Jung, Sheldrake und die Quantenphysik

Autor: Werner Held
Keywords: Jung, Sheldrake, Quantenphysik, ganzheitliches Weltbild
Abstract:

Vergleich der Jungschen Archetypenlehre mit Sheldrakes Theorie der morphogenetischen Felder im Lichte quantenphysikalischer Erkenntnisse. Unter dem Leitfaden des Komplementaritätsprinzips wird eine Erweiterung eines rein kausalmechanischen zu einem ganzheitlichen Weltbild befürwortet.

Copyright: Werner Held
 
Kommentare zu diesem Beitrag lesen / selber schreiben
9. Mai 2001 
Übersicht Experten

Inhaltsverzeichnis:

Einleitung und Begründung der Themenstellung

Erster Teil: Kurzeinführung in die Psychologie C. G. Jungs

1. 1. Die psychischen Ebenen
1. 2. Ablauf- und Wirkungsgesetze der Psyche
1. 3.  Die Energetik der Psyche
1. 4. Die Archetypen
1. 4. 1. Kritische Anmerkungen zu Jungs Archetypentheorie
1. 4. 2. Vererbung der Archetypen
1. 5. Synchronizität
 
Zweiter Teil: Sheldrakes Theorie des morphogenetischen Feldes

2. 1. Einführung
2. 2.  Das Problem der Form
2. 3. Was sind Felder?
2. 4. Morphogenetische Felder
2. 5. Morphische Resonanz
2. 6. Kann Erlerntes vererbt werden?
2. 7. Die Vererbung von morphogenetischen Feldern
2. 8. Sheldrakes Meinung zu Jung

Dritter Teil: Jung und Sheldrake aus dem Blickwinkel der Quantenphysik und der ganzheitlichen Auffassung
 
3. 1.  Die Quantentheorie
3. 1. 1. Das EPR-Paradoxon
3. 1. 2. Non-lokale Verbindungen
3. 2. Sind Quantenereignisse auf makroskopische Prozesse übertragbar?
3. 3.  Das psycho-physische Problem
3. 4. Komplementarität

Vierter Teil: Zusammenfassung
4. 1. Die Rolle C. G. Jungs im Wissenschaftskontext
4. 2. Kritische Gedanken zur Theorie Sheldrakes
4. 3. Schlußbetrachtung

Verwendete Literatur

weitere Links zu Werner Held:

Einleitung

In der hier vorliegenden interdisziplinären Arbeit soll die Archetypentheorie C. G. Jungs dargestellt werden und auf augenscheinliche Parallelen zu Rupert Sheldrakes Theorie der morphogenetischen Felder verwiesen werden. Sheldrakes Feldtheorie bietet insbesondere bei ungeklärten Fragestellungen wie der Vererbung von Archetypen ein alternatives Verständnismodell an. In diesem Vergleich und mittels Exkursionen in die Quantenphysik, Biologie und Parapsychologie soll der Frage nachgegangen werden, ob es eine Verbindung zwischen Individuen gibt, die nicht mit kausaler Informationsvermittlung erklärt werden kann. Es wird zu zeigen versucht, daß es eine solche akausale Verbindung gibt und daß sie in einem komplementären1  Verhältnis zur Kausalität steht. Neben dem Vergleich der Theorien Jungs und Sheldrakes wird unter dem Gesichtspunkt der Komplementarität eine Beleuchtung des Verhältnisses zwischen Psyche und Materie dargestellt. Komplementarität ist deshalb zentral für diese Arbeit, weil sie über die konsequente Doppelbetrachtung eine objektive ganzheitliche Beschreibung der Realität ermöglicht. Desweiteren wird gezeigt, daß C. G. Jungs Überlegungen zum ganzheitlichen Wesen der menschlichen Psyche, trotz aller Widersprüchlichkeiten, einen keineswegs veralteten, sondern einen im Gegenteil hochaktuellen Ansatz darstellen. Seine Vordenkerrolle wurde von fast allen Kritikern des kausalmechanistischen Weltbilds und Begründern der „New Age“ Bewegung und Anhängern der „New Science“ anerkannt. So hebt der Physiker Fritjof Capra hervor, daß Jung mit dem Begriff des kollektiven Unbewußten ein Bindeglied zwischen dem Individuum und der Menschheit insgesamt und in gewissem Sinn zwischen dem Individuum und dem gesamten Kosmos voraussetzte und damit Freuds deterministische Auffassung psychischer Phänomene überschritten habe. Psychische Strukturen sind nicht nur kausal, sondern auch akausal vernüpft. Der von Jung geprägte Begriff der Synchronizität nahm einen Gedanken vorweg, der heute in der Quantenphysik bestätigt zu werden scheint; denn heute unterscheiden Physiker auch zwischen kausalen (oder lokalen) und akausalen (oder nichtlokalen) Zusammenhängen. Synchronizität ist nach wie vor sinnvoll für ein Verständnis neuester Ergebnisse der modernen Physik; einerseits über den Weg von Analogien, andererseits entsprechend der immer weiter um sich greifenden Erkenntnis, daß dem Bewußtsein eine bedeutende Rolle in der Quantenphysik zukommt.
 

