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Selbstverständigung ist ein Ausdruck für ein Konzept von K. Holzkamp, in welchem er sich mit der individuellen Gestatung des Leben, der Lebensführung befasst.

Literatur:
K. Holzkamp, in welchem er sich mit der individuellen Gestaltung des Leben befasst.

"Wir überließen das Manuskript der nagenden Kritik der Mäuse um so williger, als wir unsern Hauptzweck erreicht hatten – Selbstverständigung.“ (Marx, MEW 13: 10).
"Mit den Bänden Das Kapital wurde Karl Marx zum Autor der zentralen Analyse der Bewegungsgesetze des kapitalistischen Systems im 19. Jahrhundert (vornehmlich in England). Angeregt wurde er – was oft vergessen wird – durch eine skizzenhafte ökonomische Analyse Friedrich Engels´ Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie (1844; von Marx „geniale Skizze“ genannt)."

Durch eine gemeinsame Schrift von 1845, die der eigenen Selbstverständigung zwischen Marx und Engels galt, der Deutschen Ideologie, gelten heute beide gleichermaßen als Begründer des Wissenschaftlichen Sozialismus.

https://philosophenstuebchen.wordpress.com/2014/06/27/soziale-selbstverstaendigung/

http://wiki.zw-jena.de/index.php?title=Soziale_Selbstverst%C3%A4ndigung


 

DAS ARGUMENT 212/1995 Alltägliche Lebensführung als subjektwissenschaftliches Grundkonzept 835

"... wenn man bei einem anderen Konzept beginnt, das von uns bisher stets mitgedacht, aber kaum explizit thematisiert worden ist: dem (von Marx geprägten) Begriff der »Selbstverständigung« als zentraler Intention subjektwissenschaftlichen Erkenntnisinteresses, der damit probeweise als die gesuchte »Keimzelle« für die weitere Gedankenentwicklung eingeführt sei.
»Selbstverständigung«, dies bedeutet vor allem anderen »Verständigung mit mir selbst« über ein von mir Gemeintes, hier: über »Lebensführung«: Ich bin darauf aus, etwas, das ich schon »irgendwie weiß«, für mich reflexiv faßbar, das Implizite explizit, das Undeutliche deutlich zu machen, also (mit einem schönen Ausdruck von Hugh Mehan, 1979, 176) mein »verschwiegenes Wissen« (»tacit knowledge«) in »gewußtes Wissen« zu verwandeln. Damit ist – indem hier bisher nicht klar Gesagtes (vielleicht Unsagbares) »zur Sprache gebracht« werden soll – potentiell auch der Andere in den Selbstverständigungsprozeß einbezogen, er ist aufgefordert oder es ist ihm anheimgestellt, meinen Versprachlichungsversuch bei sich nachzuvollziehen, um herauszufinden, ob er damit auch zu größerer Klarheit, etwa über »Lebensführung«, zu gelangen vermag. In diesem, und nur in diesem Sinne bedeutet das Interesse an »Selbstverständigung« auch ein Interesse an der »Verständigung« mit anderen, um so eine gemeinsame Sprache über ein dennoch stets nur »je mir selbst« Gegebenes zu finden: Dies ist gemeint, wenn wir zur Kennzeichnung Ansatzes von »je meinem« Standpunkt bzw., »je meiner« Perspektive als »verallgemeinertem Subjektstandpunkt« reden (vgl. etwa Holzkamp 1991; aus den Anklängen an Heideggersche Redeweisen sollten hier keine weitergehenden Entsprechungen abgeleitet werden). Im Kontext des Erkenntnisinteresses an (gemeinsamer) »Selbstverständigung« kann demnach – dies eine wesentliche Konsequenz – keiner den anderen zum Objekt machen, weil er ihn damit aus dem gemeinsamen Selbstverständigungsprojekt ausschließen würde: Der hier gesetzte intersubjektive Verständigungsrahmen ist, im Kontext der Selbstverständigungs-Intention grundsätzlich nicht unterschreitbar. Dies bedeutet auch, daß im subjektwissenschaftlichen Forschungsansatz die Besonderheit der wissenschaftlichen Position bzw. der Position des »Wissenschaftlers« niemals durch die Definition eines von dieser gegenüber den Betroffenen eingenommenen »Außenstandpunkts« jenseits des intersubjektiven Verständigungsrahmens, sondern nur innerhalb dieses Rahmens herausgehoben werden kann – dies ist das »Mitforscher- Verhältnis«, auf das wir noch zurückkommen.²
Wenn ich ein Interesse an »Selbstverständigung« habe, so ist dabei impliziert, daß es hier für (je) mich tatsächlich etwas zu »verstehen« gibt, was nicht ohnehin auf der Hand liegt, daß also in und hinter scheinbar Unproblematischem und »Eindimensionalem« wie »alltäglicher Lebensführung« (die schließlich jeder kennt) Probleme und Problematiken verborgen sind, die – um offenbar und »sagbar« zu werden – eben der Anstrengung eines (gemeinsamen) Selbstverständigungsprojektes bedürfen. Gegenüber tatsächlich »unproblematischen« Sachverhalten (wenn es die denn gibt) mögen andere Forschungsansätze versuchen, ein darauf bezogenes Erkenntnisinteresse zu begründen: Sie liegen jedenfalls nicht im Bereich des Erkenntnisinteresses psychologischer Subjektwissenschaft. Die damit angesprochene Differenz bis Widersprüchlichkeit zwischen dem scheinbar »Naheliegenden« und den erst durch Selbstverständigung offenzulegenden umfassenderen oder »tieferen« Strukturzusammenhängen hat in der Kritischen Psychologie zu einer dualen Grundbegrifflichkeit geführt, die stets in irgendeiner Weise auf das Begriffspaar »Unmittelbarkeitsverhaftetheit« vs. »Unmittelbarkeitsüberschreitung« zurückgeht, und durch die die jeweils angesprochenen Aspekte der individuellen Erfahrung in zwei Versionen konzeptualisierbar werden, als Umschreibung und Verdoppelung des »Naheliegenden« und als begriffliche Mittel zu dessen Durchdringung (auf der kognitiven Ebene etwa als »Deuten«, vs. »Begreifen«, auf der sozialen Ebene als »Instrumentalbeziehungen« vs. »Subjektbeziehungen« etc.; vgl. Holzkamp 1983, Kap. 7.5).


 

Selbstverständigung bedeutet Verständigung mit mir selbst über ein von mir Gemeintes. Ich bin darauf aus, etwas, das ich schon irgendwie weiss, für mich reflexiv faßbar, das Implizite explizit, das Undeutliche deutlich zu machen, also mein tacit knowledge in gewußtes Wissen zu verwandeln. Damit ist - indem bisher nicht klar Gesagtes (vielleicht Unsagbares) zur Sprache gebracht wird - auch der Andere in den Selbstverständigungsprozess einbezogen, er ist aufgefordert oder es ist ihm anheimgestellt, meinen Versprachlichungsversuch bei sich nachzuvollziehen, um herauszufinden, ob er damit auch zu grösserer Klarheit zu gelangen vermag. Nur in diesem Sinne bedeutet das Interesse an Selbstverständigung auch ein Interesse an der Verständigung mit anderen, um so eine gemeinsame Sprache über ein dennoch stets nur je mir selbst Gegebenes zu finden.


 
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