Einstieg und Motive    [Inhalt]

Michael hat mir im Juni 2009 geschrieben, dass er auf meinen Seiten einiges über Systemtheorie verstanden habe, was ihm so in den Texten von Luhmann nicht gelungen sei. Daraufhin haben wir locker vereinbart, der Sache etwas auf den Grund zu gehen - anhand eines gemeinsamen Interesse, dem Motorradfahren. Mich interessiert zunächst, was mit verschiedenen Systemtheorie dazu zu sagen wäre. Thema ist also nicht nur das Motorrad, sondern auch die Systemtheorie.

Michael hat auch sofort auf des Buch von B. Spiegel verwiesen, das auch ein gemeinsamer Ausgangspunkt darstellt.

Wir vereinbarten eine mail-Kontakt zum zunächst diffusenThema. Michael wird seine Erkenntnisse in seinem Blog aufschreiben und ich eben hier:

Hypothese

Wir können Systemtheorie betreiben und unser Verstehen entwickeln, indem wir über unser Hobby Motorad nachdenken.


Ausgangspunkte

Ich denke in meiner Systemtheorie und bin gespannt, wie Michael, damit umgeht. Er spricht davon, sich darauf einzulassen. Das macht er, indem er ein Schema vorschlägt:

Mein Kommentar:

Dann gibt die Archtitektur des Regelkreises auch methodische Erfordernisse: Man muss SOLL- oder Eigenwerte des Systems festlegen. Bei der Heizung ist der Sollwert die 20 Grad, die ich gerne in meiner Stube hätte. Der Heizung ist es aber natürlich gleichgültig, wie warm es in meiner Stube ist. Sie hat deshalb keinen Soll- sondern einen Eigenwert: Wenn sie funktioniert, pendelt sich die Temperatur des Thermometers ein, zb bei 20 Grad.
Was heisst das für unser Motorradfahren? Was ist hier ein Soll/Eigenwert, der geregelt wird? Natürlich gibt es sehr viele Aspekte und die Kunst (=Aufgabe) besteht nun darin, das Problem analytisch so zu zerlegen, dass einzelne relevante Sollwerte erscheinen.
Deine Hauptstossrichtung sehe ich (auf Deinem aktuellen Schema) im "maximalen Tempo/Verzögern". Ich glaube, da müssten wir zunächst spezifizieren. Aktuell tönt das für mich so, wie wenn ich bei der Heizung "Maximale Temperatur" vorgeben würde ;-))
Und auf einer zweiten Ebene thematisierst Du Sachen wie "Bewusstsein" und "Tiefenperson". Das dürfte unendlich kompliziert werden. Das ist aber natürlich auch für mich der spannende Teil. Ich bin sehr gespannt, wie wir dort weiterkommen könnten.

Ich glaube, das wird die erste Hürde. Das Schema scheint mir disziplin-los. Ich kann es nicht als kybernetisch interpretieren, obwohl Michael auf mein Thermostatenheizung-Schema verweist. Wir werden sehen.


(M)ein Motiv

Mir schwebt vor, dass anhand dieses Themas etwas Technologie entwickelt werden kann. Ich kann das Motorrad als Maschine sehen und ich kann sehen, was das Motorrad von mir als Fahrer/Nutzer/Bediener verlangt.

Der technologische Aspekt beschreibt die Konstruktion des Motorrades als Erfüllung von Funktionen. Dabei wird systemtheoretisch nicht erklärt, sondern erläutert. Wenn ich dann bestimmte Technologien - zunächst sicher das ABS - in den Motorradfahrer projiziere, erkläre ich systemtheoretisch, was ich als Motorradfahrer mache.

Ich beginne also damit, das Motorrad technologisch zu begreifen. Dabei unterscheide ich implizite und explizite Mechanismen. Ein expliziter Regelungs-Mechanismus, quasi ein Standardbeispiel der Kybernetik, ist das ABS. Eine anspruchsvollere Aufgabe besteht darin, die impliziten Mechanismen zu entdecken. Natürlich hilft auch dabei die Konstruktion. So kann man durch die Achsschenkellenkung verstehen, was die Gabel funktionell erfüllt.

  


Kleiner Exkurs

Wissen nenne ich Beschreibungen von Operationen, die den jeweiligen Mechanismus zu jeweiligen Zielen führen.

Beispiel:
Die Aussage "Beim Motorradfahren muss ich die Lenkstange nach links drehen (Operation), wenn ich nach rechts fahren will (Ziel)" repräsentiert Wissen, weil ich darin beschreibe, wie ich ein bestimmtes Ziel erreiche. Mit dieser Aussage zeige ich, dass ich etwas weiss. Ich kann das, was ich weiss, in einem Buch gelesen haben, ich kann es unabhängig davon wissen, ob ich Motorrad fahren kann. Und umgekehrt weiss ich, dass ich dieses Wissen einerseits nicht brauche, weil ich mit dem Motorrad schon Kurven gefahren bin, bevor ich wusste, was ich dabei mit dem eigentlich Lenker mache. Und dass dieses Wissen mich natürlich auch nicht befähigt, ein Motorrad zu fahren. Zum Fahren brauche ich "nur" das entsprechende Können.

Können braucht kein Wissen und Wissen ist - jenseits der Konstruktion von Artefakten - bei weitem nicht hinreichend zum Können. Ich kann beispielsweise hundert Bücher über das Motorradfahren (Tätigkeit) lesen. Deswegen kann ich noch lange nicht Motorrad fahren. Wenn ich dagegen weiss (etwa in Form von Konstruktionszeichnungen), wie man ein Motorrad (Artefakt) konstruiert, dann kann ich ein Motorrad konstruieren. Dabei muss ich natürlich viel Können, was mit dem Motorrad nichts zu tun hat: Ich muss beispielsweise Konstruktionszeichnungen lesen und entsprechende Maschinen, die zum Bau von Motorräder gebraucht werden, bedienen können; oder ich muss eine Fabrik managen können, in welcher die Referenzobjekte von Konstruktionszeichnungen hergestellt werden. Aber ich brauche kein motorradfahren-spezifisches Können, wenn ich alles über die Herstellung von Motorrädern weiss.

Wissen der Funktionsweise - Existierende Konstruktion als Lösung von Problemen .....

   

Die Perspektive

Systemtheoretisch erkläre ich Phänomene, dabei wähle ich durch das Phänomen das jeweilige Systeme. Es gibt in meiner Perspektive nicht Systeme, sondern ich erkläre durch Systeme, die ich für die jeweilige Erklärung konstruiere und so definiere und abgrenze. Natürlich ist das System dann vom Erklärungszusammenhang abhängig. Wenn wir über Motorräder sprechen, gibt es sehr viele Phänomene und mithin sehr viele ganz verschiedene System. Ich fang mal mit einem beliebigen System an.