Begründung der Themenstellung

Was macht es überhaupt für einen Sinn, eine, insbesondere wegen ihrer spekulativen Tendenzen umstrittene, Theorie der Archetypenlehre mit einer ebenfalls als in weiten Teilen spekulativ umstrittenen Theorie der morphogenetischen Felder zu überprüfen und zu ergänzen?
Erstens halte ich es für nötig, Jungs nicht präzise ausformuliertes Wesen der Archetypen und deren Vererbung aufgrund der augenscheinlichen Ähnlichkeiten in eine plausiblere Feldvorstellung zu integrieren und damit Jungs Ideen in gewissen Punkten zu aktualisieren .

Zweitens wäre eine sich undogmatisch nennende Wissenschaft immer gut beraten, wenn sie Theorien nicht einfach wegen metaphysischer Bestandteile rundherum ablehnte, sondern neuartige Ideen vorurteilslos betrachtete und in den Wissensfundus aufnehmen würde, denn die Welt ist nicht mehr so wie sie war. Die seit Descartes versuchte Abspaltung der nicht rationalen, nicht mechanischen und nicht lokalen Aspekte der Wirklichkeit ist an ihr Ende gelangt. Die Komplementarität als grundsätzliche Beschaffenheit der Realität ist ein Faktum, das nicht mehr ignoriert werden kann. Welches die effektivste theoretische Form sein könnte, in welche sie integriert wird, ist natürlich eine andere Frage. Eine wirklich überzeugende Theorie muß allerdings erst noch entwickelt werden, Jungs und Sheldrakes Überlegungen sind jedenfalls ernstzunehmende Schritte in diese Richtung.

Drittens ist diese Arbeit ein Versuch, Ähnlichkeiten in den unterschiedlichsten Disziplinen herauszustellen und unter dem Blickwinkel der Komplementarität und der Ganzheitlichkeit zu untersuchen.
 
 

Erster Teil:Kurzeinführung in die Psychologie C. G. Jungs
 

Die Fragestellungen verlangen nur entsprechende Teilaspekte der Psychologie Jungs zu erörtern:das kollektive Unbewußte, die Archetypentheorie und die Ablauf- und Wirkungsgesetze der Psyche. Die verschiedenen Instanzen der Psyche wie Ich, Schatten, Persona sowie die einzelnen Archetypen wie Animus-Anima, Selbst usw. werden nicht behandelt, da nur die grundsätzlichen Prinzipien betrachtet werden sollen.
 
1. 1. Die psychischen Ebenen

Jung unterscheidet drei psychische Stufen:

1) das Bewußtsein

Bewußt ist nach Jung alles, was eine Beziehung zum Ich besitzt, ohne diese Beziehung ist es unbewußt. Entsprechend lautet Jungs Definition vom Bewußtsein:„Das Bewußtsein ist die Funktion der Tätigkeit, welche die Beziehung psychischer Inhalte zum Ich unterhält.“2
Auf die Frage, wie das Bewußtsein entsteht, antwortet er:„Das Abweichen vom und das Sich-in-Gegensatz-Setzen zum Instinkt schafft Bewußtsein“.3

2) das persönliche Unbewußte

In ihm befindet sich Vergessenes, Verdrängtes und nicht bis zum Bewußtsein vorgedrungene Inhalte. Dorthin sind Sinneseindrücke und Gedanken abgesunken, die ausschließlich während der Lebenszeit des Individuums vorgekommen sind. Der Bereich des persönlichen Unbewußten entspricht im wesentlichen Freuds Vorstellungsrahmen vom Unbewußten.

3) das kollektive Unbewußte

„Das kollektive Unbewußte ist die gewaltige geistige Erbmasse der Menschheitsentwicklung, wiedergeboren in jeder individuellen ... Struktur.“4 Dabei handelt es sich um ein allgemeinmenschliches Erbgut an Vorstellungsmöglichkeiten, das die eigentliche Grundlage des individuell Seelischen darstellt. Es ist sozusagen der Niederschlag aller wesentlichen psychischen Erfahrungen der Menschheit seit der Urzeit und ein Bereitschaftssystem für Reaktionen, die sich im psychischen Wesen ständig wiederholen. Jung schreibt ihm autonomen, also selbsttätigen Charakter zu.

