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Erläuterungen zu Technik  -   (Zeittafeln: Erfindung technischer Artefakte  , Technik und Wissenschaft  )

Den Ausdruck Technik verwende ich für die Kunst des Effizient-Seins, also für das, was die alten Griechen als Techne bezeichneten. Eigentlich verwende ich den Ausdruck als Produkt-Bezeichner für in Artefakten konservierte Verfahren, die mich effizient machen.

Im Projekt diasynchron erstelle ich Zeittafeln. Es geht dabei aber nicht um die konventionelle Geschichte, sondern darum Geschichten hervorzubringen, indem ich verschiedene Zeittafeln verknüpfe. Neben den Zeittafeln im engeren Sinne erstelle ich auch Tafeln, die keine Zeitleiste aufweisen, sondern sachliche Entwicklungen unabhängig von der Zeit zeigen.

Im Projekt diasynchron untersuche ich die Geschichte als Geschichte, indem ich das narrative Element durch Zeittafeln quasi negativ focusiere. Die Zeittafel wird darin selbst zum Problem, weil sie ein quasi archetypisches Muster darstellt, in welchem alles, was passiert, in der Zeit passiert.
Typische Geschichten sind klischierte Vorstellungen wie etwa, dass die Chinesen Schiesspulver erfunden, aber nicht als Waffe einsetzt haben. Die Griechen konstruierten Maschinen und Automaten, verwendeten sie aber nicht zum Arbeiten. Der Buchdruck wird mit der reformierten Bibel verbunden und viel Technik wird dem Kriegswesen zugeschrieben. Weniger typische Geschichten verbinden beispielsweise die meist getrennten Wissenschaft und Technik.
Und da es auch um Geschichte geht, werde ich auch Geschichten der Historiker beobachten.

Insgesamt geht es darum "Technik" als Resultat von Geschichte(n) zu begreifen.

Technikgeschichte

In einer konventionellen Technikgeschichte schreibe ich, was ich als technisch erachte, in eine Reihe des jeweilig ersten Auftretens. Ich schreibe etwa, dass die Dampfmaschine anfangs des 18. Jhds erfunden wurde. Wenn ich darüber eine dampfmaschine_newcomennovellige Geschichte schreibe, schreibe ich über die Rivalitäten der Erfinder und über die Rechtsverhältnisse, in welchen diese ausgetragen wurden. In einer Zeittafel schreibe ich nur “1712: Dampfmaschine von Newcombe”.

Die Anordnung der Dampfmaschinenerfindungen in der Zeit hat als Geschichte eine eigenständige Plausibilität, die die Tatsache, inwiefern eine Dampfmaschine in die Geschichte gehört zum Rhema macht. Thema ist die Erfindung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Und wenn ich die Dampfmaschine in der Technikgeschichte aufführe, zeige ich, dass ich ihre Erfindung als technisches Ereignis begreife, selbst dann noch, wenn ich viel mehr über die Rechtsfragen der Patente schreibe, als darüber, wie die Maschine funktioniert oder konstruiert ist.

Als diasynchron bezeichne ich eine Art Inversion der Geschichte, in welcher die Funktion der Zeit darin besteht, verschiedene Geschichten zu verbinden. Ich erzähle beispielsweise eine Entwicklungsgeschichte der Dampfmaschine jenseits der Zeit und verwende “Zeit” als Item der Verlinkung. Die Dampfmaschine zeigt sich dann in der Antike als etwas anderes als in der Renaissance, was ich eben als eine alternative Geschichte begreife. Es geht mir nicht darum, alternative Geschichten zu erfinden, sondern darum, eine Form der Darstellung zu entwickeln, die die Verlinkung sichtbar(er) macht.

Da die hier erzählten Geschichten nicht durch Zeit- sondern durch Sachfolgen begründet sind, zeigen sich auch viele Sachen in einer anderen Perspektive. Meine Technikgeschichte zeigt in Form der diasynchronen Tabelle, wie ich mir die Entwicklung der Technik vorstelle und mithin, was ich als Technik begreife. Durch die Einfaltungen der sachorientierten Tabellen werden die elementaren Kategorien sichtbar, während in der Zeittafel nur Epochen sichtbar werden, die sich gerade nicht technisch begründen.

Indem die Kategorien, die ich verwende, auch für sichtbarbar werden, reflektiere ich sie auch als Teil meiner Geschichten und mithin als Teil meiner eigenen subjektorientierten Geschichte. Den Ausdruck Technik verwende ich in einem objektiven Sinn für die Kunst des Effizient-Seins, also für das, was die alten Griechen in historischen Interpretationen als Techne bezeichneten. In diesem spezifischeren Sinn verwende ich den Ausdruck für in Artefakten konservierten Verfahren, die mich – im Sinne der holzkampschen Subjekttheorie – effizient machen.

