AG4 MMK 2011

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--Wolfgang Karlsruhe 12:08, 10. Mai 2011 (UTC)

Für diese MMK habe ich mir überlegt, erstmal kein Thesenpapier zu verfassen, sondern in einer Art "Blog" (und bald vielleicht als "Gemeinschaftsblog") zum Thema e-Learning aufzuschreiben, was mir so durch den Kopf geht und was ich zum Thema so höre, lese und erfahre. Und gerade das ist seit Neuestem etwas mehr, da ich mittlerweile im e-Learning-Arbeitskreis (ELAK) der Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg Mitglied bin. Aber das nur am Rande.

So, Hartmut hat uns mit seinem Titelvorschlag einen schönen Steilpass gegeben: Warum machen wir e-Learning so schlecht? Das ist so angenehm mehrdeutig, dass man allein darüber schon Seiten schreiben könnte. Und das mach ich jetzt auch.

--Wolfgang Karlsruhe 12:13, 12. Mai 2011 (UTC)

Warum e-Learning so schlecht gemacht wird, sowohl im Sinne von "Stümperei" als auch von Verruf, mag auch mit der Angst des (Hochschul)Lehrers vorm Eigentor zusammenhängen. Affektive, kognitive (oder kurz: psychologische) Hürden beim e-Learning enstehen durch vielerlei Befürchtungen: "Enteignung" selbsterbrachter Leistungen durch ein intransparentes System, Angst vor Verlust der eigenen Stellung bzw. des Stellenwertes des vertretenen Bereichs (Geisteswissenschaften); Konkurrendruck (auch) von aussen, Wettbewerb auf allen Ebenen (auch) von innen, dass die Freiheit der Lehre der vermeintlichen Freiheit des Marktes geopfert werden könnte und noch einige mehr. Solche Befürchtungen und Ängste sind (nicht immer) rational, damit aber auch um so schwerer zu fassen.

--Hartmut Leipzig 13:33, 25. Juli 2011 (UTC)

Fälschlicherweise wird eLearning häufig als Ziel verstanden. Ich jedoch sehe es als „Mittel zum Zweck“. Es ist legitim, mit neuen Technologien zu experimentieren, um mögliche Potenziale für den Wissenserwerb herauszufinden. Die eigentliche Anwendung muss jedoch einem Projektkonzept folgen, das den Einsatz bestimmter (Lehr-)Mittel rechtfertigt, Zielen folgt, die von Lehrenden und Lernenden gemeinsam festgelegt werden, eine verbesserte Lehr- und Lerneffizienz ermöglicht, eine Vervollständigung der Wissensbasis beinhaltet und eine rechnergestützte Ablauforganisation bewirkt. Aber aus welchen Gründen muss die flächendeckende Anwendung von eLearning als blockiert beschrieben werden, obwohl eLearning so viele Vorteile bietet? Warum wird technologischer Fortschritt zum einen bejubelt und zum anderen verteufelt? Ist es die Angst vor einer durch die Wirtschaft forcierten „Ökonomisierung“ der Bildungsprozesse oder eine Angst vor dem möglichen Verlust humanistischer Bildungsideale?

--Rolf Todesco 12:43, 25. Jul. 2011 (UTC)

Ich frage mich jetzt gerade wieder (weil Hartmut Zweck und Mittel unterscheidet) weshalb überhaupt jemals von e-learning gesprochen wurde. Gibt es ein Buch-learning oder ein Schiefertafeln-Learning. Wann immer Mittel eingesetzt werden, gilt alles, was Hartmut oben schreibt. Und jedes Mittel kann wohl als Technik bejubelt und verteufelt werden. Ich merke jetzt gerade, dass mir ganz und gar unklar ist, was e-learning überhaupt sein könnte. Ein Lernen, bei welchem technische Mittel eingesetzt werden? Oder was?