Die Struktur des individuellen (= persönlichen) Unbewußten wird von gefühlsbetonten Komplexen gebildet. Die Struktur des kollektiven Unbewußten wird von den Archetypen geprägt. Im Grunde handelt es sich hierbei um dieselbe Struktur, denn im Kern eines jeden Komplexes steckt ein Archetyp.

Jung hat den Begriff der Psyche niemals genau definiert, denn:„im Augenblick, wo man sich einen Begriff von einer Sache macht, ist es gelungen, einen ihrer Aspekte einzufangen, wobei man regelmäßig der Täuschung unterliegt, das Ganze erwischt zu haben. Man pflegt dabei sich keinerlei Rechenschaft darüber zu geben, daß eine totale Erfassung vollkommen unmöglich ist.“5 Er bemüht sich aber dennoch um eine formale Zusammenfassung, so beschreibt er die Psyche als die „Gesamtheit aller psychischen Vorgänge, der bewußten sowohl der unbewußten.“6 Er schreibt:„Wir müssen uns aber wohl an den Gedanken gewöhnen, daß das Bewußtsein kein Hier und das Unbewußte kein Dort ist. Die Psyche stellt vielmehr eine bewußt-unbewußte Ganzheit dar.“7

Die explizite Ausformulierung eines kollektiven Unbewußten ist Jungs Pionierleistung, obgleich sich auch bei Freud vereinzelt Belege für die Annahme einer kollektiven Psyche finden lassen. „Ohne die Annahme einer Massenpsyche“, schreibt Freud, „einer Kontinuität im Gefühlsleben der Menschen, welche gestattet, sich über die Unterbrechungen der seelischen Akte durch das Vergehen der Individuen hinwegzusetzen, kann die Völkerpsychologie überhaupt nicht bestehen. Setzen sich die psychischen Prozesse der einen Generation nicht auf die nächste fort, müßte jede ihre Einstellung zum Leben neu erwerben, so gäbe es auf diesem Gebiet keinen Fortschritt und so gut wie keine Entwicklung. Es erheben sich nun zwei neue Fragen, wieviel man der psychischen Kontinuität innerhalb der Generationsreihen zutrauen kann, und welcher Mittel und Wege sich die eine Generation bedient, um ihre psychischen Zustände auf die nächste zu übertragen. Ich werde nicht behaupten, daß diese Probleme weit genug geklärt sind, oder daß die direkte Mitteilung und Tradition, an die man zunächst denkt, für das Erfordernis hinreichen.“8

Den Schritt, den Jung als Wissenschaftler nicht wagen durfte und konnte, nämlich das kollektive Unbewußte als den psychischen, damit raumzeitlosen, damit aber auch kosmischen Seinsgrund aufzufassen, ist er dennoch gegangen, wie später beim Kapitel über die Synchronizität gezeigt wird.
 

1. 2. Die Ablaufs- und Wirkungsgesetze der Psyche
 
Jung hat keinen statischen, sondern einen dynamischen Strukturbegriff der Psyche. Die Psyche ist ein System mit Selbstregulierung. Diese Selbstregulierung folgt dem Gesetz der Gegensätzlichkeit, nach dem alles psychische Geschehen zwangsläufig auf Gegensätzen aufgebaut sein muß und sich diese Gegensätze in einem fortwährenden Ausgleich befinden. Alles läuft einmal in sein Gegenteil hinein. Heraklit prägte angesichts dieser Erkenntnis den Begriff der Enantiodromia. Ohne Gegensätze entstünde keine Potentialgefälle und somit keine energetische Bewegung. Alles Lebendige ist Energie und beruht daher auf Gegensätzlichkeit. Die Gegensätze verhalten sich grundsätzlich komplementär und kompensatorisch zueinander. So geht Jung zum grundsätzlichen Ablauf des Psychischen über, indem er folgegemäß jeder bewußten Handlung einen komplementären unbewußten Ausgleich zuweist. Die verweigerte Anerkennung des unbewußten Gegenteils führt zu einer der natürlichen Funktionalität der Psyche widersprechenden Einseitigkeit und somit zu Stauungen des Energieflusses. Ein so häufig versuchter Ausschluß der negativen Konsequenz jeder bewußten positiven Handlung kann daher nicht gelingen; das Gegensatzprinzip läßt sich nicht austricksen.

Ohne diese ausgleichende Wirkung des Unbewußten wäre ein Organismus überhaupt nicht lebensfähig, da diese Einseitigkeit des bewußten Handelns zu Stauungen und letztlich zu krankheitsbildenden Phänomenen führen würde. Die Tatsache, daß es psychosomatische Krankheiten gibt, zeigt, daß dieser unbewußte Ausgleich nur bis zu einem gewissen Maß an Einseitigkeit wirksam Krankheiten vorbeugt.
 
