objektiv, Objektivität        zurück ]      [ Stichworte ]      [ Literatur ]      [ Die Hyper-Bibliothek ]      [ Systemtheorie ]

Den Ausdruck objektiv verwende ich für Repräsentationen, die das Repräsentierte als beobachterunabhängige Realität unterstellen und darstellen. Objektive Darstellungen kann ich mit richtig/falsch beurteilen. Bei objektiven Darstellungen spielt es keine Rolle, wer sie in welcher Gemütsverfassung und mit welchem kulturelle Hintergrund anfertigt.

Objektiv im engeren Sinne verlangt also Objekte, anhand welcher die Darstellung überprüft werden kann.

Beispiel:
Ein Stadtplan unterstellt eine vom Stadtplan unabhängige Stadt. Durch Vergleich dieser Stadt mit dem Stadtplan kann ich entscheiden, ob der Stadtplan richtig ist.

Typischer Ort und typische Problematik:
Objektive Darstellungen gehören typischerweise in die Wissenschaft. Problematisch ist die Genauigkeit, die Wahrscheinlichkeit, der Definitions- und der Wertebereich, was alles mit dem Ueberprüfungs- oder Messverfahren zu tun hat. Ein eher randständiges Problem sind Interpretationen.

Kritik:
Im Radikalen Konstruktivismus wird der Geltungsbereich des Ausdruckes in den konsensuellen Bereich des Beobachters verschoben. Die Realität ist für den Beobachter nicht erhebar, desjhalb macht es keinen Sinn, von Objektivität zu sprechen.

Anmerkung zur Unterscheidung:
Objektiv ist hier nicht im Gegensatz zu subjektiv gemeint. Objektiv und subjektiv bedeutet, dass Objekte unterstellt werden, die verschieden dargestellt werden. Ich unterscheide Objekte und Eigenwerte des Beobachters, also ob die Objekte im oder ausserhalb ds Beobachters angesiedelt werden. Objektiv referiert auf Projektionen, die ich als Beobachter in meiner Um-Welt wahrnehme.



Hinweise:
Im weiteren Sinne spricht man von der Objektivität von Aussagen, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass für ihre Aufstellung nicht subjektive Wünsche, Meinungen, Neigungen, Vorurteile usw. maßgeblich sind, sondern allein die Sachverhalte, auf die sich die Aussagen beziehen.

Für K. Marx war eine von Klasseninteressen unabhängige 'objektive' Erkenntnis undenkbar. "Die Gedanken der herrschenden Klasse „- schreiben Marx und Engels in der Deutschen Ideologie – „sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d. h. die Klasse welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht. Die Klasse, die die Mittel zur materiellen Produktion zu ihrer Verfügung hat, disponiert damit zugleich über die Mittel zur geistigen Produktion, so daß ihr damit zugleich im Durchschnitt die Gedanken derer, denen die Mittel zur geistigen Produktion abgehen, unterworfen wird.“ Die Angemessenheit einer wissenschaftlichen Theorie hängt Marx zufolge jedoch nicht nur davon ab, inwieweit der Wissenschaftler es vermag, sich von seinen Klassenvoruteilen zu lösen. Wichtiger noch ist, daß die verwendeten Kategorien selbst als historisch bedingte reflektiert werden.

Für N. Luhmann sind Objektivität und Subjektivität keine Gegensätze, sondern ähnliche Begriffe in verschiedenartigen Systemen. Objektiv ist, was sich im Kommunikationssystem (= Gesellschaft) bewährt, subjektiv ist, was sich im einzelnen Bewusstseinssystem (grob gesprochen: im Kopf eines Menschen) bewährt. Bewusstseinssysteme können dann "subjektiv das für objektiv halten, was sich in der Kommunikation bewährt, während die Kommunikation ihrerseits Nicht-Zustimmungsfähiges als subjektiv marginalisiert" (N. LuhmannDie Religion der Gesellschaft, S.19)


Objektiv im Sinne der Naturwissenschaften kann ich über Artefakte sprechen.

"Wenn ich nun vorschlage, objektive Tatbestände anzunehmen, erwarte ich nicht, dass irgendein Mensch in die naive Sicht zurückfällt, dass es eine objektive Natur gibt, die erkennbar wäre. Ich schlage vor, dass das was, was Beobachter konstuieren, Tat-Sachen im Sinne der naturwissenschaftlichen Objekte sind. Es scheint mir völlig sinnlos, von einer Maschine anzunehmen, das sie subjektiv funktioniert. Viel sinnvoller scheint mir, wenn ich mir bewusst mache, wo ich quasi naturwissenschaftlich von konstruierten Mechanismen spreche und wo nicht" (Einführung Hyperkommunikation)).


 
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