Als Idiosynkrasie wird die „Gesamtheit persönlicher Eigenheiten, Vorlieben und Abneigungen“ bezeichnet. Im Besonderen werden darunter medizinisch eine Überempfindlichkeit und psychologisch ein ungewöhnlicher Widerwillen verstanden. Hier geht es um die Idiosynkrasie in der Sprache:
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Als Idiosynkrasie bezeichne ich allgemein - als krankhafte oder unwillige wahrgenommene - Abweichungen vom Normalen oder vom Konventionellem, verhaltenspsychologisch eine ungewöhnliche Reaktion auf einen Reiz, Stoff oder einen Umstand.
In Bezug auf die Verwendung von Wörtern unterscheide ich:
Als idiosynkratisch bezeichne ich allgemein das unübliche Verwenden von Wörtern. Oft ist von einer Privatsprache die Rede, womit aber nicht die wittgensteinsche gemeint ist, sondern der Vorwurf, jemand meine, er könne die Wörter verwenden, wie er wolle.
Dabei wird übersehen, dass jede Wortverwendung in diesem Sinne idiosynkratisch ist, dass sich das aber nur in bestimmten Fällen von Missverständnissen zeigt.
Ein Spezialfall (der aber sehr oft gemeint ist) betrifft Wörter, deren Bedeutung konventionalisiert, aber aus seinen Teilen nicht systematisch erschliesbar ist. Die Idiosynkrasie betrifft eine Nicht-Kompositionalität.
Beispiel:
ins Gras beissen bedeutet sterben, aber das ergibt sich nicht aus den Einzelwörtern.
Ein Sprecher verwendet ein Wort oder eine Wendung in individueller Weise, die nicht normiert, aber - im jeweiligen Kontext - verständlich ist. Die Bedeutung ist verschoben, aber kontextuell eingebettet.
Beispiel:
Jemand sagt „Das ist mir zu laut“, meint aber nicht die Lautstärke, sondern die emotionale Intensität.
Ein Sprecher hat individuelle grammatische Präferenzen, etwa bei Wortstellung, Kasuswahl oder Tempusgebrauch, oft stilistisch motiviert.
Beispiel: br>"Ich erinnere das nicht" statt "Ich erinnere mich nicht daran"
Wenn ich erläutere, wie ich ein bestimmtes Wort werwende, impliziere ich, dass ich das Wort nicht so verwende, wie es alle tun. Wörterbücher erläutern dagegen, wie die Wörter von allen verwendet werden, die die Wörter richtig verwenden - was im Normalfall nie jemand tut, ausser dem Wörterbuchautor (sic).
Wenn ich nicht darüber nachdenke, wie ich ein Wort verwende, kann ich nicht erkennen, dass ich es wie alle andern verwende. Dann verwende ich das Wort richtig - bis jemand reklamiert.
Die "Idiosynkrasie-Paradoxie" entsteht dadurch, dass etwas, was immer der Fall ist, als Spezialfall behandelt wird.
Idiosykratisch bedeutet - selbstbezüglich -, dass nur Idioten nach einer Wortverwendung suchen, die für alle Menschen gilt. Das ist natürlich eine idiosynkratische Bestimmung: Sag mir irgendein Wort, dass Du und ich gleich verwenden, dann bin ich der Idiot.