 

1. 3. Die Energetik der Psyche

Die ersten Grundbeobachtungen Jungs beim psychischen Geschehen sind die psychische Ganzheit (=Totalität) und die psychische Energetik. Erstere meint die Finalität und die Tatsache, daß in der Seele nichts verloren geht, das heißt, daß alles gespeichert wird. Letztere bestätigt die Gegensatzstruktur der Psyche. „Gegensätze sind extreme Eigenschaften eines Zustandes, vermöge welcher letzterer als wirklich wahrgenommen werden kann, denn sie bilden ein Potential. Die Psyche besteht aus Vorgängen, deren Energie dem Ausgleich verschiedenster Gegensätze entstammen kann.“9

Libido nennt Jung „die Gesamtheit jener Kraft ... , die sämtliche Formen und Tätigkeiten dieses psychischen Systems durchpulst und miteinander verbindet. Sie ist nichts anderes als die Intensität des psychischen Vorgangs, sein psychologischer Wert, der nur an psychischen Wirkungen und Leistungen bestimmbar ist.“10 Jung setzt den Begriff „Entropie“ aus der Physik analog zum psychischen System:„In diesem Totalsystem ist die Menge der Energie konstant und nur ihre Verteilung variabel. Beispielweise kann kein psychischer Wert verschwinden, ohne durch ein Äquivalent ersetzt zu werden.“11 Diese Relationen werden in ständiger lebendiger Spannung untereinander geregelt und doch bleibt dabei der absolute Energiebetrag unverändert. Ebenso folgt aus dem Energiegesetz, daß sich die psychische Energie (Libido) infolge des natürlichen Gefälles von dem einen Pol eines Gegensatzpaares zum anderen hinüberfließen kann. „Das heißt z. B., daß die Energiebesetzung des Unbewußten in dem Maße zunimmt, als das Bewußtsein an Energie verliert.“12 Ferner kann die Energie durch einen Willensakt von ihrer ur-sprünglichen Zielrichtung abgeleitet werden und sich verwandelte, mitunter sogar gegensätzliche Manifestationen suchen. In der Freudschen Terminologie wird dies mit Sublimierung bezeichnet. Das Gesetz der Entropie besagt außerdem, „daß bei geleisteter Arbeit Wärme verloren geht, d.h. geordnete Bewegung sich in ungeordnete, nicht mehr in Arbeit überzuführende, zerstreute, verwandelt. Da nun Bewegung auf Gefälle beruht, durch welches aber immer mehr an Potential verloren geht, strebt die Energie zwangsläufig einem Ausgleich zu, der als Wärme- oder Kältetod zum völligen Stillstand führen müßte.“13 Die Voraussetzung dafür wäre ein völlig geschlossenes System, da dies aber nie ganz zu verwirklichen ist, sind unserer Erfahrung nur relativ geschlossene Systeme zugänglich.

Das Entropiegesetz gilt, wie erwähnt, nur für geschlossene Systeme. Der menschliche Organismus ist jedoch ein offenes, mit seiner Umwelt in ständigen Austausch stehendes System. So nimmt Jung folgegemäß an, daß die Psyche als geschlossenes System zum offenen System des Organismus im Widerspruch steht. Da er im kollektiven Unbewußten alle psychischen Ereignisse der gesamten Menschheit gespeichert sieht, kann er in der Tat nicht anders, als die Psyche als geschlossenes System anzunehmen. Diese Paradoxie verstärkt sich noch, wenn Jung seinen Energiebegriff auf das kollektive Unbewußte anwendet. Energie ist wie Materie wesentlich mit dem Raumzeitkontinuum verknüpft, sein Begriff der Psyche jedoch geht darüber hinaus, wie später beim Kapitel über die Synchronizität erläutert wird. Jung erkennt die Widersprüchlichkeit seines Energiebegriffs und beruft sich auf das Recht zur eigenen Begriffsbildung innerhalb der Psychologie, und er betonte, daß er nicht deckungsgleich mit dem Energiebegriff der Physik ist. Zur weiteren Klärung legte er Wert auf die Feststellung, daß der Begriff empirisch zustandegekommen ist und nachträglich auf bereits gemachte Erfahrungen angewandt wurde:„Der Begriff der Energie hat nichts mit Metaphysik zu tun, denn er ist nur ein Rechenpfennig des Verstandes, der damit Erfahrungen ordnet. Energie ist nur dann metaphysisch, wenn sie kein Erfahrungsbegriff mehr ist, sondern wenn sie z.B. als Weltgrundlage vorausgesetzt oder als Substanz gedacht wird, wie bei den Monisten.“14 Ob allerdings sein Energiebegriff ausschließlich ein Erfahrungsbegriff ist, darf angezweifelt werden.

