AG2 MMK 2013

Aus Mmktagung
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Lord Snow: 2 Welten
Menschenbilder und Gegenstände der MMK


Moderation: Rolf Todesco



Moderationspapier

Vorwort: Rückblick auf die MMK

Die MMK wurde 1980 ins Leben gerufen, weil durch den Computer zwei Kulturen aufeinander prallten, die sich zuvor besser aus dem Weg gehen konnten: eine technische und eine ... nicht ganz so technische Kultur. Letztere hat im Verlauf der MMK verschiedene Namen getragen. Ich will sie vorerst mal mit "arbeitspsychlogisch begründetem Dialog-Design" bezeichnen. Die damit bezeichnete Kultur war negativ bestimmt. Auf der einen Seite standen Ingenieure, die elektrische Maschinen konstruierten, deren Nutzungsbereich sie bei weitem nicht antizipierten. Auf der anderen Seite reklamierten immer mehr Leute, dass sie in die Entwicklung dieser Maschinen nicht hinreichend einbezogen werden, gerade weil die Nutzung dieser Maschinen nie auch nur ansatzweise gedacht wurde. Man hat dafür den Ausdruck Software erfunden. Software sind Maschinen, die sich im Prinzip beliebig entfalten können, weil sie nicht auf einen spezifischen Zweck festgelegt sind.

An der ersten MMK 1980 trafen sich noch hauptsächlich Ingenieure, einige bezeichneten sich schon damals als Informatiker um etwas Abstand von der elektrischen Maschine zu signalisieren. Aber anfangs waren die Techniker noch unter sich - und natürlich ein bisschen stolz darauf, dass sie eine Avantgarde bildeten, die sich mit Bedienungsfreundlichkeiten befassten. Aber rasch kamen Arbeitspsychologen hinzu und schliesslich wurde die Informatik als Disziplin insgesamt medienhaft, so dass sich auch die Ingenieure zunehmend mehr als Kommunikationsfachleute begriffen. Zwei vermeintlich getrennte Kulturen waren zu einer Kultur verschmolzen, es gab kaum mehr gegenseitige Befruchtungen, zumal die Xerox-Oberflächen von Apple und MS quasi Alltag wurden und keinerlei weiterer Entwicklung bedurften, was sich mir darin zeigt, dass sich mein aktueller PC kaum vom Windows 3.1 (1985 Windows 1-1990 Windows 3) unterscheidet.

Etwas Bewegung in die MMK brachte dann ab 1995 kurzzeitig das Internet, weil es dem alltäglichen Verständnis von Kommunikation etwas näher kam als der PC allein (at home), aber die MMK merkte rasch, dass sich bezüglich der Gestaltung kaum mehr Neuland zeigte. Wirklich neu war am Internet die von Facebook ausgeschlachtete Art der Kommunikation, aber in Bezug auf Benutzungsorientierung brachte dass WWW keine neuen Erfordernisse. Eine letzte Welle der MMK beendete dann das iPhone, dass dem Touchscreen und allerlei Tabletten zum Durchbruch verhalf und der MMK auch noch das grundsätzlich Gerätedesign - mal von G-Brillen abgesehen - weggenommen hat.

In gewisser Weise brauchen die Ingenieure, die zu Informationsfachleuten mutiert sind, jedenfalls solange sie sich nur um Kommunikationstechnologie kümmern, keine Gespräche und schon gar keine Beratung mehr. In diesem Sinn ist die MMK für sie obsolet geworden.




Design als Kultur - oder die MMK als Design-Veranstaltung


Die Vorstellung, dass Kultur sich in Differenzen zwischen getrennten Kulturträgern entwickelt, mag eine sexuelle Metapher sein. Auf die Wissenschaft bezogen brachte C. Snow die These von zwei sich befruchtenden Kulturen 1959 in einem berühmt gewordenen Vortrag ins Spiel. Dramaturgisch hat C. Snow zuerst eine große Kluft zwischen den Kulturen der Geisteswissenschaft und der Literatur einerseits und der Naturwissenschaft und der Technik andererseits beschrieben. Er konstatierte eine tiefe Krise, in welcher sich die beiden Kulturen durch ihre Spezialisierungen ganz fremd geworden sind. Dann aber sah er eine dritte Kultur, die aus der Kommunikation der beiden erstgenannten Kulturen - sozusagen als Ausgang der Krise - entstehen könnte: eine Technologie, die sich um Inhalte kümmert, die mittels der Technologie verfügbar werden.

Zunächst war und ist der von C. Snow beschworene Graben tief: die einen verstehen die Hauptsätze der Thermodynamik und die Differentialgleichung, die andern eben nicht. Das sind schlechte Voraussetzungen für Gespräche - aber nur für wissenschaftliche Gespräche. Für die Gestaltung und die Verwendung von Computern spielen Thermodynamik und Differentialgleichungen keine Rolle. Design ist weder eine Natur- noch eine Geisteswissenschaft. Design erscheint als eigenständige Kultur.