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Maturana, Humberto: Biologie der Realität

389 S. 2000. Suhrkamp-Tb. Wissenschaft (1502), Kartoniert SFr. 26.00, 3-518-29102-5

Klappentext
Ein genialischer Welt- und Seinsentwurf.

Textstellen:

Alle lebenden Systeme, auch wir Menschen als homo sapiens, leben „in zwei sich nicht überschneidenden Existenzbereichen (..), in dem, in dem sich unsere Körperlichkeit realisiert, und in dem anderen, in dem wir unsere Beziehungen realisieren.“
Als Beobachter dagegen existieren wir ausschließlich „im Bereich unserer Beziehungen (..), nicht im Bereich unserer Körperlichkeit, auch wenn wir uns in unseren Beziehungen durch unsere Körperlichkeit realisieren.“ (a. a. O.)
„Wenn wir als menschliche Wesen in Sprache existieren, wenn wir als Beobachter in unseren relationalen Dynamiken in Sprache operieren, dann besteht den Beobachter und den Prozess des Beobachtens zu erklären darin, einen generativen Mechanismus vorzuschlagen, durch dessen Operieren sich unser Körper-Sprachhandeln ergibt und mit ihm rekursives Operieren in Sprache und die Konstitution des Beobachtens und des Beobachters. Wenn das geschehen ist, dann ist nichts mehr notwendig. Die Schwierigkeit, der man hier begegnet, entsteht durch die Schwierigkeit, akzeptieren zu können, dass der Beobachter und das beobachtete Operationen sind, nicht Objekte ist einer unabhängigen Existenz.“(S. 14)


Maturana über den Trialog… Publiziert am 13. Juni 2014 von Apollon Trialog funktioniert nicht für jede(n)…

“Es geht um zwei unterschiedliche Einstellungen, zwei Wege des Denkens und Erklärens. Die eine Einstellung nenne ich Objektivität ohne Klammern. Hier setzt man die beobachterunabhängige Existenz der Objekte voraus, die – so nimmt man an – erkannt werden können. Man glaubt an die Möglichkeit einer externen Validierung der eigenen Aussagen. Diese Validierung verleiht dem, was man sagt, Autorität und eine fraglose, auf Unterwerfung zielende Gültigkeit. Sie führt zur Negierung all derjenigen, die den “objektiven” Feststellungen nicht zustimmen. Man ist nicht bereit, ihnen zuzuhören, will sie nicht verstehen. Die fundamentale Emotion, die hier regiert, handelt von der Autorität des als universal geltenden Wissens. Man lebt im Bereich transzendentaler Ontologien, die einander ausschließen: Jede dieser Ontologien erfasst vermeintlich die objektive Realität; das Sein erscheint als unabhängig von der eigenen Person und dem eigenen Tun. Die andere Einstellung bezeichne ich als Objektivität in Klammern; die emotionale Basis besteht hier darin, dass man die Gesellschaft des anderen genießt. Die Frage nach dem Beobachter wird vollkommen akzeptiert, und man versucht, sie zu beantworten: Die Unterscheidung von Objekten und die Erfahrung des Seins werden gemäß diesem Erklärungsweg nicht geleugnet, aber der Verweis auf die Objekte bildet nicht die Basis von Erklärungen, sondern es ist die Kohärenz von Erfahrungen mit anderen Erfahrungen, die die Grundlage der Erklärungen darstellt. Der Beobachter wird aus dieser Sicht zur Quelle aller Realitäten, er bringt diese selbst durch seine Unterscheidungsoperationen hervor. Es ist der Bereich der konstitutiven Ontologien, den man hier betritt: Das Sein konstituiert sich durch das Tun des Beobachters. Wenn man diesem Erklärungsweg folgt, dann wird einem bewusst, dass man sich keineswegs im Besitz der Wahrheit befindet und dass es zahlreiche mögliche Realitäten gibt. Sie sind für sich genommen alle legitim und gültig, aber natürlich nicht in gleichem Maße wünschenswert. Folgt man diesem Erklärungsweg, dann verlangt man nicht die Unterwerfung des anderen, sondern man hört ihm zu, man möchte die Zusammenarbeit, man sucht das Gespräch und will herausfinden, unter welchen Umständen, das, was der andere sagt, Gültigkeit besitzt. Als wahr erscheint eine Aussage dann, wenn sie den Valitäitätskriterien des jeweiligen Realitätsbereichs genügt.” (Maturana, Humberto R. / Pörksen, Bernhard (2008): Vom Sein zum Tun. Die Ursprünge der Biologie des Erkennens. 2. Auflage. Heidelberg, S. 39-40.)

Keine Angst und keine Schuld.