Hyperkommunikation: Ein virtuelles Seminar zur MMK 2016 AG Metapher der MMK 2016          (frühere MMKs )


Einladung zum Mitmachen an der MMK

Die MMK ist ein seit 1980 laufender Dialog über Menschen, Maschinen und Kommunikation, in welchem die Spielregeln jährlich stattfindene Tagungen vorsehen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen mitzumachen. Seit 2010 hat die MMK ein eigenes Wiki. Die Berichte und die AG-Protokolle sind deshalb dort zu finden - und natürlich auch die Einladungen ;-) zu den Veranstaltungen.

Hier schreibe ich quasi für mich (auf meiner Homepage), was mich speziell betrifft, insbesondere meine Moderations- und Thesenpapiere und anderes, was für mich dazugehört.

Für die MMK 2016 ist eine AG zum noch nicht näher bestimmten Thema "Metaphern" vorgesehen, das hier im Hinblick auf ein Moderationspapier sich allmählich entfalten soll. Die Modereation, die wir in jeder Hinsicht sehr offen sehen - es können sich also sehr gerne weitere Menschen einklinken und auch das Thema mitgestalten - wird in einem eher administrativen Sinn von Dominique Steppeler und Rolf Todesco wahrgenommen. Von diesem Papier gibt es keine Versionen, es ist sich laufend veränderndes Produkt einer Kollaboration und es hat auch keinerlei Verbindlichkeit. Das eigentliche Moderationspapier erscheint schliesslich auf der Web-Seite der MMK.


 


MMK 2016 AG "Metapher"

Unser Thema: "Mit der Metapher begeben wir uns in des Teufels Küche”

Vorbemerkungen

Für die MMK-Arbeitsgruppe "Metapher" sind schon mehrere verschiedene Konkretisierung zum Thema im Raum, auf die ich im Folgenden etwas eingehen will. Zunächst aber geht es mir darum, den je eigenen Begriff von Metapher zu erläutern, weil ich das Gefühl habe, dass es dazu ganz verschiedene Vorstellungen gibt. Meiner Erfahrung nach ist es praktisch und sinnvoll, wenn ich mich jeweils auf eine explizite Vorstellung beziehen kann. Die Klärung, was ich als Metapher bezeichne, dient dann auch dazu, welche Probleme ich mit Metaphern verbinde. Wer Metapher anders versteht, mag dann auch andere Probleme sehen.

Ich beginne mit einem alltäglichen Beispiel. Ich kann zu jemandem sagen: "Du bist ein Esel", und wenn er kein Esel ist, versteht er mich. Ich benutze im umgangssprachlichen Sinn eine Metapher, wenn ich von einem Menschen sage, er sei ein Esel, weil der Ausdruck "Esel" Eigenschaften des jeweiligen Menschen unterstellen, die von einem anderen Referenzobjektes des Ausdruckes "übertragen" werden. Metapher steht lax gesprochen für "uneigentliche Wortverwendung". Ein Mensch ist ja - im eigentlichen Sinn des Wortes - kein Esel. Uneigentliche Wortverwendung bedeutet, dass ich ein Wort nicht so verwende, wie ich es eigentlich verwenden sollte. Wobei natürlich unausgesprochen mitschwingt, dass jemand - auch für mich weiss - wie ich das Wort eigentlich verwenden sollte.

Ich gebe ein zweites Beispiel: Ich kann zu jemandem sagen, der auf einer Bank sitzt: "Bring Dein Geld auf die Bank". Und wenn er kein Esel ist, versteht er, dass ich nicht meine, er solle sein Geld auf die Sitzbank legen, auf welcher er gerade sitzt. Bank ist in diesem Fall keine Metapher, sondern ein Homonym. Als Homonym bezeichne ich einen Ausdruck, für den in derselben (Einzel)-Sprache verschiedene Vereinbarungen oder Wortbedeutungen gelten. Der Ausdruck "Bank" steht in diesem Sinn als arbiträr oder zufällig gewählte Buchstabenkette für ein Sitzmöbel und für eine Finanzinstitution. Ich muss in jedem Fall durch den Kontext erkennen, was gerade gemeint ist.

Dass es Homonyme gibt, ist eine eigenartige Sache. Synonyme - also eine Art Inversion zum Homonym, in welcher dasselbe Referenzobjekt durch zwei verschiedene Ausdrücke bezeichnet wird - gibt es nämlich nicht. Darüber will ich hier aber nicht weiter nachdenken, hier interessiert mich die Idee der Metapher.

Als Metapher bezeichne ich ein erkenntnisleitendes Konstrukt, das auf der Grundlage von Homonymen beruht. Wenn ich Homonyme als Metaphern auffasse, postuliere ich eine Übertragung eines Ausdruckes von einem Geber- zu einem Nehmergebiet und frage, welche Eigenschaften damit übertragen werden. Homonyme bezeichne ich also genau dann als Metaphern, wenn die doppelte Verwendung des Ausdruckes etwas über eine Beziehung zwischen den Referenzobjekten des Ausdruckes aussagen soll. "Bank" könnte zufällig für "Geldinstitut" und für "Sitzgelegenheit" stehen, dann würde ich von einem Homonym sprechen. Es könnte aber auch sein, dass ich zwischen den beiden Referenzobjekten irgendeine Verwandtschaft erkenne, dann würde ich von einer Metapher sprechen, und untersuchen, worin die Verwandtschaft besteht. Es gibt auch viele Vorschläge dazu, inwiefern Finanzinstitute und Sitzbänke verwandt sind, die mir bekannten leuchten mir einfach nicht ein.

