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Krajewski, Markus: ZettelWirtschaft. Die Geburt der Kartei aus dem Geiste der Bibliothek, Bd. 4 von copyrights, hg. von Dirk Baecker, Kulturverlag Kadmos, Berlin, 2002,

Kurzbeschreibung http://www.uni-weimar.de/medien/wissenschaftsgeschichte/publikationen/zw.html

Auf nahezu jedem Schreibtisch steht heute ein zumeist grauer Kasten, aus dem viele Kabel kommen. Vor 70 Jahren war dieser datenverarbeitende Kasten noch unscheinbarer, unelektronisch und aus Holz, buchstäblich eine Papiermaschine. Die ZettelWirtschaft widmet sich der Frage, wie diese Maschine namens Kartei ihren Siegeszug als ebenso universelles wie zentrales Werkzeug zur Datenverarbeitung in den Büros und Schreibstuben um 1930, bis zum Vorabend der universalen diskreten Maschine namens Computer, antreten konnte. Dabei wird die Entwicklung der Kartei anhand ihrer historischen Brüche verfolgt: angefangen bei den ersten explizit beschriebenen Verzettelungen des Wissens in der Frühen Neuzeit, über die beinahe zufällige Einführung und allmähliche Durchsetzung von Zettel-Katalogen in den Bibliotheken um 1800 steuert die Studie - nach einem Seitenblick auf die Produktionsbedingungen von Literatur mit Hilfe der Zettelkästen - hin zur zentralen These, der diskursiven Übertragung zwischen den Institutionen des Schreibens, zwischen Bibliothek und Büro. Diese Transformation eines bibliothekarischen Zettelkatalogs in ein hochökonomisches Instrument der Buchführung ereignet sich in Nordamerika, womit ein Technologietransfer nicht nur zwischen den Institutionen, sondern auch geographisch erfolgt: von den Bemühungen eines Bibliothekars, der nicht nur die Bibliothek in Harvard, sondern auch sich selbst reichlich verzettelt, reicht die Entwicklungslinie der Kartei um 1900 über ein Unternehmen namens Library Bureau, das Bibliotheksmöbel zu günstigen Preisen an die prosperierende Wirtschaft verkauft und damit den Markt für Karteisysteme überhaupt erst erschließt, bis hin zur wiederum europäischen Büroorganisation, die diese amerikanische Reform bereitwillig aufnimmt, um die Kartei als den verwaltungstechnischen Fortschritt des 20. Jahrhunderts zu feiern. Die Studie, versehen mit zahlreichen Abbildungen und zum Teil basierend auf bislang unveröffentlichtem Archivmaterial, beschreibt die Historie der Zettelkästen und Karteisysteme als eine notwendige Vorgeschichte des Computers, nicht ohne diesen Prozeß als eine abwechslungsreiche, bisweilen überraschende Geschichte des Scheiterns zu bilanzieren.


Untoter Ostgote: Das ist die Geschichte der universalen diskreten Maschine vor Turing, die seine Leistung nicht relativieren soll, sondern lediglich die langen Dauern in der westlichen Datenverarbeitung seit dem 16. Jahrhundert aufzeigt, die im Grunde bis heute bestehen. (Außerdem ist das Buch gerade der heißeste Scheiß der Technikgeschichtsschreibung.)?