Diskussion:AG2 MMK 2014: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | == Thesenpapier von Arne Harder == | ||
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+ | <p>Im Moderationspapier wird skizziert, dass viele Organisationsprozesse sowie technische Prozesse entweder für die Betrachter völlig unsichtbar ablaufen, oder diese so komplex ausfallen, dass sie kaum in einfachen Worten oder Formeln zu beschreiben sind. Es wird gefragt, inwieweit eine solche Prozessbeschreibung überhaupt notwendig ist, um das Funktionieren zu garantieren.</p> | ||
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+ | <p>Meiner Ansicht nach können Prozesse für die Anwender so lange unsichtbar bleiben, wie sie reibungslos ablaufen. Im Störungsfall aber sollten sie in genau dem Grade sichtbar werden, der zur Herstellung des reibungslosen Ablaufes notwendig ist.</p> | ||
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+ | <p>Welcher Grad das ist, hängt von den Störungen und von den Anwendern ab. In Interessenkonflikten sind Regeln nötig, die den Erhalt des Kernsystems garantieren. Das gilt für politische Prozesse oder Konfliktlösungen ebenso wie für die Planung von Maschinen oder Computern.</p> | ||
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+ | <p>Schlicht gesagt: Wenn wir uns alle tothauen, gibt's keine reibungslos laufenden Prozesse mehr. Es fehlen die Menschen, die sie nutzen.<br /> | ||
+ | Und ein Rechner, der beim Reparieren völlig "den Geist" aufgibt, bloß weil eine Komponente nicht wunschgemäß funktioniert, nützt auch niemandem.</p> | ||
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+ | <h3>Inklusive Prozesse</h3> | ||
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+ | <p>Definition: Einen Prozess, den möglichst viele Menschen mit möglichst unterschiedlichen Voraussetzungen mittelbar oder unmittelbar steuern können, nenne ich "inklusiv".</p> | ||
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+ | Inklusion und Accessibility (weitgehend synonym: Gebrauchstauglichkeit und Nutzertauglichkeit)</h3 | ||
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+ | <a href="http://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf">UN Behindertenrechtskomvention</a> | ||
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+ | <p>Accessibility bzw. Usability wird für viele technischen Angebote seit längerer Zeit gefordert, und es gibt eine Menge von Standards, die das garantieren sollen. Sie stehen weitgehend auf Papier und sind einigermaßen im Web für viele zugänglich -— und das war's dann fast auch schon.</p> | ||
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+ | <p>All das betrifft vergleichsweise selten die Prozesse, die sich beim Arbeiten mit den Geräten ergeben. Man kann auch nicht davon ausgehen, dass einfach zu bedienende Geräte zu einfach zu bedienenden Prozessen führen. Wie sinnvoll ist es dann, neben allgemein nutzertauglichen Geräten und allgemein nutzertauglichen Ergebnissen der Arbeit von Geräten, Programmen usw. auch noch inklusive, also allen zugängliche Prozesse zu fordern?</p> | ||
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+ | <p>Es ist in sofern notwendig, als die Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention und hoffentlich auch der Wertewandel in der Gesellschaft verlangt, dass die Prozesse für alle wenigstens grob "einsehbar" und steuerbar werden. Das heißt meiner Ansicht nach keineswegs, dass jetzt mechanische Uhren so hergestellt werden müssen, dass ein Blinder sie selbständig reparieren kann, wenn sie stehen bleiben. Es sollte aber möglich sein, festzustellen, dass wirklich etwas kaputt ist, und wo es kompetent repariert wird. Bei mechanischen Geräten ist dies fast jedem Menschen jederzeit möglich. Selbst ein Mensch mit großen Lernschwierigkeiten sieht, wenn die Uhr nicht mehr geht und hört, wenn sie aufhört, zu ticken. Kann er sie nicht mehr aufziehen, oder fängt auch nach dem Aufziehen das Ticken nicht mehr an, dann muss sie halt zum Uhrmacher. Der wird meistens dafür sorgen, dass sie wieder wunschgemäß läuft. Aber wie viel schwieriger ist das, wenn es um Computer, Netzwerke, Betriebsabläufe usw. geht? Wissen wir Menschen mit der vollen geistigen Grundausstattung wirklich immer, wer für uns zuständig ist und wie er uns helfen wird?</p> | ||
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+ | <h3>Thesen</h3><ol> | ||
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+ | <li>Ein Prozess kann in der Praxis als ausreichend inklusiv bezeichnet werden, wenn alle Menschen ihn unter Nutzung der allgemein zugänglichen Hilfsmaßnahmen steuern bzw. beeinflussen können.</li> | ||
+ | <li>Je komplexer die Gesellschaft wird, desto eher trägt es zu deren Erhalt bei, wenn die in ihr laufenden technischen wie nicht technischen Prozesse weitgehend inklusiv ablaufen.</li></ol> | ||
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== Thesenpapier von Peter Brödner: Soziale Praktiken – sprachlos und gleichwohl wirkmächtig == | == Thesenpapier von Peter Brödner: Soziale Praktiken – sprachlos und gleichwohl wirkmächtig == | ||
Version vom 5. September 2014, 09:47 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Thesenpapier von Arne Harder
- 2 Inklusive Prozesse gesucht!
