Rentenmark. im November 1923        zurück ]      [ Stichworte ]      [ Literatur ]      [ Die Hyper-Bibliothek ]      [ Systemtheorie ]              [ Meine Bücher ]

Hier geht es um die Einführung von Geld

aus: https://www.pufendorf-gesellschaft.org/single-post/2018/01/02/Todeskuss-f%C3%BCr-Homo-Oeconomicus

Nichts beleuchtet die Sehnsucht nach Geld als sinnstiftender Polarisierung in der Warengesellschaft besser als das sogenannte Wunder der Rentenmark im November 1923.

Die Rentenmark basierte auf verzinslichen Schuldverschreibungen der neu gegründeten Rentenbank, für deren Bonität der Idee nach quasi der gesamte deutsche landwirtschaftliche und gewerbliche Grundbesitz mittels Hypotheken und Grundschulden haften sollte. Wie auch immer man sich den Verkauf des gesamten deutschen landwirtschaftlich und kommerziell genutzten Bodens als Kompensation für in einer wertlosen Währung geschuldeten Zins aus Inhaberschuldverschreibungen (Zinspapieren) konkret vorzustellen gehabt hätte – funktionierte die Rentenmark, käme es nicht zur Haftung, funktionierte sie nicht, gäbe es nichts mehr, wofür zu haften wäre – wichtiger als die angeblich materielle Besicherung war der durch die umfassende Haftung vermittelte Eindruck der gesellschaftlichen Totalität, der den inflationsgeplagten Deutschen erstmals wieder eine durch Geld vermittelte Selbstwahrnehmung als Gesellschaft ermöglichte.

Die Rentenmark, mit der die Inflation tatsächlich schlagartig zum Erliegen kam, ist das Ergebnis eines sich selbst konstituierenden Vertrauens, mit der sich eine Gesellschaft – frei nach Münchhausen - selbst aus dem Sumpf zieht. Vertrauen schafft Geld und Geld schafft Vertrauen (schafft Geld etc.).

Die ketzerische Erkenntnis, dass Geld für moderne Warengesellschaften dasselbe ist, was der Gott Abrahams für Israel war, nämlich konstitutiv für das eigene Bewusstsein als gesellschaftliches Kollektiv, lässt für den Euro wenig Hoffnung.

Ihm fehlt als technokratisches Projekt jede Dramatik der gesellschaftlichen Geburt und der Geburt einer Gesellschaft.


 
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