--Wolfgang Karlsruhe 09:09, 7. Sep. 2011 (UTC)

Mit diesen Problemen der Begrifflichkeit selbst und der notwendigen Definition als Verortung und Abgrenzung ist Rolf nicht alleine. Der Begriff "e-Learning" kommt zwar erstmal schön griffig daher, löst sich aber geschwind in Rauch auf, wenn er genauer betrachtet werden soll (wobei nicht mal die Schreibung klar ist: e-Learning? eLearning? E-Learning?...). Die Spannbreite erstreckt sich von Lehrformen, die irgendwie von Computereinsatz unterstützt werden (e-Mail-Listen mit Scriptversand) bis zu nur noch in virtuellen Welten stattfindenden sozialen Situationen (Second Life-Veranstaltungen). Dazwischen gibt es alles mögliche, je nachdem, wie weit die Nutzerinnen und Nutzer "der technischen Zivilisation gewachsen sind" (H. Hentig). Und zum Konflikt von Mittel und Ziel/Zweck trägt m.E. auch die wahrnehmbare Differenz zwischen "Technikern" und "Didaktikern" bei: die einen sind immer "vorne dabei" (weil sie besonders gut im Geldausgeben bzw. Drittmitteleinwerben für die vielbeschworenene "Standortvorteile" sind und dies für "vorne" halten), die anderen hätten's gern etwas gemächlicher und reflektierter und hecheln deswegen den sogar eher mäßig schnellen Entwicklungen an den Hochschulen hinterher.

--Wolfgang Karlsruhe 09:22, 7. Sep. 2011 (UTC)

Vorgestern habe ich einer Disputation beigewohnt (und übrigens Frank Thissen getroffen, liebe Grüße), bei der die Doktorandin untersucht hat, ob WebQuests in der Lehrerausbildung nützlich sind. Das war mir auch nach der Darstellung nicht klar (der Doktorandin augenscheinlich auch nicht), was ich aber mal wieder bezeichnend fand: sie hat WebQuests darüber anfertigen lassen, wie man WebQuests macht. Auf einer Tagung letzte Woche gab es einen Workshop zum Thema "Einführung in die didaktische Nutzung von Stud.IP" (das ist eine Lernmanagementplattform, ähnlich wie moodle oder Ilias etc.). Dieser Workshop war aber entgegen meinen Erwartungen so gestaltet, dass nicht die didaktischen Möglichkeiten von Stud.IP dargestellt oder meinertwegen erarbeitet wurden, sondern ein Vorgehen zur Einführung von Lehrpersonen in die Nutzung der Plattform gezeigt wurde. Mein Unbehagen in diesen Fällen rührt von der mittlerweile allzu oft gemachten Beobachtung her, dass e-Learning-Szenarios dazu benutzt werden, e-Learning-Szenarios darzustellen. Am Computer wird mit Hilfe des Computers der Einsatz des Computers geübt. Über dieses Stadium scheinen wir immer noch nicht hinaus zu sein...


--Rolf Todesco 12:19, 7. Sep. 2011 (UTC)

> Über dieses Stadium scheinen wir immer noch nicht hinaus zu sein...
mir geht es eigentlich nicht um eine Definition des Begriffes e-learning, sondern um ein halbwegs begriffliches Verständnis darüber, wie technische Artefakte in den Lernprozess eingreifen (können). Wir hätten im Falle von Buch-learning die Frage, was bringt das Buch dem Lernen? und falls wir anstelle eines Buches einen Computer haben, die Frage: Was bringt der Computer?
Ich kann mir diese Fragen auch auf andere Tätigkeiten bezogen stellen und schauen, ob oder welche sich Analogien ergeben. Um die Frage zu invertieren: Wobei (bei welchen Tätigkeiten) hilft ein Computer - wie und weshalb? Was nützt mir ein Computer beim Radfahren, was beim Essen, was ..., was beim Lernen?


--Wolfgang Karlsruhe 09:57, 7. Okt. 2011 (UTC)