- 2.1 Ausgangspunkt
- 2.2 Inklusive Prozesse
- 2.3 Erläuterung: Inklusion und Accessibility (weitgehend synonym: Gebrauchstauglichkeit und Nutzertauglichkeit)</h3 Das Wort Inklusion wird durch die <a href="http://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf">UN Behindertenrechtskomvention</a> definiert. Jeder Mensch soll danach unabhängig von seinen Voraussetzungen an der Gesellschaft in vollem Umfang an allen Rechten und Pflichten teilhaben können. Wie schwierig es ist, dieses Recht auf volle Teilhabe aller Menschen in einer Welt durchzusetzen, die Effizienz und Konkurrenz als Zentralwerte betrachtet, habe ich selbst einmal zu skizzieren versucht. Sie finden Näheres in meinen <a href="http://www.med.uni-magdeburg.de/~harder/inklusion.html">unorthodoxen Gedanken zur Philosophie der Inklusion.</a> Accessibility bzw. Usability wird für viele technischen Angebote seit längerer Zeit gefordert, und es gibt eine Menge von Standards, die das garantieren sollen. Sie stehen weitgehend auf Papier und sind einigermaßen im Web für viele zugänglich -— und das war's dann fast auch schon. All das betrifft vergleichsweise selten die Prozesse, die sich beim Arbeiten mit den Geräten ergeben. Man kann auch nicht davon ausgehen, dass einfach zu bedienende Geräte zu einfach zu bedienenden Prozessen führen. Wie sinnvoll ist es dann, neben allgemein nutzertauglichen Geräten und allgemein nutzertauglichen Ergebnissen der Arbeit von Geräten, Programmen usw. auch noch inklusive, also allen zugängliche Prozesse zu fordern? Es ist in sofern notwendig, als die Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention und hoffentlich auch der Wertewandel in der Gesellschaft verlangt, dass die Prozesse für alle wenigstens grob "einsehbar" und steuerbar werden. Das heißt meiner Ansicht nach keineswegs, dass jetzt mechanische Uhren so hergestellt werden müssen, dass ein Blinder sie selbständig reparieren kann, wenn sie stehen bleiben. Es sollte aber möglich sein, festzustellen, dass wirklich etwas kaputt ist, und wo es kompetent repariert wird. Bei mechanischen Geräten ist dies fast jedem Menschen jederzeit möglich. Selbst ein Mensch mit großen Lernschwierigkeiten sieht, wenn die Uhr nicht mehr geht und hört, wenn sie aufhört, zu ticken. Kann er sie nicht mehr aufziehen, oder fängt auch nach dem Aufziehen das Ticken nicht mehr an, dann muss sie halt zum Uhrmacher. Der wird meistens dafür sorgen, dass sie wieder wunschgemäß läuft. Aber wie viel schwieriger ist das, wenn es um Computer, Netzwerke, Betriebsabläufe usw. geht? Wissen wir Menschen mit der vollen geistigen Grundausstattung wirklich immer, wer für uns zuständig ist und wie er uns helfen wird? Thesen
- 3 Thesenpapier von Peter Brödner: Soziale Praktiken – sprachlos und gleichwohl wirkmächtig
- 4 Thesenpapier von Gunter Dubrau
Thesenpapier von Arne Harder
Inklusive Prozesse gesucht!
Ausgangspunkt
Im Moderationspapier wird skizziert, dass viele Organisationsprozesse sowie technische Prozesse entweder für die Betrachter völlig unsichtbar ablaufen, oder diese so komplex ausfallen, dass sie kaum in einfachen Worten oder Formeln zu beschreiben sind. Es wird gefragt, inwieweit eine solche Prozessbeschreibung überhaupt notwendig ist, um das Funktionieren zu garantieren.
Meiner Ansicht nach können Prozesse für die Anwender so lange unsichtbar bleiben, wie sie reibungslos ablaufen. Im Störungsfall aber sollten sie in genau dem Grade sichtbar werden, der zur Herstellung des reibungslosen Ablaufes notwendig ist.
Welcher Grad das ist, hängt von den Störungen und von den Anwendern ab. In Interessenkonflikten sind Regeln nötig, die den Erhalt des Kernsystems garantieren. Das gilt für politische Prozesse oder Konfliktlösungen ebenso wie für die Planung von Maschinen oder Computern.
Schlicht gesagt: Wenn wir uns alle tothauen, gibt's keine reibungslos laufenden Prozesse mehr. Es fehlen die Menschen, die sie nutzen.
Und ein Rechner, der beim Reparieren völlig "den Geist" aufgibt, bloß weil eine Komponente nicht wunschgemäß funktioniert, nützt auch niemandem.
Inklusive Prozesse
Definition: Einen Prozess, den möglichst viele Menschen mit möglichst unterschiedlichen Voraussetzungen mittelbar oder unmittelbar steuern können, nenne ich "inklusiv".