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Polanyi, Karl: Ökonomie und Gesellschaft. Dt. von Heinrich Jelinek. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft stw 295, Frankfurt 1979

Anmerkungen

http://www.metropolis-verlag.de/Chronik-der-grossen-Transformation.-Artikel-und-Aufsaetze-(1920-1945)/390/book.do:
In den letzten Jahren wächst das Interesse an den Arbeiten, die Karl Polanyi zwischen 1920 und 1945 verfasste und die - mit wenigen Ausnahmen - bisher nur schwer oder gar nicht zugänglich sind. Die in Wien und in England geschriebenen Artikel, Aufsätze und Manuskripte sind nicht nur das Ergebnis intensiver Studien während der zentralen Jahre des Lebens des Autors, sie machen auch den Hauptteil seines Werkes aus. Polanyi analysiert in diesen Arbeiten eine für die Entwicklung des zwanzigsten Jahrhunderts entscheidende Periode. Die Schriften behandeln nicht nur die zentralen Problem- und Fragestellungen, deren Resultate, ohne erneut explizit aufgegriffen zu werden, in seinem 1944 publizierten Hauptwerk, The Great Transformation, einfließen, und geben damit Einblick in die Gedankengänge, Ideen und Überlegungen, aus denen jene hervorgegangen sind. Sie sind auch (und vor allen Dingen) wichtige Zeitdokumente, bedeutsam als direkte und unmittelbare Reflexionen über die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse der Zwischenkriegsphase. Polanyi analysiert mit großer Sorgfalt sowohl die wirtschaftlichen wie auch die politischen Ereignisse, die Weltwirtschaftskrise wie die internationale politische Lage, die Versuche, die Bedingungen für Frieden und Aufschwung herzustellen, wie die Konflikte, die in Richtung eines neuen Weltkriegs weisen. Zu den Themen der hauptsächlich für den Österreichischen Volkswirt verfassten Artikel gehören die industrielle Restrukturierung, die korporativen Tendenzen, der Aufstieg des Faschismus sowie die Transformation der ökonomischen und politischen Institutionen in Großbritannien und in den USA während der Periode des New Deal. Diese werden ergänzt durch Arbeiten über grundsätzliche Themen wie Preisbildung, ökonomische Theorie, Soziologie und Theorie des Sozialismus. Allen Untersuchungen unterliegt eine einheitliche, theoretisch und politisch grundlegende Fragestellung: Wie können - nach dem Zusammenbruch des liberalen Systems des 19. Jahrhunderts wie der sozialistischen Hoffnungen der zwanziger Jahre - Demokratie und Freiheit verteidigt und ausgebaut werden?

Die wichtigsten Artikel, Aufsätze und Manuskripte, die in der Periode zwischen 1920 und 1945 entstanden sind, werden nach inhaltlichen Schwerpunkten in drei Bände gruppiert. Band I, der die Überschrift ‚Wirtschaftliche Transformation, Gegenbewegungen und der Kampf um die Demokratie‘ trägt, enthält die Analysen zu den Themenbereichen Wirtschaft, Weltwirtschaftskrise und Wirtschaftspolitik. Gegenstand von Band II ist ‚Die internationale Politik zwischen den beiden Weltkriegen‘. Band III, in dem wir die theoretischen Arbeiten zur den Fragen Preisbildung, sozialistische Wirtschaftsrechnung, Marxismus, soziologische Theorie, Sozialismus und Demokratie u.a. zusammengefasst haben, steht unter der Überschrift ‚Freiheit, Demokratie und Sozialismus‘.

Das Argument 254/2004, S. 153-154 (Yasar Aydin):
"Polanyis Hauptwerk 'The Great Transformation' und die dort entwickelte Kategorie der Entbettung liefern in vielen Fällen den normativen Hintergrund kritischer Globatisierungsanalysen. Der vorliegende Sammelband gestattet einen Blick in den Steinbruch, aus dem dieses Werk hervorgegangen ist. Er ermöglicht es, die theoretische wie auch politische Entwicklung Polanyis nachzuvollziehen. ... Die Idee der 'Verantwortung als Grundlage der inneren Freiheit des Menschen' (S. 14) ist Ausgangspunkt der Kritik des Verf. am kapitalistischen Marktsystem. Sowohl Bürokratisierung als auch die Dynamik des Preismechanismus entwickeln mit der Zeit ein Eigenleben und entziehen sich der 'Übersicht' des einzelnen Individuums. Die Marktgesellschaft bietet nur Raum für eine 'entfremdete' Form der Freiheit, die Individuen als voneinander isoliert und atomisiert denkt. Verf. Antwort ist der Ruf nach umfassender Demokratisierung. ... Den wirtschaftlichen und politischen Eliten seiner Zeit wirft er vor, die 'Demokratie', statt sie 'zur wirtschaftlichen Verantwortung zu erziehen' (153), preisgegeben zu haben. Er verdeutlicht an Beispielen, dass Marktintervention nicht notwendigerweise eine 'Funktionsstörung' wirtschaftlicher Entwicklung zur Folge habe. Umgekehrt: Gerade die 'Einbettung' des Marktes in die Gesellschaft fördere die menschliche Entwicklung. Die Transformationen der kapitalistischen Produktionsweise analysiert er aber gerade als Prozess der fortschreitenden 'Entbettung' des Marktes aus seinem gesellschaftlichen Rahmen. Damit bietet er einen nützlichen Ansatz zum Verständnis der neoliberalen Periode kapitalistischer Globalisierung, der allerdings die Rolle von Staat und Politik in diesen Prozessen vernachlässigt."