Das scheint ein Punkt zu sein, auf den es immer wieder hinausläuft und von dem vieles ausgeht: was bringt der Einsatz technischer Mittel für einen Mehrwert? Bei den "Buch-basierten" Lernformen gibt es eine mittlerweile mehrtausendjährige Geschichte, die immer noch andauert, z.T. mit recht lustigen, weil kaum hinterfragten Anachronismen (eine "Vorlesung" hatte ihren Sinn v.a. darin, ein für weite Gruppen unerschwingliches Gut "Buch" zugänglich zu machen; heute könnten Bücher durch industrielle Produktion als eine Art Wegwerfartikel betrachtet werden, manchen sollte das vielleicht sogar widerfahren). Doch auch beim Buch könnte die Frage gestellt werden: braucht's das, wenn es eine kompetente Lehrperson gibt, die das auch persönlich "rüberbringen" kann? Ich denke, dass die Vorteile der Buch-Lern-Kultur aber auf der Hand liegen: dem Buch ist Deine Nase egal, es ist ein asynchrones Medium, es steht für viele zu Verfügung usw., die Hürden liegen aber im Erlernen der Schriftentzifferung und der Buchhandhabung (s. http://www.youtube.com/watch?v=brAlzKHYFnA). Bei den elektronischen Medien kommen neben den Dingen, die vom Buch her bekannt sind, noch einige weitere Vorteile hinzu, aber eben auch höhere Hürden.


--Rolf Todesco 17:48, 7. Okt. 2011 (UTC)

hmmm ... ich habe wohl noch nicht recht verstanden, womit sich diese AG befassen soll. Ich dachte mit Lernen oder damit, wie das Lernen duch das "e-" unterstützt oder verbessert wird. Aber vielleicht geht es mehr um den (schlechten?) Ruf, den e-learning hat, also mehr darum, was weshalb als e-learning wahrgenommen und verurteilt wird.
Mein Beispiel "Buch" war wohl auch nicht besonders erhellend. Lesen und Schreiben gehört zur Schrift nicht zum Buch. Wenn ich lesen und schreiben kann, macht mir die Handhabung des Buches kaum Kummer. Beim Lernen ist es aber auch kein Vorteil, wenn der Text in einem Buch steht, es ist egal in welcher Form der Text erscheint.
Mir ginge es mehr um die Frage:
> was bringt der Einsatz technischer Mittel beim xy
wobei xy eben Lernen oder sonstwas sein könnte.

Ich hätte dazu randständige Thesen. Aber da ich noch nicht weiss, wo es lang gehen soll, warte ich noch zu.



--Wolfgang Karlsruhe 08:53, 11. Okt. 2011 (UTC)

Okay, wie gesagt (s.o.), der Titel der Veranstaltung ist recht mehrdeutig. Es kann zum einen darum gehen, woher das öfter mal anzutreffende schlechte Urteil über computer- und webgestützte Lernangebote kommt, zum anderen darum, was beim e-Learning schief läuft (oder laufen könnte), was sich dann ausweiten liesse zur Frage, ob und was das rechnergestützte Lernen überhaupt bewirken kann. Deine Idee, dass sich die AG damit beschäftigt, wie und was durch "e" beim Lernen unterstützt wird, könnte im Zusammenhang mit den Hintergründen aufgegriffen werden, wenn wir das wollen. Allerdings sind das die ganz basalen Fragen, um die die Community von Mayer mit seinem "mikro-medialen" Ansatz bis Schulmeister mit seinen einschlägigen Überblicken eigentlich schon nicht mehr kreist. Man ist sich da weitgehend einig, dass die Anreicherung von Lernvorgängen durch mehr-mediale Inhalte und die mit Dingen wie Lernplattformen etc. möglichen Interaktions- und Vernetzungsmöglichkeiten usw. einen Mehrwert nicht nur für das Lernen selbst, sondern auch für die damit verbundenen Organisationsfragen und -probleme bringt (wenn es gut bzw. "hirnlernkonform" gemacht ist und nicht nach der Methode "viel (Medienformen, Sinneskanäle, Gleichzeitigkeit) hilft viel"). Das war bisher oft auch mein Standpunkt, jetzt wird's aber interessant, v.a. mit Deinen randständigen Thesen: greifen wir doch mal die als gesichert geltenden Konstrukte an! Beispielsweise so: Entgegen eines Trends in der (e-)Pädagogik zum konstruktiv-kooperativen Lernen behaupte ich: lernen kann ich nur für mich allein. Andere Thesen sind nicht so konfrontativ und möglicherweise bei den Leuten vom Fach sogar mehrheitlich konsensfähig, z.B.: die Pädagogik hinkt (und hechelt) der technischen Entwicklung hinterher. Von der eher positiven Seite her betrachtet: wir treffen heute auf Lehr- und Lernformen, die ohne Computer- und Webunterstützung gar nicht denkbar oder deutlich komplizierter umzusetzen wären (Simulationsprogramme, Computeralgebrasysteme, Lernplattformen usw.). Also, her mit Deinen Thesen...