Hier wird der Sinn und auch der Unsinn von Analogien deutlich. Je nachdem wie glücklich die Analogsetzungen sind, so ist das Ergebnis entweder ein heuristischer Impuls zur Verknüpfung von bisher getrennten Bereichen oder aber eine nicht sehr hilfreiche Begriffsverwirrung.
 

1. 4. Die Archetypen

Jung übernahm den Begriff des „Archetypus“ von Augustinus, nachdem er zuvor selbiges mit „urtümliche Bilder“ bezeichnet hatte. Wie Augustinus stand er unter dem Einfluß der platonischen Ideenlehre und dachte die Archetypen als apriorische Konfiguration:die Archetypen seien etwas Vorpsychisches. Da sich aber bei Jung auch häufig aposteriorische Erklärungen finden lassen, könnte man seine Sichtweise so zusammenfassen:Die Archetypen sind hinsichtlich des individuellen Lebens apriorisch, hinsichtlich ihrer Entstehung als gehäufte Erfahrung der Ahnenreihe, als Niederschlag unzähliger ähnlicher Vorgänge aposteriorisch zu verstehen. Wie dem letztlich widersprüchlichen Dualismus apriorisch-aposteriorisch zu entgehen ist, wird in Sheldrakes Theorie und in einem Exkurs in die quantenphysikalische Überwindung von Ursache und Wirkung später noch aufgezeigt.

Der Begriff „Archetypus“ oder „urtümliches Bild“ bezeichnet nur diejenigen psychischen Inhalte, die noch keiner Bearbeitung unterworfen waren, also eine noch unmittelbare seelische Gegebenheit darstellen, die als solches nicht erkenntnisfähig ist. Erst wenn die Archetypen Visionen oder Träume initiieren, sind sie über diese sichtbaren Erscheinungen empirisch deutbar. Der Archetypus an sich (Jung unterschied diesen ab 1946 ausdrücklich von seinen sichtbaren Erscheinungen) ist ein angeborenes und allgemein vorhandenes Formprinzip, sozusagen eine inhaltslose Energiebahnung. Er gibt den sinnlichen und inneren geistigen Wahrnehmungen, die zuerst ungeordnet und unzusammenhängend erscheinen, einen ordnenden und verbindenden Sinn und befreit dadurch die psychische Energie von der Bindung an die bloße und unverstandene Wahrnehmung. Es bindet aber auch die durch Wahrnehmung der Reize entfesselten Energien an einen bestimmten Sinn, der das Handeln in die dem Sinn entsprechenden Bahnen leitet. Die Archetypen stellen also die Brücke zwischen Naturgeschehen und den Ideen dar. Wie der Organismus dem Licht das Auge entgegensetzt, so setzt der Geist dem Naturvorgang ein symbolisches Bild entgegen. Beides ist Ausdruck für eine selbständige schöpferische Tätigkeit des lebenden Stoffes bzw. des Geistes. Beides erfaßt das Naturgeschehen und wandelt es um.

In den Archetypen sind die gesammelten und verdichteten Erfahrungen gespeichert, die jemals auf diesem Planeten vorgekommen sind. Hieraus wird deutlich, welche fundamentale Bedeutung die Archetypen für die menschliche Wahrnehmung und Empfindung besitzen; sie sind die grundsätzlichsten Ordnungsprinzipien des menschlichen Geistes. Wie wir später sehen werden, versuchen sowohl Jung als auch Sheldrake dieses dynamische Ordnungsprinzip auf alle Formerscheinungen des Universums auszudehnen.

Jung geht auf das Wesen der menschlichen Erfahrung ein und beschreibt als ihre Vorbedingung eine interaktive Beziehung zwischen einem ähnlichen Muster in Vergangenheit und Gegenwart. Er selbst setzt es leider lediglich in Bezug zu Plato, was den evolutionären Teilaspekt der Ähnlichmachung von bisher geringfügig Unähnlichem vernachlässigt und erklärt, daß die äußere Situation die Erinnerung des Urbilds anregt und sich darin Erkenntnis ereignet; insofern ist jedes Erkennen Wiedererkennen:„Es gibt bekanntlich keine menschliche Erfahrung, und es ist auch gar keine Erfahrung möglich, ohne das Hinzutreten einer subjektiven Bereitschaft. Worin besteht aber diese subjektive Bereitschaft? Sie besteht in letzter Linie in einer angeborenen psychischen Struktur, die es dem Menschen erlaubt, überhaupt so eine Erfahrung zu machen ... Die Form der Welt, in die er geboren wird, ist ihm bereits als virtuelles Bild eingeboren. Und so sind ihm Eltern, Frau, Kinder, Geburt und Tod als virtuelle Bilder, als psychische Bereitschaften eingeboren. Diese apriorischen Kategorien sind natürlich kollektiver Natur, es sind Bilder von Eltern, Frau und Kindern im allgemeinen ... Sie sind in gewissem Sinne die Niederschläge aller Erfahrungen der Ahnenreihe.“15 Aus diesem Zitat läßt sich herauslesen, daß er die Vergangenheit als überall potentiell präsent annimmt.

