffenes Geld durch öffentliche Ausgaben in den Geldkreislauf.
Aktuell muss der Staat stattdessen sogenannte Staatsanleihen aufnehmen und das Geld verzinsen.

2) Ein denkbarer Weg wäre, dass das gesamte aktuelle Buchgeld der Geschäftsbanken zu einem gegebenen Zeitpunkt in Vollgeld verwandelt wird. Dabei würde das Buchgeld per Beschluss zu Vollgeld gemacht, was einer Geldherstellung entspricht, die man sich wie das Notendrucken vorstellen muss, obwohl dabei natürlich keine Noten gedruckt werden.
In einem begrifflichen Sinn werden die Bucheinträge, die ja auf Computern gespeichert sind, in elektronisches Geld umgewandelt.
Das Geld, das dann quasi wirklich auf den Girokonten liegt, ist - wie heute das Geld in den Schliessfächern - nicht mehr im Besitz der Bank, sie kann es also nicht ausleihen, sondern nur dem jeweiligen Besitzer auszahlen, oder in dessen Autrag Zahlungen an andere durchführen. Letzteres können die Banken aktuell mit Schliessfachgeldern nicht tun.
Die Girokontogelder würden aber den bisherigen Zahlungsverkehr weiterhin als Kerngeschäft der Banken möglich machen, was als Dienstleistung dann natürlich viel mehr kosten würde.
Die Banken dürften nur noch eigenes Geld verleihen, oder solches, dass ihnen zum Verleihen auf spezifischen Konten geliehen wird.

3) Das Gesetz muss natürlich nicht nur Banken umfassen, obwohl bislang nur Banken Geld geschöpft haben. Das Geldschöpfen wurde den Geschäftsbanken nie erlaubt. Die Banken machten einfach, was sie machten, bis jemand eine Bezeichnung (fiat money) dafür gefunden hat. Danach wurden die Banken in ihrem Tun politisch etwas eingeschränkt, weil Mindestreserven verlangt wurden, was einen Eingriff darstellt, der aber die Geldschöpfung bisher nur minimal begrenzte. Insbesondere wurde aber durch die Forderung von Mindestreserven die private Geldschöpfung quasi legalisiert.
Mit der Vollgeldwährung soll - auch politisch - die Geldschöpfung insgesamt zugunsten der Zentralbank aufgehoben werden. Faktisch bedeutet Vollgeldwährung als Verfassung, dass niemand mehr Darlehen in Form von Geld vergeben darf, wenn er das entsprechende Geld nicht hat. Konkret - aber das wäre dann natürlich von den Gesetzen und Ausführungsbestimmungen abhängig - kann ich weiterhin beispielsweise ein Haus mit einem Schuldschein "bezahlen", wenn ich das Geld nicht habe. Wer den Schuldschein akzeptiert, gibt mir einen Kredit, er gibt mir dabei aber ein Haus, das er haben muss und nur einmal verkaufen kann.
Der Schuldschein ist kein Geld. In einer Gesellschaft, die Zinsnehmen erlaubt, kann der Schuldschein ein Anspruch auf Zins bedeuten. Der Schuldschein kann den Besitzer beliebig oft wechseln, er kann sogar auf einer Bank gegen Geld eingetauscht werden. Dazu muss die Bank aber das Geld (gehabt) haben.
In Bezug auf die Banken müssten die Konten neu definiert werden, so dass klar ist, welche Konten Kundengeld enthalten und welche Bankgeld.
Der Sinn von Vollgeld realisiert sich also nur, wenn die Bankkunden ihr Geld nicht mehr den Bank geben, sondern es quasi in Schliessfächer legen. (Das berücksichtigt die Initiative)

Also stellt sich die Frage, wer - ausser den Bankiers natürlich - gegen Vollgeld sein könnte.

Welche guten Gründe könnte ich haben?

Voraussehbar ist, dass im Abstimmungskampf hauptsächlich mit Angst gearbeitet wird: Angst vor einem wirtschaflichen Chaos beispielsweise, das noch grösser wäre als das, das die Initiative begründet.

Jenseits von Vollgeld

Die Diskussionen ausserhalb der Initiative betreffen hauptsächlich die Monetative-Bewegung.

Die Monetative will die Zentralbanken als vierte Gewalt. Der Name ist angelehnt an Exeku-tive oder Legisla-tive.

In unserer Initiative bleibt die Zentralbank was sie ist, eine privatrechtliche Aktiengesellschaft. Der Verein, der die Initiative trägt heisst MoMo (Monetäre Modernisierung) und ist die "Monetiva" der Schweiz

Die Monetative sagt viel deutlicher als unsere Initiative worum es eigentlich geht: nämlich die vollständige national-staatliche Hoheit über das Geldsystem („Geldregal“) (wieder) herzustellen.

Seit 1891 Art. 36, heute Art. 99 steht in der Verfassung „Das Geld- und Währungswesen ist Sache des Bundes“.

Sie bringt damit aber auch auf den Punkt, dass Giralgeld NEBEN dem eigentlichen Geld fungiert und eigentlich schon aus staatsrechtlichen Gründen höchst problematisch ist. Ich würde von einem Verbrechen sprechen, dass aktuell keines ist, weil unsere Verfassung es zulässt.

Welche Probleme werden mit Vollgeld gelöst

Die MoMo ist ein überparteiliches Komitee, also kein linkes Projekt, sondern eher ein bürgerlicher Versuch, das Geldsystem in den Griff zu bekommen.

Ich vermute, dass das Hauptanliegen darin besteht, dass der Staat zusammenbrechende big-to-fail-Banken nicht mehr retten muss. Ich habe aber keine Ahnung, ob Vollgeld da helfen wird.

In der Zeit, in der die Initiative unterwegs war, hat sich einiges verändert, insbesondere sind die Zinsen gegen NULL gefallen, ohne dass deshalb mehr investiert wird. Die Geldschwemme hat bisher auch nicht zu der theoretisch zu erwartenden Inflation geführt. Alle ökonomischen Theorien versagen vollständig.

Jordan, der Chef der SNB ist gegen Vollgeld mit der blöden Begründung, das gebe es in anderen Staaten auch nicht. Er sagt überdies, dass Finanzblasen so nicht zu vermeiden seien, weil die von Investoren verursacht würden. Jordan setzt sich auch kräftig gegen Transparenz-Forderungen ein.

Der Ökonom Binswanger argumentiert, dass die Zentralbank die Kontrolle verloren habe, die Tiefzinspolitik sei eine Reaktion auf das Versagen der Hochzinspolitik um 2000.

Ich sehe aber ganz andere Gründe für die Tiefzinspolitik. Sie soll helfen, grosse Hypotheken abzulösen.

Binswanger : Die tiefere Ursache für die Unfähigkeit der Zentralbanken zur Steuerung der Geldmenge ist die Abschaffung des Goldstandards

Ich habe noch nie einen Grund für die Abschaffung des Goldstandards gehört. Habt Ihr Ideen dazu?

Baltensperger und Neusser, Ökonomen: Haben die Angst-Argumentation eröffnet: Hier Hauptargument: Die Verwaltungskosten (Zahlungsverkehr, usw) würden steigen.

Ich habe keine Ahnung wieso. Klar ist, dass Banken viel mehr verlangen müssten, weil sie heute diese Kosten mit ihren massiven Gewinnen subventionieren.