Luhmann-Glossar:
Kommunikation
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Kommunikation im Hyperlexikon
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In der Theorie von N. Luhmann ist Kommunikation ein zentrales Konzept. Was er damit bezeichnet, beschreibt er explizit beispielsweise in Was ist Kommunikation?.

Im Aufsatz "Was ist Kommunikation?" kritisiert N. Luhmann die Vorstellung, wonach Menschen "kommunizieren", ohne dass er in einem begrifflichen Sinn erläutert, was damit gemeint wäre. Er schreibt aber, dass Kommunkation keine Handlung sei, die einem Meschen zugeschrieben werden kann, sondern ein Systemprozess.

Im Unterschied zur Kybernetik, wo Kommunikation - als Systemprozess - der Regelung dient, hat Kommunikation bei N. Luhmann keine bezeichnete Funktion, sondern bezeichnet den konstituierenden Prozess der Autopoiese sozialer Systeme - etwa so, wie die Seele für das Leben steht. "Ähnlich wie Leben ist auch Kommunikation eine em ergente Realität, ein Sachverhalt sui generis." Das soziale System zeigt sich als Kommunikation, worin beispielsweise gesagt wird, dass in der Kommuikation von Soziologie gesprochen wird und dort von Kommunikation. Dabei geht es nicht darum, dass Menschen miteinander sprechen oder umgangssprachlich kommunizieren - , sondern darum, dass stattfindet, dass Aussagen an Aussagen anschliessen, solange die Kommunikation läuft. Wenn kein Anschluss erfolgt hört die Kommunikation auf. Was gesagt wird, spielt keine Rolle. Nur ein Beobachter kann dem Gesagten Bedeutung zuweisen.

Der Prozess lässt sich aber definieren: Es sind drei Aspekte: nämlich Selektion einer Information, Selektion der Mitteilung dieser Information und selektives Verstehen dieser Mitteilung und ihrer Information. Der gemeinte Anschluss ist nicht zufällig, sondern beruht darauf, dass er provoziert wird, wozu eine Mitteilung einer Information erkannt werden muss. Es muss gemerkt werden, dass es eine Mitteilung ist und dass etwas mitgeteilt wird. Beides ist dann der Fall, wenn darauf reagiert oder eben daran angeschlossen wird, was als verstehen der Situation bezeichnet wird. Verstehen bedeutet also nicht, dass die Nachricht "verstanden wird, sondern dass verstanden wird, dass es sich um eine Nachricht handelt, auf die reagiert werden kann.

Anmerkung:
Die Sprache von N. Luhmann ist etwas eigen. Er sagt Information, was zur Umgangssprache gehört, die er kritisieren will. Gemeint ist wohl die Nachricht, die mitgeteilt wird. Und er lässt offen, wie dieser Tatbestand in einem konventionellen Sinn beobachtet werden kann. "Boebachten" heisst bei N. Luhmann nicht wahrnehmen, sondern eine Unterscheidung zu bezeichnen.
N. Luhmann unterschlägt, wer etwas als Anschluss beobachtet. Wenn ich auf eine Aussage reagiere, ist der Anschluss passiert, weil und indem dass ich reagiert habe. Ob ich reagiert habe, lässt sich nur durch die Verknüpfung der Informationen deuten.
Ich gebe ein Beispiel:
Ich höre oder lese: Wie warm wird es heute werden? Dann höre oder lese ich als nächstes: etwa 22 Grad. Der zweite Satz scheint mir als Antwort, weil er - in meiner Auffassung - zum ersten Satz passt. Ich nehme an, dass er nicht zufällig er-folgt.
Diese Kommunikation muss niemandem zugerechnet werden, um eine Kommunikation zu sein. Aber natürlich muss jemand - N. Luhmann sagt, ein Bewusstsein - den Sinn erkennen, um einen Anschluss festzustellen.