Unter dem Gesichtspunkt einer uneigentlichen Wortverwendung kann ich mich fragen, welche Wortverwendung die eigentlich und welche metaphorisch ist. Häufigkeitserwägungen helfen dabei keineswegs immer. Im städtischen Kontext etwa wird das Wort "Esel" sehr viel öfter für Menschen als für pferdeartige Tiere verwendet. Ich bezeichne - was auch nur eine Möglichkeit darstellt - diejenige Wortverwendung zu welcher ich eine Definition habe, als eigentlich. Habe ich verschiedene Definitionen, sehe ich den Ausdruck als Homonym.

Auch dazu ein Beispiel. Ein Teil des Computers wird oft als (Daten)speicher bezeichnet. Der Ausdruck Speicher wird aber auch für Kornspeicher verwendet. Wenn ich darin eine Metapher sehe, frage ich mich, was woher wohin übertragen wurde. Dass es Kornspeicher schon länger gibt als Computer, lasse ich dabei ausser Acht. Ich frage mich vielmehr, was ich als Speichern bezeichne. Englisch wird der Ausdruck Memory verwendet. "Gedächtnis" kann ichdeshalb auch als Metapher sehen. Ich kann so erkennen, dass verschiedene Differenzen ins Spiel gebracht werden (können).

Das Konstrukt der Metapher ist für mich also zunächst eine Art Denkform, die mir hilft Zusammenhänge zu sehen. Zum Problem wird diese Denkform, wenn ich sie nicht bewusst reflektiere, weil sie dann dazu führt, dass ich die implizierten Verwandtschaften als gegeben und nicht als von mir projiziert wahrnehme. Dialektisch wird die Denkform, wenn sie unbedacht auf eine andere stösst.

Als Problem erscheint mir die Metapher, wenn durch sie Zusammenhänge oder Verhältnisse postuliert werden, die ich nicht teile oder gar ablehne, weil ich darin quasi Denkfehler erkenne. Das passiert mir natürlich nie bei Metaphern, die ich selbst verwende.

Bereits angedachte Bereiche

Die nur kurz angedachten Bereiche bei der Wahl des Themas beinhalten alle die Vorstellung, wonach Metaphern zu einem falschen Bewusstsein führen, was beabsichtigt oder naturwüchsig passieren kann. Sie sind hier vorerst nur als unsystematische Ideen aufgeführt und sollen im Laufe des Jahres verdichtet und selektiviert werden. So können wir das Thema eingrenzen oder ausweiten.

  • Gender
  • Ein bestimmter Bereich der Metaphorik überträgt beispielsweise ökonomische Kategorien in die zwischenmenschlichen Beziehungen.

    Bestimmte Haushaltsgeräte erscheinen als Technik und andere, die von Frauen verwendet werden, nicht. Frauen distanzieren sich von Technik ...

    Dazu ein Zitat:
    "Ich war auf einer Veranstaltung, da sprach der CDU-Integretationsbeauftragte wiederholt davon, so und so viele Flüchtlinge bis da und dahin “abarbeiten” zu müssen. Ein vergleichsweise harmloses Beispiel für einen technischen Diskurs über die Verwaltung von Menschen, dessen eisige Kälte jedoch ahnen lässt: nur ein paar Umdrehungen weiter, nur noch ein paar Attentate oder “Jahrhundertherausforderungen”, dann kannst Du auch den meisten unserer heutigen Bürokraten befehlen was Du willst, sie werden es sachlich und nüchtern – exekutieren."

  • Theorie-Migration
  • Es gibt ganze Theorien, die auf einer Metaphorik beruhen. ANT beispielsweise beruht auf einer Netzwerk-Metaphorik, in welcher Agenten sowohl Menschen als auch Maschine oder allerlei Hybride vorkommen.

  • Lernende, denkende, sprechende Maschinen
  • https://www.youtube.com/watch?v=0tu4H1g3CtE Simple Natural Language Interaction with Consequence Reasoning

  • weitere Vorschläge sind sehr willkommen

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    Erkenntnisziel

    Ich sehe die Arbeitsgruppe als eine Art Practise, in welchem es darum geht, die eigene Sprachkompetenz zu pflegen. Vordergründig scheinen Metapher - bewusst oder unbewusst eingesetzt - falsche Konnotationen zu erzeugen. Je besser ich Metaphern erkenne und hinterfragen kann, umso klarer wird mein Denken. Das Erkennen von Metaphern kann ich nicht direkt üben. Es ist vielmehr eine Fähigkeit, die ich durch Reflexion weiterentwickeln kann. Indem ich mir das Prinzip hinter Metaphern und wie ich damit umgehe bewusst mache, werde ich aufmerksamer. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe befassen sich im Rahmen eines Dialoges mit ihren je eigenen Metaphern und sie in den Dialog, wo sie unter weiteren Gesichtspunkte problematisiert werden.

    Ich mache mir so meine Sprache bewusster. Was ich bewusster zur Verfügung habe, kann ich besser anwenden.