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Die Konstitution der Bibliothek

Als Konstitution oder Zeugung der Bibliothek bezeichne ich den Prozess, in welchem sich die Bibliothek als System entfaltet und mithin die Handlungen, durch welche erste Dokumente als Bibliothek organisiert werden. Diese Handlungen sind systemtheoretisch gesehen Operationen, die im Handlungszusammenhang "Bibliothek" gedeutet werden, wodurch die Handelnden (Prozessoren) als Bibliothekare erscheinen und das von ihnen Behandelte (Produkt) als Bibliothek im artefaktischen Sinne.


 

Anweisungen an potentielle Bibliothekare:
 
Produziere eine Menge von Texten, gib ihnen einen adressierbaren Ort und setze sie in "bibliothekhafte" Beziehungen !

    

Der maximale Fall: Die Bibliothekare von Alexadria planten von jedem existierenden Text, wenn nicht das Original, dann wenigstens eine Kopie in ihrer Bibliothek zu haben. Sie bauten das legendäre - leider abgebrannte - Bibliotheksgebäude in Alexandria und schickten Schiffe mit Sklaven in alle Welt, um die Texte zusammenzutragen. Auf den Schiffen waren Soldaten, die die Bücher als Beute erobern, und Schriftgelehrte, die die Bücher, die nicht zu erobern waren, wenigstens abschreiben sollten. Insgesamt handelte es sich um ein grösseres Projekt, in dessen Folge sich Alexander als Alexander der Grosse bezeichnete, während Diogenes sich über den Projektewahn insgesamt zu amüsieren begann.
 
Der minimale Fall: Ich verwende einen Text, den ich bereits habe, eröffne ein Register mit einem Verweis auf diesen Text und stelle beide Texte auf einen Server, den ich Bibliothek nenne.


 

Umsetzung:
 
Erzeuge auf einem www-Server, der über ein URL ansprechbar ist, einen Ordner "Hyperbibliothek".
 
Erzeuge aus einem vorhandenen Text eine HTM-Datei und kopiere die Datei mittels FTP in den Ordner "Hyperbibliothek".
 
Eröffne eine Register-Datei (ebenfalls eine HTM-Datei), mache darin einen Link auf die andere Datei und kopiere sie in die "Hyperbibliothek"

    

Natürlich sind auch diese konkreten Anweisungen relativ kompliziert. Sie richten sich an "Bibliothekare", die den Crash-Kurs Internet (Homepage / HTML) bereits absolviert haben und deshalb (oder unabhängig davon) bereits wissen, was die verwendeten Ausdrücke "HTM", "Server", "Link" usw. im hier gemeinten operative Sinn bedeuten.

Im hier vorliegenden Fall heisst der Ordner aus nachvollziehbaren Gründen "crashkurs_hyperbibliothek" und ist unter der URL: "http://www.hyperkommunikation.ch/bibliothek/bibliothek/crashkurs_hyperbibliothek/" zu finden. Man kann also den Ordner beliebig nennen, wie die Bibliotheken ja auch beliebige Namen, beispielsweise etwa "Sozialarchiv", haben.


 

Beispiel:
 
Im Ordner "Hyperbibliothek" sind zwei Dateien:
- Text
- (alphabetisches) Register
 

    

Ich starte mit einem beliebigen Text, den ich auf meinem Computer finde. Dann kopiere ich eine leere "Register"-Datei aus dem Internet und füge einen Link auf "Text" ein und kopiere beide Dateien in die Hyperbibliothek (genauer gesprochen in den Ordner "Hyperbibliothek" auf meinen Server). Natürlich kann das Register noch rudimentär sein, da es fast leer ist. Ich könnte aber auch mit einem umfagreicheren Register starten, in welchem die Stichwörter einfach noch nicht verlinkt sind. (Das war und ist eine verbreitete Praxis von Lexikonherausgebern, um zu zeigen, wohin sich das Lexikon entwickeln wird.)

Technisch gesehen gibt es im www nur Dokumente (im wesentlichen htm-Dateien). Wenn in einer URL kein Dateiname angegeben wird, erscheint im Browser eine Default-Datei, die sehr häufig "index.htm" heisst. Ich kann meine "Register"-Datei, wenn ich sie als Einstiegsseite (Homepage) auffasse, deshalb "index.htm" nennen und in die Datei einen Text schreiben, der besagt, dass es sich um das Register einer Bibliothek handelt.


 

Da mittlerweile sehr viele konventionelle Bibliotheken ihre Register im Internet haben, aber die Texte immer noch im Buchform aufbewahren, verwischen die Grenzen zwischen virtuellen und konventionellen Bibliotheken zunehmend. Bei nur zwei Dokumenten in einem Ordner wird man vielleicht - unabhängig von virtuell - noch keine Bibliothek erkennen wollen. Aber jede noch so weite Wanderung beginnt mit einem ersten Schritt. Und weil eine (artefaktisch aufgefasste) Bibliothek aus einer geordneten Menge von Text-Elementen und einem Register besteht, nenne ich auch die elementarste Form einer Bibliothek "Bibliothek".

Für meine private Büchersammlung habe ich - obwohl sie etwas mehr als zwei Dokumente umfasst - kein Register. Die Bücher stehen teils nach Gebrauchshäufigkeit, teils nach Themen und teils nach Autoren geordnet in meinen Büchergestellen. Manchmal muss ich an mehreren Orten schauen, bis ich ein bestimmtes Buch gefunden habe und manchmal finde ich ein Buch gar nicht, weil ich es ausgeleiht oder verlegt oder gar nie wirklich gekauft habe, was für mich dann oft nicht entscheidbar ist. Die Ordnung meiner Texte ist in diesem Fall implizit. Ich weiss natürlich mehr oder weniger, welche Bücher ich öfters brauche und nach welchen Themen ich die Bücher zusammengestellt habe. Aber andere Menschen finden die Bücher kaum. Wenn ich andere Menschen an meine Bücher lassen wollte, würde ich ein Register schreiben - und damit meine Büchersammlung in eine Bibliothek verwandeln.


 

Damit ist eine elementare Bibliothek produziert. Wir entwickeln im folgenden die Bibliothek und reflektieren die verwendeten Methoden: weiter.