Subjektiv verfolge ich technisch – meine je eigenen – Ziele, die nur sehr vermittelt etwas mit den Zielen der Techniken der “antiken” Sklavenhaltern zu tun haben. Auch mein je eigener Beitrag zu meinem Lebensunterhalt ist sozial so vermittelt, dass ich ihn nur denkend als solchen begreifen kann. In meiner Technikgeschichte unterscheide ich verschiedene Aspekte, die ich im Sinne einer Robinsonade jenen Tätigkeiten zur Erhaltung meines Lebens zuschreibe, die ich technisiert vorfinde:

  • Anbau (und Abbau: Feuer)
  • Bau
  • Geräte
  • Werkzeuge
  • Widerspiegelung
  • In dieser Geschichte erscheinen die Tätigkeitsbereiche zunächst nacheinander und zwar in einer Reihenfolge, in welcher ich zunehmend mehr “Technik” erkenne. In jedem Bereich erkenne ich Entwicklungen, die gegenseitig von einander abhängig sind, aber die Bereiche nicht aufheben.

    Ich beginne deshalb mit dem Anbau. Indem ich Pflanzen anbaue statt wilde Früchte zu sammeln, erhöhe ich die Effizienz beim Erarbeiten meiner Nahrung. Am Anfang gibt es noch keinen Acker, geschweige denn Spaten oder Pflug. Ich erkenne auch noch keine Zucht, obwohl ich gewählte Samen sähe, geschweige denn Kunstdünger oder Genmanipulation. Das Verfahren lässt sich nur ganz marginal technisieren. Ich verwende etwa einen Grabstock, den ich schon davor beim Sammeln von wilden Früchten verwendet habe.

    Die nächste Stufe bezeichne ich als Bauen. Ich denke dabei zuerst an ein Dach, das zur Hütte wird und an den Ackerbau, womit ich nicht das Anbauen bezeichne, sondern das Herstellen des Ackers, wozu beispielsweise das Eingrenzen durch Steine gehört, aber auch das Entsteinen und das Kanalisieren von Wasserläufen. Auf dieser Stufe stelle ich die einfachsten Artefakte her. Das Ur-Haus, etwa die Jurte oder das Tippi aus Stöcken und Fellen stelle ich mir immobil vor für die Zeit, in der ich es jeweils benutze. Ich kann nicht den Bau, sondern nur dessen Teile zügeln.

    Dann stelle ich Geräte her. Natürlich ist der Grabstock, den ich beim Anbauen verwende, und der Stock, der mein Dach trägt, wie ein Faustkeil auch eine Art Gerät, aber darin erkenne ich noch praktisch keine Herstellung. Ein sehr einfaches Gerät erkenne ich in einem Gefäss, in welchem ich beispielsweise Wasser vom Bach in mein Haus oder in meinen Garten transportieren kann. Dazu fällt mir die Geschichte vom Einsiedler ein, der das Wasser mit blossen Händen in sein Haus trägt, weil er weiss, dass jedes noch so einfache Gerät nach weiteren Geräten ruft. Geräte unterscheide ich von Bauten durch ihre intendierte Mobilität. Tisch und Stuhl behalte ich zwar in meinem Haus, aber ich könnte sie hin oder hertragen, weshalb sie nicht zum Haus gehören.

    Schliesslich stelle ich Werkzeug her, womit ich zum toolmaking animal werde, worin sich mein Menschsein entfaltet zeigt. Das Werkzeug verwende ich beim Herstellen von Bauten und Geräten. Ich kann Werkzeuge wie Geräte auch beim Anbauen verwenden, aber ihren Sinn haben sie in einer Mittelverschiebung. Werkzeuge stelle ich her, um damit etwas herzustellen. Ich kann mit Werkzeugen als Mittel einen Stuhl herstellen und der Stuhl befriedigt als Gerät das Bedürfnis bequem zu sitzen.

    Als Widerspiegelung bezeichne ich die symbolische Reproduktion der Artefakte in Zeichnungen und Beschreibungen, die ihrerseits Artefakte sind, mit Werkzeugen hergestellt werden und einer technischen Entwicklung unterliegen. Die Widerspiegelung ist eine Verdoppelung der zuvor genannten Bereiche.

    Material und Form

    Die technische Entwicklung passiert im Wesentlichen bei den Werkzeugen (deshalb spreche ich von toolmaking), aber alle anderen von mir unterschiedenen Bereiche sind davon sehr stark betroffen. Alles, was ich als Artefakt bezeichne ist geformtes Material, wobei ich mit Material genau das bezeichne, was ich in der Herstellung forme, und mit Form, das was ich in der Widerspiegelung zeichne, wenn ich ein Artefakt zeichne. (Genau diese Vorstellung bezeichne ich als Materialismus).

    In jedem der Bereiche ist das Material tautologischerweise wichtig und unterliegt einer technischen Entwicklung, die in der Materialkunde reflektiert wird, die in der Naturwissenschaft als chemische Physik und bei den Ingenieuren unter anderem etwa als Metallurgie erscheint. Nicht ganz zufällig ist eine etymologische Deutung des Wortes Chemie durch das griechische chemeia das Metallgiessen und das Umwandeln von Materialien.

