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Starobinski, Jean: Rousseau. Eine Welt von Widerständen. 487 g. 569 S. 1993. Fischer-Tb. Wissenschaft. (10255). Fischer Taschenb. Kartoniert. SFr. 26.90 ISBN 3-596-10255-3

Zusatztext
Nietzsche hat Rousseau als den "ersten modernen Menschen" bezeichnet. "Idealist und Kanaille in einer Person". Diese Modernität zeigt sich in aller Schärfe in jenem Wesenszug Rousseaus, der ihn noch bis tief in unser Jahrhundert als exzentrische, ja, skandalöse Figur hat erscheinen lassen: Seine beharrliche Weigerung, Denken und persönliches Schicksal voneinander zu trennen. Heute ist es gerade diese Haltung, die uns die Gestalt Rousseaus wieder näherrückt. Als erster wagte er es, angesichts einer übermächtigen, von Regeln und Normen verkrusteten Gesellschaft die Authentizität des individuellen Denkens und Handelns zu behaupten - um jeden Preis. Starobinskis große Monographie folgt im wesentlichen der zeitlichen Entfaltung von Rousseaus Interessen und Ideen. Dessen rastlose und breitgefächerte Tätigkeit als Philosoph, politischer Theoretiker, Musiker und Literat, die den Zeitgenossen so anarchisch schien, erweist sich dabei als Ausdruck von Sehnsüchten und quälenden Wünschen, die ihn sein ganzes Leben hindurch beherrschten und die er konsequent nach außen zu kehren suchte. Rücksichtslos konfrontierte Rousseau intime mit gesellschaftlicher Erfahrung - und entfesselte damit eine gewaltsame Dynamik, die Starobinski ebenso eindringlich deutet wie sinnlich faßbar macht. Aus dieser Perspektive verweist die resignative Tagträumerei des späten Rousseau tatsächlich auf den hohen Preis, den er letztlich hat zahlen müssen: Das eigene "Herz", das er doch transparent machen wollte, wird ihm am Ende zur Fluchtburg vor einer "Welt von Widerständen".

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