--Rolf Todesco 16:55, 19. Okt. 2011 (UTC)

hmmm... vielleit zuerst mal die Provokation von K. Holzkamp: Der Lehr-Lern-Trugschluss. Sprechen wir über Lehrmittel oder über Lernmittel?

Vielleicht ist bei e-learning einfach noch viel sichtbarer, dass es nicht darum geht, was jemand lernen möchte, sondern darum, dass das Gelehrte zu lernen ist. F. Simon schrieb dazu von der Kunst, NICHT zu lernen.



--Wolfgang Karlsruhe 21:09, 19. Okt. 2011 (UTC)

Zur Holzkamp-These: prima vista über Lehrmittel. Von der Perspektive des Lehr-Lern-Zusammenhangs her war und ist (vielleicht noch) e-Learning nicht so "neu" in dem Sinne, Prozesse aus der Lerner-Perspektive zu modellieren, sondern der "Vermittler", der dann seine Rolle zum "Moderator" der Lernprozesse ändern soll, stand/steht im Fokus. Und da verortet sich auch die Kritik beispielsweise unserer PH-Hochschuldidaktik-Gruppe: die meisten e-Learning-Szenarien gehen nicht vom Lerner, sondern vom Lehrer aus und berücksichtigen nicht die Interessen des Einzelnen oder sehen kooperative Möglichkeiten beim Erarbeiten von Themen und Inhalten nicht vor (s. den Game-basierten Ansatz). Von den Bindestrich-Didaktiken aus betrachtet sind viele Ausprägungen und Möglichkeiten von e-Learning-Angeboten eher ein Rück- als ein Fortschritt, obwohl der damit verbundene Technik- und Medieneinsatz "Zeitgemäßheit" suggeriert. Zur These von F. Simon muss ich erst noch recherchieren und schreibe demnächst was...



Wolfgang Karlsruhe 09:45, 24. Okt. 2011 (UTC)

Bei all meinen Kontakten auch zu anderen Hochschulen hat sich zur Problematik des schlecht gemachten e-Learnings immer wieder gezeigt, daß grundsätzlich die Didaktik der Technik hinterherhinkt. Gerade hat man ein System eingeführt und evtl. sogar didkatische Modelle dazu erarbeitet, kommen neue (technische) Ideen und Anforderungen, z.B. unter dem Stichwort "mobile learning" als Zugriff auf die Systeme mit Smartphones, Tablet-Rechnern etc.; in der Regel gibt's dann alsbald eine "Machbarkeitsstudie" in Form einer Bachelorarbeit, die den mobilen Zugriff auf ein System als Softwarelösung modelliert. Dabei habe ich allerdings beobachtet, daß solche Anforderungen meist nicht von den Nutzerinnen und Nutzern des Systems kommen. Vor allem wird aber konsequent der Frage ausgwichen, welchen Mehrwert solche Lösungen bieten sollen. Es scheint so zu sein, daß hier das Mittel zum Zweck wird. Ein weiterer Punkt bei den zu beobachtenden Qualitätsmängeln im e-Learning sind fehlende, schlecht umgesetzte oder "überholte" didaktische Modelle. Einen Vortrag abzufilmen und dann in Web 2.0-Systemen anzubieten oder gar als "Livestream" (boah!) ist nicht unbedingt das, was Didaktiker für der Weisheit letzten Schluss halten. Ansonsten beobachte ich auch auf unseren Plattformen, daß viel herumprobiert wird, oft aber unter der Prämisse der Arbeitsersparnis und des "leichtesten Wegs" für die Lehrperson, nicht, um die Lehre zu verbessern. Und schließlich habe ich auch beobachtet, daß gerade auch bei ambitionierteren Projekten "erstmal gemacht" wird und der Fokus auf technisch realisierbaren Dingen liegt, vorliegende Forschungsergebnisse zur Thematik des Lehrens und Lernenes mit neuen Medien aber nicht beachtet werden und auch keine Begleitforschung stattfindet. Was dann dabei herauskommt, ist dann eben auch nur zufällig gut.