    Die Entwicklung der Formen unterliegt zunächst einer unmittelbaren Funktionalität. Dach und Schale haben eine quasi natürliche Form. Hanmer und Sichel sind bereits in dem Sinne konstruiert, als sie so zusammengesetzt sind, dass auch ihre Teile eigenen Formentwicklungen unterliegen. Das Rad und die Schraube sind zwei wichtige Teile, die ihren Sinn nur als Teile von etwas zusammengesetztem haben.

    Energie und Information

    Werkzeuge muss ich bewegen und steuern. Für die Bewegung brauche ich einen Motor, der Energie umwandelt. Den einfachsten Motor erkenne ich im Wasserrad – welches das Rad enthält. Noch vor dem Motor dienen Mensch und Tier als expliziter Motorersatz, etwa Sklaven oder Tiere, die den Göpel oder den fliehkraftregler1Pflug ziehen. Ein energetisch entwickeltes Werkzeug bezeichne ich als Maschine.

    Die sogenannte Dampfmaschine ist keine Maschine, sondern ein Motor. Motoren lassen sich nicht nur für Werkzeuge sondern auch für Geräte verwenden. Und Motoren revolutionieren auch den Anbau und den Bau.

    Die Dampfmaschine von Watt gilt gemeinhin als Energieträger, ihr Erfolg beruht aber unter anderem auch darauf, dass sie eine Regelung hat. Geregelte Maschinen bezeichne ich als Automaten. Die Regelung, die Watt verwendet, ist technisch primitiv, weshalb ich von Halbautomaten spreche. Die entwickeltste Regelung erscheint in Prozessoren, die für Computer verwendet werden. Entwickelte Regelungen haben einen eigenen Energiekreis. Die Energie, die der Regelung dient, bezeichne ich als Information.

    Auf der entwickelsten Stufe des Werkzeuges wird die Widerspiegelung zum Programm. Im Programm beschreibe ich, was die Maschine oder genauer, was die Steuerung “macht”, und die Steuerung macht dann, was sie macht, weil ich sie beschrieben habe.

    Die Programmierung beobachte ich als die letzte Stufe der Technik. Beim Programmieren mache ich nur noch Beschreibungen, aber die bekommen ihren Sinn natürlich nur durch die Technik insgesamt. Vorläufig bauen Menschen Getreide an, damit andere Gebäude bauen, in welchen andere Geräte und Werkzeuge herstellen, die ich dann noch programmieren kann.

    Meine schematische Unterteilung erweitere ich also wie folgt:


     

    Periodisierungen in der Technikgeschichte

    Die Dreiteilung
  • neolithische
  • industrielle
  • informationelle
  • Revolution" wird eher ausserhalb der Technik als deren Folge verwendet. Innerhalb der eigentlicheren Technikgeschichte gibt es folgende Ansätze, die aber den technischen Fortschritt auch vor allem als Schrittmacher für die Entwicklung der Zivilisation begreifen, also nur sekundär an der Technik interessiert sind:

    L. H. Morgan unterscheidet drei Stufen sozialer Evolution, die er mit technologischen Meilensteinen korreliert:

  • Feuer, Bogen und Töpferei für die Wilde (Savage) Ära
  • Domestizierung der Haustiere, Ackerbau und Metallverarbeitung in der Ära der Barbarei
  • Alphabet und die Fähigkeit zu schreiben für die Zeit der Zivilisation.
  • L. White führt die Nutzbarmachung von Energie als primäre Funktion der Kulturentwicklung ein. Er unterscheidet dabei fünf Stufen:

  • menschlichen Muskelenergie
  • domestizierter Tiere
  • pflanzliche Energie (neolithische Revolution)
  • natürlicher Ressourcen wie Öl, Gas und Kohle
  • atomare Energie

  • White führt dafür die Formel P=E*T ein, wobei E für die verbrauchte Energie, und T für die Effizienz der Technik zur Nutzbarmachung der Energie steht. Kulturelle Entwicklung wird dabei entweder durch die Zunahme der verfügbaren Energie oder durch die Steigerung der Effizienz möglich. Kritische Anmerkung: L. White hat offensichtlich keinen Energie-Begriff und auch kein Konzept zu Technik, es geht ihm um eine Entwicklung dessen, was er als "Kultur" bezeichnet. Um Getreide als Energie mit Erdöl zu vergleichen, braucht eine ziemlich spezielle Logik.

    Energieumwandlung verwendet bereits Conrad Matschoss

    Gerhard Lenski verwendet Information als Kulturkriterium: eine Gesellschaft ist umso fortgeschrittener, je mehr Information sie besitzt. Er unterscheidet vier Stufen:

  • Gene
  • Lernen / Weitergabe
  • Benutzung von Zeichen
  • Sprache und Schrift
  • Daneben existieren noch verschiedene andere technikhistorische Geschichtsgliederungen, die technischen Fortschritt vor allem an Techniken der Stoffumwandlung wie Verfahrenstechnik u. a. (Paulinyi; Krug) oder der Umweltauswirkungen (Radkau) festmachen.