Ich sehe unser MMK-Projekt weniger im Verstehen von Sprachräumen - weil ich schon gar nicht weiss, wie ich diese Metapher lesen soll - als vielmehr darin, die Anzahl der Denkmöglichkeiten über Sprache zu erhöhen.
Und mein Thesenpapier verstehe ich - obwohl es in der ersten Fassung sehr spät erscheint, als Papier in Entwicklung. Im Moment ist es noch ziemlich engstirnig, weil unser Dialog noch nicht begonnen hat. Aber immerhin, eine radikale Alternative und ein paar doofe Frage habe ich schon jetzt.
"Für Ludwig Wittgenstein ist Sprache nicht nur Raum". Raum ist das, worin sich etwas bewegt. Wieso Sprache ein Raum sein soll, ist mir schleierhaft (das ist eine meiner doofen Fragen). Aber wenn sie ein Raum wäre und ich mich in diesem Raum orientieren wollte - wären dann die kognitive Karten - von welchen ich auch keine sinnvolle Vorstellung habe - etwa Grammatik- oder Wörterbücher?
Oder ist mit Sprachraum gar nicht die Sprache als Raum gemeint, sondern ein Raum, in welchen die gleiche Sprache vorhanden ist, also etwa eine Nation oder - politisch korekkter - ein Landstrich wie die Teile unserer Schweiz? Da würde ich Raum ein bisschen verstehen, aberimmer noch nicht wieso das Ding dann Sprachraum hiesse. Die Schweiz heisst doch schon Schweiz und die Informatik heisst Informatik.
Oder soll die Sprachraum für die kognitive Karte stehen, die sich kognitive Kartenmacher von einem zu vermessenden Raum machen? Das würde für mich sehr gut gehen, weil ich damit einen mir unverständlichen Begriff durch einen andern ersetzen könnte.
Passini, Downs und Stea verwirren mich sehr, wenn sie sagen, dass Karten gar keine Karten, sondern Prozesse sind, und dass ich solche Karten, die keine sind, zwangsläufig verwende, da ich ja noch am Leben bin, was offenbar ohne solche Karten gar nicht mglich wäre. Ist es nicht eine eigenartige Strategie, von Karten zu sagen, dass sie keine Karten sind, wenn man verstanden werden möchte?
Und wie haben Glasersfeld, Maturana und andere gezeigt, dass auch Kommunikation ein Verhalten ist? Das würde ich mir auch gerne zeigen lassen. Im Gegenzug könnte ich etwa meine Homepage zeigen, auch wenn das sicher viel einfacher und deshalb nicht so wertvoll wäre.
Und Schulz mit seinen vier Elefantenohren würde ich mir auch gerne einmal zeigen lassen. Und da ich gerade beim Wünschen bin: Ich habe schon oft gelesen, dass die Chinesen sprachlich nicht zwischen Subjekt und Objekt unterscheiden können oder würden. Das kann ich schon gar nicht verstehen. Ich wäre sehr dankbar, wenn mir das jemand etas erläutern würde. Und wenn noch etwas Zeit bleiben würde, würde ich auch ganz gerne hören, was Wittgenstein so tut, wenn er Sprache spielt.
Sprache wird oft als Zeichensystem bezeichnet. Das verwirrt mich sehr, weil ich Zeichen als Gegenstände betrachte, die für etwas anderes stehen und Systeme als abstrakte Maschinen, die man mit Regelkreisschemata beschreiben kann. Ich kriegs schlicht nicht unter einen Hut.
Ich hoffe man glaubt mir, dass ich beliebig lange so weiterfahren könnte ...
Schulz repräsentiert ein sehr verbreitetes Kommunikationsverständnis, in welchen Sender und Empfänger vorkommen, die sich "leidlich verstehen", was ich als "leidvoll nichtverstehen" lese. Bei Shannon kommen die beiden Begriffe Sender und Empfänger auch vor. Aber offenbar haben die beiden Sprachräume etwa soviel Ueberschneidung wie das subjektlose Chinesisch mit meiner schweizerdeutschen Muttersprache.
Wiener hat gesagt, er VERSTEHE, was ER gesagt habe, wenn er die Reaktion des andern sehe. Heinz von Foerster nennt das Tanzen, Buber nennt das Dialog. Und ich frage mich: Wenn ich nicht einmal verstehe, was ich sage, wie soll ich dann verstehen, was andere sagen?
In der autopoietischen Systemtheorie und in der Systemtheorie 2. Ordnung werden operationell geschlossene System beschrieben. Operationell geschlossen System reagieren auf sich selbst, auf ihr eigenen Zustände, nicht auf Informationen - was immer das sein mag -, die von fremden Sendern kommen. Autopoietische System sind selbstorganisiert, nicht fremd(referentiell)bestimmt. Kommunikation bedeutet systemisches Einschwingen, wozu überhaupt kein Verstehen nötig ist.
Hyper heisst im Volksmund der Mediziner "über das Ziel hinausschiessen". Ich setze meine Ziele etwas weiter. Wenn ich in der Mentalität der Sender-Empfänger-Massen(medien) leben würde, würde ich von mir sagen, dass ich ein Künstler sei. Kunst nämlich ist dort, etwa bei Luhmann, das, was das Kunsthandwerk ablöste. Kunsthandwerkliche Maler machten mit ihren Bildern (Ikonen) noch Mitteilungen und Botschaften, Künstler sind dagegen autopoietisch autonom, sie konstruieren sich selbst. Wenn ich etwas sage, was für mich Sinn macht, stehen die Chancen gut, dass einer anderer etwas damit anfangen kann - ob er mich versteht, ist uns beiden völlig gleichgültig, wenn für beide gut ist, was ise verstehen. Nach Verständigung fragt man nur, wenn man Probleme hat, die man nicht lösen will.
Ich freue mich darauf, dass ich nach der MMK viel vielseitiger über Sprachräume und Verstehen nachdenken kann. Ich glaube sogar, das könnte gelingen, auch wenn ich dann die beiden Wörter immer noch nicht verstanden habe.
Ich bringe meinen Kopf voller Texte, die keine sind, mit und meinen Homepage-PC, der unglaublich viele Texte enthält, die Text sind. In welcher Form ich einen Text mitbringen sollte, der den Moderatoren gefällt, ist mir noch völlig schleierhaft, weil ich mir einbilde, dass wir dort auf der MMK kaum zum Lesen vieler Texte kommen.
© Ende Oktober 2000 / Version 1.9.1.4.3. / todesco@hyperkommunikation.ch