Zur Anzahl der Archetypen führt er aus: „Es gibt so viele Archetypen, als es typische Situationen im Leben gibt. Endlose Wiederholung hat diese Erfahrungen in die psychische Konstitution eingeprägt, nicht in Form von Bildern, die von einem Inhalt erfüllt wären, sondern zunächst beinahe nur als Formen ohne Inhalt, welche bloß die Möglichkeit eines bestimmten Typus der Auffassung und des Handelns entsprechen. Wenn sich im Leben etwas ereignet, was einem Archetypus entspricht, wird dieser aktiviert...“16 Er formuliert sogar noch etwas erweitert: „Eigentlich beruhen alle Lebensäußerungen, insoferne sie allgemein-menschlicher und typischer Natur sind, auf archetypischer Grundlage, mögen sie sich auf der biologischen, der psycho-biologischen oder der geistigen Ideationsebene manifestieren.“17
 

1. 4. 1. Kritische Anmerkungen zu Jungs Archetypenlehre

Balmer deckt in seiner teilweise scharfsinnigen Kritik an Jungs Archetypentheorie die logischen Ungenauigkeiten bei der Beschreibung des Archetypus auf. Die Paradoxien, die aus den auf zwei Seiten1  gesammelten Zitaten deutlich werden, lassen sich auch dann nur unzureichend ausräumen, wenn man unterstellt, daß Jung dabei lediglich den Archetypus an sich und seine sichtbaren Erscheinungen vermengt hat. Vielmehr läßt sich vermuten, daß er den Archetypus als universales Welterklärungsmodell aufgefaßt hat, dabei aber weder dessen metaphysischen Charakter wahrhaben wollte, noch dessen Tragweite mit Präzisierungen abdecken konnte. Ich werde dazu Sheldrakes Theorie der morphogenetischen Felder herbeiziehen, um festzustellen, ob sie tauglich ist, die Vielzahl Jungs teils paradoxer Aussprüche in einen neuen Erklärungszusammenhang einzufügen. Pongratz bemerkt dazu:„So reicht denn die Sinn- und Beziehungsfülle des Archetypus vom Anorganischen bis hinauf zum Geistigen. Von einem Begriff im strengen Sinn kann hier schwerlich noch gesprochen werden ... Ist dann nicht alles, was im Himmel und auf Erden ist, archetypischer Natur?“2  Für Jung ist „das Absolute sozusagen der Makranthropos, der innerseelische Riesenmensch, das überzeitliche kollektive Subjekt, das in seinem überindividuellen Archetypen-Speicher Erfahrungen ... anhäuft. Ein Außen gibt es ja eigentlich gar nicht, da der Makranthropos alles ist“3

Durch Jungs Widersprüchlichkeit sieht man sich außerdem vor die Schwierigkeit gestellt, seiner Theorie auf adäquate Weise umfassend gerecht zu werden. Obwohl sich einige Grundzüge herausarbeiten lassen, entsteht letztlich leider doch eine Art von Beliebigkeit im Umgang mit seiner Archetypentheorie, da sich jeder schließlich geneigt sieht, die Definitionen herauszunehmen, die ihm persönlich am besten zusagen bzw. am stärksten widerstreben. Rittmeister sieht es folgendermaßen:„Jung ist reich an interessanten und zweifellos richtigen psychologischen Betrachtungen, dem aber dann wieder arge Schnitzer und Unbegreiflichkeiten gegenüberstehen.“4
Und er formuliert einen weiteren Kritikpunkt:„Die Archetypen, die dialektischen Glieder existieren nicht irgendwie und irgendwo wie die platonischen Ideen etwa im kollektiven Unbewußten, sondern die Vorgänge in Natur, Leben, menschlichem Erlebnis und daher auch im Denken, sind dialektischer Art. Aus Träumen, in denen unbekannte Symbole oder den Träumer überraschende Inhalte vorkommen, kann man nicht schließen, als seien diese spezifischen Symbole als solche vererbt, bisher dem Träumer latent geblieben und nun plötzlich aufgetaucht, vielmehr haben die Symbole eine Vorgeschichte wenigstens in der eigenen Kindheit, dort bilden sich typische Schemata, die natürlich Ähnlichkeit mit anderen frühmenschlichen Schemata haben können.“5 Man kann in der Tat den Eindruck haben, daß Jung das Erscheinen der Archetypen aus heiterem Himmel und ohne jeglichen Bezug zum Vorleben auffaßt. Schließlich postuliert er ein autonomes Tätigwerden der Archetypen, und er wird nicht müde zu betonen, daß gewisse archetypische Symbole nichts mit der individuellen Persönlichkeit zu tun haben. Wenn man bedenkt, wie Jung ein „Überflutetwerden“ durch unbewußte Inhalte am eigenem Leib erfahren mußte, ist es offensichtlich, daß ihm diese Erscheinungen völlig fremdartig vorkamen und er keinen Bezug zu seiner Persönlichkeit herstellen konnte. Auch wenn vieles für die Existenz kollektiver Bilder spricht, bedeutet das aber nicht, daß ihr Auftauchen nicht in einem festen Sinnzusammenhang von jeweiliger Lebenssituation und frühkindlichen Erfahrungen steht. Jung vernachlässigt diese Zusammenhänge in seiner Faszination für urtümliche Bilder und Mythen fast schon konsequent.
 