Soziale Systeme sind genau dadurch sozial, dass sie kommunizieren. Handlungen brauchen keine Anschlüsse und begründen deshalb keine Sozietät. Umgekehrt fasst aber N. Luhmann bespielsweise das Bezahlen an der Kasse eines Geschäftes nicht als Handlung, sondern als Kommunikation auf, weil es auf etwas reagiert, In seinem Wirtschaftssystem muss nicht gesprochen sondern bezahlt werden. Geld fungiert dabei als Medium, mittels welchem Anschluss möglich ist. Und bei Geld ist ja auch klar, dass es weitergehen muss.

Anmerkung:
Geld beründet die Evidenz der Logik von N. Luhmann's Kommunikationstheorie, weil Geld für die Gesellschaft steht, in welcher sie die Theorie von N. Luhmann autopoietisch hervorgebracht hat.

Eine nachgelieferte Unterscheidung betrifft die Wahrnehmung, die nicht kommuniziert wird, und deshalb nicht sozial ist. "Wenn und soweit diese Trennung der Selektionen nicht vollzogen wird, liegt eine bloße Wahrnehmung vor. Es ist von erheblicher Bedeutung, an der Unterscheidung von Wahrnehmung und Kommunikation festzuhalten."

"Du verstehst mich nicht" als verstehen, also als Anschliessen mit der Suggestion, das Problem sei durch Kommunikation über Kommunikation zu lösen.

Bühler, Austin, Searle und Habermas verwenden das Trippel auch, aber als Handlung, bei welcher Verstehen gelingen kann. Hier geht es nicht um Akte, sondern um Funktionen der "sozial gemeinten" Kommunikation. "Es gibt keine Information ausserhalb der Kommunikation, es gibt keine Mitteilung ausserhalb der Kommunikation, es gibt kein Verstehen ausserhalb der Kommunikation".

Anmerkung:
So wird deutlich, dass mit Kommunikation nicht der Regelungsprozess eines Systems gemeint ist, sondern die - wie auch immer relativierte - Mitteilung, die verstanden werden muss.
Man braucht dafür einen Informationsbegriff, der fern jeder Kybernetik und Shannons Kommunikationstheorie, aber dem gesunden Menschenverstand bestens vertraut ist. Die gesunde Menschenvertand macht dann auch mit Bezug auf Luhmann das Gespräch zwischen Maschinen und Menschen möglich.

Die Kommunikation hat keinen Zweck.

Anmerkung:
Diese Aussage ist ohne Inhalt. Leben hat keinen Zweckt. Und Lebewesen haben keinen Zweck. Aber was besagt das - jenseits der Abwehr einer Zweckzurechnung, etwa als Arbeitskraft? Man müsste fragen, ob Kommunikation eine Funktion erfüllt und - allenfalls - welche.

"Die Kommunikation sucht keinen Konsens, man kann auch streiten wollen".

Anmerkung:
diese Aussage ist unsinnig, respektive sie unterstellt einen Handlungszusammenhang im Sinne von J. Habermas. Dass J. Habermas mit seiner Argumentation nicht recht hat, sagt nichts über die Kommunikation, die N. Luhmann meint.

"Kommunikation ist riskant".

Anmerkung:
Auch hier bleibt absolut unklar, für wen ein Risiko oder eine Gefahr besteht. Für die Kommunikation gibt es die "Gefahr" - wenn man blöd will - dass sie abbricht. Aber soll soll ihr das antun? Ein Risiko gibt es gar nicht. Es gibt keine Option, die das Abbrechen verhindern könnte.

Allerdings gilt auch hier wieder, dass Menschen in komplizierte Lagen gebracht werden können, in Abhängigkeit davon, wie die Kommunikation verläuft. Die Gefahr betrifft dann aber Menschen, die in der Theorie keine Rolle spielen.

Hier ist der Aufsatz noch lange nicht fertig, aber "Was Kommunikation ist" wird nicht mehr deutlicher.

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