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Proudhon, Pierre-Joseph: "Eigentum ist Diebstahl"

Und was sagt der «Vater des Anarchismus», Pierre-Joseph Proudhon? Wenn euch wieder einmal seinen Slogan «Eigentum ist Diebstahl» vorhält und meint, damit habe Proudhon gegen Eigentum schlechthin votiert, gebt ihm das folgende Zitat zu bedenken. Es ist etwas länger, aber zu schön, um es zu kürzen. Es enthält allerdings einige Passagen, aus denen man wiederum einen knackigen Slogan generierten könnte: «Das Eigentum ist die größte revolutionäre Kraft, die es gibt und die sich der Macht entgegen zu stellen vermag. [...] Der Staat verkörpert, selbst wenn auf die rationalste und liberalste Weise konstituiert und von den gerechtesten Absichten beseelt, dennoch eine gewaltige Macht, die alles um sich herum zermalmen kann, wenn man ihr kein Gegengewicht setzt. [...] Wo gibt es eine Macht, die in der Lage ist, ein Gegengewicht zu dieser gewaltigen Macht des Staats zu bilden? Es gibt keine andere als die des Eigentums. Wenn […] man dem Eigentum Bedingungen auferlegt, es für unübertragbar und unteilbar erklärt, verliert es sofort seine Kraft: Es wiegt nichts mehr, wird wieder zu bloßer Pfründe, zu Prekarie [Besitz auf Wiederruf], ist nur noch Leihgabe der Regierung, die gegen sie nichts ausrichtet. | Als Gegengewicht zur öffentlichen Macht dienen, den Staat bremsen und so die Freiheit des Einzelnen sichern, macht die politische Hauptfunktion des Eigentums aus. | Die Macht des Staates ist eine Macht zur Konzentration; [...] das Eigentum hingegen ist eine Macht zur Dezentralisierung. | Der Vorwurf lautet, das Eigentum [propriété] sei ein Hindernis für die Gleichheit der Bedingungen und des Vermögens; Lehen [fief] und Besitz [possession] jedoch, die mit einem diametral ent­gegengesetzten Gedanken und Zweck geschaffen worden zu sein scheinen, verdienen diesen Vorwurf weitaus mehr. Es ist eine Tatsache der Weltgeschichte, dass der Erdboden nirgends ungleicher verteilt war als dort, wo das System des einfachen Besitzes vorherrschte und das Lehen das Allod [Erbgut] verdrängte; und umgekehrt, dass die Staaten, in denen man die größte Freiheit und Gleichheit findet, genau diejenigen sind, in denen das Eigentum regiert.» — Pierre-Joseph Proudhon, 1864 Pierre-Joseph Proudhon, Théorie de la propriété (vor 1865; 1866 posthum veröffentlicht), Brüssel 1871, S. 136f, 138, 144, 146f.


 
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