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Als Zünfte bezeichne ich eine Körperschaften von Handwerkern, die sich im Mittelalter entwickelt haben und durch die Industrialisierung obsolet wurden. Die Zunft verstehe ich als erfolgloser Versuch die Trennung von Produktion und Handel - vor allem durch das Verlagssystem und die Manufaktur - zu verhindern und die Konkurenz lokal zu regeln. Politisch zerfiel eine Grundlage durch "Gewerbefreiheiten", die durch die französische Revolution. In der Schweiz verloren die Zünfte mit der Helvetischen Revolution 1798 vorübergehend ihre Macht, die sie aber teilweise mit der Mediation 1803 wieder zurückerlangten. In den meisten Stadtkantonen wurden die Vorrechte der Zünfte um 1830 mit der erzwungenen politischen und wirtschaftlichen Gleichberechtigung der Land- mit der Stadtbevölkerung beseititgt, in Basel jedoch erst in den 1870er-Jahren.

In bestimmten Städten im Heiligen Römischen Reich gelang es den in Zünften organisierten Handwerkern sogar, die politische Macht ganz oder teilweise zu erobern. In den Freien Reichsstädten galten zeitweise Zunftverfassungen, die den Zünften eine Dominanz im Rat garantierten. Auch Zürich hatte bis 1798 eine „Zunftverfassung“. Das Leben des einzelnen Mitgliedes wurde von der Zunft entscheidend bestimmt. Die Zunft regelte die Arbeit und Betriebsführung, die Qualität und die Preise der Produkte.

Die Zunft organisierte sich als Erziehungshierarchie mit Meistern, Gesellen und Lehrlingen. In gewisserweise ist das die Autopoiese des Handwerks, das sich so abgrenzte und reproduzierte.

- und ab dem 13. Jhd auch für die Entwicklung der Bürger-Stadt ausschlaggebend war.
 
bild Je angesehener und vermögender eine Zunft war, umso stärker war das Bedürfnis der Meisterfamilien, sich nach außen abzuschließen und den Eintritt von Fremden zu behindern. Meistersöhne wurden bevorzugt, wenn sie eine Meistertochter aus dem gleichen Gewerbe heirateten („geschlossene Heiratskreise“). Man drosselte den Zugang durch Begrenzung der zugelassenen Meisterzahl oder eine Zulassungsquote pro Jahr. Gesellen, die Meister werden wollten, hatten je nach Stadt, Zunft und historischer Situation weitere Bedingungen zu erfüllen. Der Bewerber musste eine gewisse Zeit als Geselle am Ort gearbeitet haben. In vielen aber nicht allen Zünften war eine mehrjährige Gesellenwanderung abzuleisten. Ein Meisterstück war auf eigene Kosten anzufertigen. Mängel daran wurden nur zu gern bei den prüfenden Meistern gefunden und waren wiederum mit einer Geldbuße zu sühnen. Das Bürgeraufnahmegeld war zu zahlen. Für die Wehrfähigkeit war in manchen Städten ein eigener Brustpanzer anzuschaffen oder zu fertigen. Es waren verschiedene Beträge an die Zunft, die Begräbniskasse und an den Meister, bei dem das Meisterstück gearbeitet wurde, zu zahlen. War der Versammlungsort der Zunft eine Kirche, konnten Abgaben für Wachskerzen fällig sein. Es war der Besitz eines Hauses nötig oder das nötige Geld vorzulegen. Die Aufnahme war mit einem Mahl von mehreren Gängen für alle Meister der Zunft verbunden.

 


Die Berufslehre als Mittel der Zunftordnung gegen wachsende Konkurrenz

1562 wurden in England städtische Zunftordnungen verallgemeinert und zu öffentlichem Recht erhoben. Zum einen wurde die Lehrzeit je nach Land auf fünf (z.B. Frankreich) bis sieben (z.B. England, Heiliges Römisches Reich) Jahre festgelegt, während andererseits für jede Zunft vorgeschrieben wurde, wie viele Lehrlinge ein Meister ausbilden durfte. Die lange Lehrzeit wie auch die Beschränkung der Lehrlingszahl führten zu einem größeren Ausbildungsaufwand, was folglich die Zahl der Konkurrenten niedrig und die Preise hoch hielt.

Wie Adam Smith 1776 kritisierte, könne eine lange Lehrzeit kein Garant für eine hochstehende Qualität der hergestellten Waren darstellen. Des Weiteren sah er in den Zunftordung Verstöße gegen die Freiheit, indem ein armer Mann daran gehindert wurde, seine Kraft (= sein Kapital) uneingeschränkt zu nutzen. Anstatt dass eine lange Lehrzeit den Fleiß des Lehrlings fördern würde, hegten Lehrlinge eine innere Abneigung gegen Arbeit, wenn nichts Neues dazugelernt werden könne. Insgesamt sah Smith in der zünftischen Berufslehre eine Institution, welche hauptsächlich die Produzenten schützte, wobei deren Abschaffung dem Konsumenten durch niedrigere Preise aufgrund höherer Konkurrenz zugute käme. (Berufs-)Bildung sollte gemäß Smith entprivatisiert werden, um die Dynamisierung der Gesellschaft voranzutreiben und um die Qualifizierung von Lehrlingen sicherzustellen.


 
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