1. 4. 2. Die Vererbung der Archetypen

Jung hatte zur Frage, wie denn die Archetypen vererbt werden, keine eindeutige Vorstellung. Anfangs neigte er zu der Annahme einer genetischen Vererbung von Bildern; er mußte sich jedoch dem Einwand der naturwissenschaftlichen Vererbungslehre beugen, die die genetische Weitergabe von erworbenen Eigenschaften bzw. Bilderinnerungen ausschließt. Jung präzisierte:„Es handelt sich bei diesem Begriff nicht um eine vererbte Vorstellungen, sondern um ererbte Bahnungen...6 oder auch „Archetypen sind formal und nicht inhaltlich bestimmt.“7 Da sich Jung als Empiriker empfand, mußte er sich an diesem heiklen Punkt Zurückhaltung auferlegen. Jedenfalls ließ er später stillschweigend die Redeweise von einer genetischen Entstehung des kollektiven Unbewußten fallen und sprach davon, daß es sich mit der Hirnstruktur vererbt wird. Darin ist implizit die Annahme enthalten, daß einer spezifischen Form - eben der Hirnstruktur - eine spezifische geistige Disposition entspricht.
 

Um die spezielle Wirkungsweise der Archetypen und ihr grundsätzliches Angeordnetsein im Sinne Jungs zu verstehen, ist die Behandlung des Prinzips der Synchronizität nötig.
 

1. 5. Synchronizität

Jung beschäftigte sich mehr als zwanzig Jahre mit den folgenden Überlegungen, ehe er sie in einer bedeutenden Abhandlung „Synchronizität als ein Prinzip akausaler Zusammenhänge“ 1952 veröffentlichte. Obwohl ihm das Wagnis, sich mit derlei grenzwissenschaftlichen Phänomenen zu beschäftigen, lange Zeit Zurückhaltung wahren ließ, gaben drei Gründe den Ausschlag für diese mit dem Nobelpreisphysiker Wolfgang Pauli abgestimmte Veröffentlichung:Die durch die Quantenphysik relativierte Gültigkeit der Kausalität, seine Erfahrungen über die Existenz dieser Phänomene in seiner psychotherapeutischen Praxis und die Resultate aus der parapsychologischen Forschung, insbesondere der von J. B. Rhine durchgeführten Experimente. In seiner Definition nennt sie Jung akausale Zusammenhänge, „die zeitliche Koinzidenz zweier oder mehrerer nicht kausal aufeinander beziehbarer Ereignisse gleichen oder ähnlichen Sinngehalts.“8 Damit ist ein Zusammentreffen von Ahnungen, Träumen, Einfällen mit äußeren Ereignissen gemeint. Ebenso zählt er darunter sinngemäße Koinzidenzen mit zeitlicher Distanz (Präkognitionsphänomene) und mit räumlicher Distanz (Telepathie). Zustande kommt dies, gemäß Jung, durch ein „im Unbewußten vorhandenes und wirkendes, apriorisches Wissen.“9 Am Auftreten synchronistischer Phänomene ist immer ein stark affektives Engagement an der Situation beteiligt, d.h. es tritt nur in wichtigen Momenten des Lebens zu Tage. Jungs Begriff der Synchronizität kommt die Rolle zu, paranormale bzw. ESP (extra-sensory perception) Phänomene in den Rahmen seiner Archetypenlehre zu überführen. Denn es sind die Archetypen („apriorische Vorstellungsformen“), die diese psycho-physischen Parallelitäten organisieren. Wie so häufig verwendet er zum Verhältnis Kausalität und Synchronizität eine Analogie aus der Physik. Synchronizität ist die komplementäre, d.h. sich ergänzende und gegenseitig ausschließende Wechselbeziehung zur Kausalität entsprechend der Wellen- und Korpuskeltheorie des Lichts. Unsere Sichtweise kann jeweils nur einem der beiden Prinzipien folgen, obwohl diese beiden Gegenaspekte eine paradoxe Einheit bilden. Diese Komplementarität zieht sich in der Tat durch alle Erkenntnisse der modernen Physik und ist von jeher wesentliches Prinzip in den östlichen Religionen. Sie wird uns auch im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit immer wieder begegnen.

