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Charles P. Snow: Die zwei Kulturen. Rede Lecture, 1959. In: Kreuzer, H. (Hrsg.): Die zwei Kulturen. München 1987

Zitate

(...) Literarisch Gebildete auf der einen Seite - auf der anderen Naturwissenschaftler, als deren repräsentativste Gruppe die Physiker gelten. Zwischen beiden eitle Kluft gegenseitigen Nichtverstehens, manchmal - und zwar vor allem bei der jungen Generation - Feindseligkeit und Antipathie, vor allem aber mangelndes Verständnis. Man hat ein seltsam verzerrtes Bild voneinander. Selbst im Bereich der Gefühle ist die Einstellung so grundverschieden, daß sich nur schwer eine gemeinsame Basis findet. (...) S.21

Vielmehr ist die Trennung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften bei der jungen Generation noch viel weniger zu überbrücken als vor etwa dreißig Jahren. Vor dreißig Jahren hatten die Kulturen längst schon aufgehört, miteinander zu sprechen, brachten aber doch noch ein kühles Lächeln über die Kluft hinweg zustande. Heute ist es vorbei mit der Höflichkeit, und man macht sich nur noch Grimassen. (...) S.32

Lassen wir die naturwissenschaftliche Kultur außer Betracht, so ist von den übrigen westlichen Intellektuellen nie der Versuch gemacht, der Wunsch geäußert oder die Fähigkeit aufgebracht worden, die Industrielle Revolution zu verstehen, geschweige denn sie hinzunehmen. Die Intellektuellen, und ganz besonders die literarisch Gebildeten, sind geborene Maschinenstürmer. (...) S.35


 
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Wikipedia
Unter dem Begriff Zwei Kulturen (englisch Two Cultures) wird die ursprünglich durch C. P. Snow 1959 vorgenommene Analyse des Wechselspiels von geisteswissenschaftlich-literarischer Kultur einerseits und naturwissenschaftlich-technischer Kultur andererseits verstanden.

Snow zufolge stehen sich die beiden intellektuellen Denkwelten so diametral entgegen, dass eine Verständigung nicht mehr möglich sei. Dabei schreibt Snow den Geisteswissenschaftlern eine pessimistische, der Vergangenheit zugewandte und „im tieferen Sinne antiintellektuelle“ Geisteshaltung zu, der eine vorausblickende, optimistische Naturwissenschaft gegenüber stehe. Diese Dichotomie zwischen Naturwissenschaft (Erklären) und Geisteswissenschaft (Verstehen) spielt auch im Methodenstreit eine Rolle. In seinem Werk Die dritte Kultur (1995) verneint John Brockman den Optimismus Snows, dass eine effektive Kommunikation zwischen den beiden Kulturen in Sicht sei.

„Der Punkt, an dem zwei Themengebiete, zwei Disziplinen, zwei Kulturen - zwei Galaxien, könnte man auch sagen - zusammenstoßen, sollte kreative Gelegenheiten erzeugen. In der Geschichte der geistigen Tätigkeit war dies immer der Ort, an dem es zu einem der Durchbrüche kam. Nun gibt es solche Gelegenheiten. Aber sie existieren sozusagen in einem Vakuum, denn die Angehörigen der zwei Kulturen können nicht miteinander sprechen.“
C. P. Snow 1959 im englischen Originaltext von The Two Cultures


 

The Third Culture. Beyond the Scientific Revolution
by John Brockman
http://www.edge.org/documents/ThirdCulture/d-Contents.html
 
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