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Dieser Eintrag ist veraltet. Ich sehe das jetzt ganz anders: Tätigkeit

Der Ausdruck Tätigkeit wird umgangssprachlich sehr vielfältig verwendet, eine wichtige Verwendung erscheint in "Erwerbstätigkeit". Etwas tun bezeichnet eine subjektbezogene Aktivität, die auch als handeln bezeichnet wird. "Verhalten" bezeichnet in einer bestimmten Differenz das Fehlen des Subjektes.

Als Tätigkeit bezeichne ich - in Anlehnung an die Kulturhistorische Schule - Als Beobachter kann ich also - deutend - davon sprechen, dass jemand einen Brief schreibt oder - konstruktiv - davon, dass jemand Zeichen nach Regeln angeordnet. Im ersten Fall spreche ich über die Handlung, im zweiten über die Operation. Als Tätigkeit bezeichne ich das Tun jenseits von konkreten Handlungen.(15)

Tätigigkeit ist das, was bleibt, wenn Handlungen ersetzt werden: Schreiben bleibt Schreiben, auch wenn ich keinen Bleistift mehr verwende, also andere Handlungen vollziehe. Unter diesem Gesichtspunkt kann ich jede zerlegbare Handlung als Tätigkeit auffassen.

Tätigkeit bezieht sich in diesem generellen Sinn auf das "Menschsein" schlechthin, indem der Mensch als ein tätiges - seine Kultur schaffendes - Wesen erscheint. Daraus leitet sich die inverse - arbeitspsychologische - Vorstellung ab, dass sich der Mensch beim Arbeiten im Sinne von "tätig sein" entwickelt. Das Ausüben einer Tätigkeit bezeichne ich als Handlung. Das jeweils erste Konzept ist entsprechend allgemein, aber bereits als Anweisung formuliert. In der Ausarbeitung des Konzeptes ersetze ich Tätigkeiten durch Handlungen, die ich zunehmend operativer beschreibe, so dass ich die Beschreibungen schliesslich - der Tendenz nach - als Programm lesen kann, in welchem die einzelnen Teilschritte des Projektes beschrieben sind. Als Konzept bezeichne ich in diesem Sinne einen nicht operationalisierten Entwurf zur geplanten Tätigkeit. die Menge der Handlungen, die ich als Teile des Aneignungsprozesses insgesamt verstehe, also das Hervorbringen von Kultur als markierte Seite der Unterscheidung Natur.

Beispiel:
Schreiben ist ein Tätigkeit, wenn ich das Schreiben als solches meine, und eine Handlung, wenn ich einen Brief oder ein Buch schreibe.

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- siehe dazu "Tätigkeitstheorie", in welcher die psychische Entwicklung des Menschen - phylo- und ontogenetisch - an dessen Tätigkeit gebunden wird. A. Leontjew unterscheidet - anders als ich - Tätigkeit (Motiv), Handlung (Ziel) und Operation (Aufgabe).
In seinem Buch "Tätigkeit – Bewusstsein – Persönlichkeit" unterscheidet er die Ebene der Tätigkeit (Gesamtprozess, vollständiger Arbeitsprozess wie beispielsweise das Jagen) von der Ebene der Handlungen (Teilaufgaben wie das Treiben der Herde) und von der Ebene der Operationen (Handgriffe, instrumentelle Fertigkeiten).
[Wygotski]
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Als Tätigkeit bezeichne ich in einer anderen Perspektive das Schaffen von Tat-Sachen, wobei Gegenstände oder Symbole hergestellt und/oder verwendet werden.

Beispiel:
Sammeln und Jagd - wie sie A. Leontiew im Auge hat - sind zunächst sehr unentwickelte Beispiele, die die Anfangszeit der Menschwerdung hervorheben, indem die Orte der ursprünglichen Werkzeugproduktion bezeichnet werden.
Kritik:
Sammeln und Jagd sind auch als Motive auf ziemlich primitiver Stufe. Es geht um - unmittelbare - Nahrungsbeschaffung, was jedes Tier auch leisten muss. Der menschliche Aneignungsprozess reflektiert die Aneignung in Form von Mitteln die zum Zweck werden und schliesslich in ein Selbstverständnis münden, das dann das grundlegenste Motiv jeder Tätigkeit darstellt.

siehe herstellende Tätigkeit


Anmerkungen:

A. Leotjew schreibt:
"Die Psychologie des Menschen befaßt sich mit der Tätigkeit konkreter Individuen, die entweder unter den Bedingungen offener Kollektivität verläuft, inmitten von Menschen, zusammen und in Wechselwirkung mit ihnen, oder in Konfrontation mit der gegenständlichen Umwelt, an der Töpferscheibe oder am Schreibtisch."
ich nehme das Wort "Töpferscheibe" sehr wörtlich und den Schreibtisch als Milieuangabe für die Text-Herstellung
"Das grundlegende, oder wie man mitunter sagt, das konstituierende Merkmal der Tätigkeit ist ihre Gegenständlichkeit. Eigentlich ist im Begriff Tätigkeit implizit der Begriff ihres Gegenstandes enthalten. Der Ausdruck "gegenstandslose Tätigkeit" ist ohne jeden Sinn. Eine Tätigkeit kann gegenstandslos erscheinen, die wissenschaftliche Untersuchung der Tätigkeit erfordert jedoch unabdingbar die Aufdeckung ihres Gegenstands. Dabei tritt der Gegenstand der Tätigkeit auf zweierlei Weise in Erscheinung: primär in seiner unabhängigen Existenz, ||85| indem er sich die Tätigkeit des Subjekts unterordnet und umgestaltet, sekundär als Abbild des Gegenstands, als Produkt der psychischen Widerspiegelung seiner Eigenschaften, die nur durch die Tätigkeit des Subjekts erfolgt und auf andere Weise nicht verwirklicht werden kann." (S.84f, resp S. 41 in der online-Version)

Aber gerade die Veränderung der Natur durch den Menschen, nicht die Natur als solche allein, ist die wesentlichste und nächste Grundlage des menschlichen Denkens, und im Verhältnis, wie der Mensch die Natur verändern lernte, in dem Verhältnis wuchs seine Intelligenz. F. Engels, Naturdialektik, MEW 20, 498.


In den Arbeitswissenschaften gibt es sehr unterschiedliche Vereinbarungungen
R. Keil-Slawik (1985, 111f) unterscheidet Tätigkeit - Aufgabe in Anlehnung an seine Unterscheidung Handlung - Operation.

Sehr verbreitet ist die difffuse Vorstellung, wonach Tätigkeit für übergeordnete Verhaltenseinheiten oder ganze Handlungsketten steht. Tätigkeiten verfolgen dann ein ”Oberziel”, das – insbesondere im Arbeitsprozess – als ”Quasibedürfnis” ein Motiv vertritt. Die Tätigkeiten werden in Handlungen verwirklicht.
Bei antriebsunmittelbaren, beispielsweise affektiven, impulsiven oder reflektorischen Handlungen geht der Antriebsimpuls (z.B. Affekt) unmittelbar, d.h. ohne Handlungsvorbereitungsphase, in die Handlungsausführung über. Dagegen ist bei den im Alltag vorherrschenden antriebsmittelbaren Handlungen zwischen Antrieb und Handlungsausführung eine Vorbereitungsphase zwischengeschaltet, die insbesondere der Ziel-, Maßnahmen- und Mittelerwägung sowie Mittelauswahl dient.
Oftmals sind sie nicht durch Bedürfnisse (beispielsweise Hunger) angestoßen, sondern durch ”Oberziele” bzw. ”Quasibedürfnisse” (z.B. das Ziel, sich Wissen für später anzueignen; Lewin, 1926).

Dabei gibt es eine tiefe Entsprechung zwischen diesen Gedanken und der 1972vom Kybernetiker Heinz von Foerster formulierten Forderung an die WISsenschaft: EineBeschreibung des Universums bedarf einer Beschreibung des «Beschreibers», also des Beobachters, dessen Beschreibung als Lebewesen den Biologenzufällt. Der «Beobachter» - ein Lebewesen-in-der" Sprache - wird in den Mittelpunkt jeden Verstehens und jeder Realitätsauffassung gestellt. Realität ergibt sich dabei ans dem erkennenden Tun des Beobachters, der Unterscheidungen trifft und somit den Einheiten seiner Beobachtung Existenz verleiht. Varela nennt diesen kognitiv-kreativen Prozeß das «Ontieren» - Daseinschaffen - einer Welt. Realität erweist sich als ein Konzept. Allerdings brauchen wir nicht auf den Begriffzu verzichten, wenn wir ihn in ..
[...] Allem anderen übergeordnet steht immer wieder das erkennende Tun des Beobachters, dem seine Erkenntnis sozial bindend und ethisch verpflichtend werden, da diese infolge der gemeinsamen biologischen Beschaffenheit des Menschen in ihrer Koordination mit anderen Menschen gemeinschaftlich Kurt Ludewig (Übersetzer des Maturana-Baum) im Vorwort


Meditation ist eine Art Abwesenheit von Tätigkeit.

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