Welcher Art ist nun dieser in der Definition genannte Sinnzusammenhang? Jung verläßt hier den Rahmen der Empirie und nimmt einen transzendentalen Sinn an, einen an sich unerkennbaren zugrundeliegenden universalen Weltplan, der sich nur in der Anordnung von Ereignissen offenbart. Hier geschieht nun eine entscheidende Erweiterung des Synchronizitätsbegriffs:Er spricht nun von Synchronizität im erweiterten Sinn als ursacheloses Angeordnetsein des ganzen Universum. Aber mit jeder Erweiterung bzw. Übertragung  treten neue Schwierigkeiten hinzu. Pauli kritisiert, daß zuviele Kriterien des engen Begriffs bei der erweiterten Beschreibung verloren gehen10 . Wie oben bereits angeführt, ist es die archetypische Spontaneität, die Synchronizitätsphänomene bewirkt. Wenn er den Begriff der Synchronizität aber auf universelle Breite ausdehnt, erhält auch der Begriff des Archetyps eine entsprechende Erweiterung. Nicht nur psychische Wesenheiten werden von ihm angeordnet, sondern auch in allen außerpsychischen Bereichen tritt der Archetyp als „Anordnungsfaktor schlechthin“ auf. Diesem universellen Charakter der Archetypen ähnelt Sheldrakes Vorstellung des morphischen Feldes. Synchronizität meint also im erweiterten Sinne (ohne menschliche Beteiligung) eine sinngemäße Koinzidenz zweier oder mehrerer Ereignisse. Weil der Begriff „Sinn“ aber einen Bezug zur Psyche darstellt, spricht Jung im verallgemeinerten Fall nicht mehr von einem gemeinsamen Sinn, sondern von archetypischer Gleichartigkeit oder archetypischer Konformität. Die archetypische Gleichartigkeit läßt sich mit kausalen Determinationen nicht erklären, nur eine akausale Verbindung ist denkbar. Damit zeigt sich die enge Verknüpfung von Archetypenlehre und dem Prinzip der Synchronizität.

Die Antwort auf die Frage, warum denn das Auftreten der sinngemäßen Koinzidenz im psychischen Leben nur so selten geschieht, obwohl die grundsätzliche archetypische Angeordnetheit den Menschen permanent beeinflußt, ist nicht sehr schwer. Unsere einseitige Hörigkeit gegenüber den drei Erkenntniskategorien Raum, Zeit und Kausalität ist so dominant, daß synchronistische Phänomene nur in wirklich entscheidenden Situationen bemerkt werden. Jean Bolen gibt in ihrem Buch „Das Tao der Psychologie“ an, daß eine zunehmende Gesundung der Seele, d.h. einer Versöhnung mit dem Unbewußten, mit einer stark erhöhten Wahrnehmung von Synchronizitäten verbunden ist. Synchronizitäten lassen einen universellen Sinn in einer disparat erscheinenden Welt erkennen.

Außerdem konstatierte Jung einen ruinösen Einfluß, den die statistische Methode auf die zahlenmäßige Erfassung der Synchronizität ausübt (das tatsächliche Ereignis wird durch die Mittelwertbildungen eliminiert; denn Synchronizität ist nur dann signifikant, wenn das Interesse hoch ist. Läßt dieses bei längeren Versuchsreihen nach, verringert sich der Effekt. Synchronizität bleibt ein schwer zu verifizierendes Prinzip. Im Rahmen neuerer Experimentalreihen in der parapsychologischen Forschung gelingt es allerdings, diesen schwer faßbaren Einfluß stochastisch zu greifen (siehe Abschnitt 3. 2.)

Jung macht sich Gedanken, in welchen Bereichen der Synchronizität eine wichtige Rolle zukommt:„Auf organischer Stufe könnte vielleicht die biologische Morphogenese unter dem Gesichtswinkel des synchronistischen Faktors betrachtet werden.“11 Genau mit dieser Morphogenese befaßt sich Rupert Sheldrake, und es lassen sich teils verblüffende Parallelen zwischen Jung und Sheldrake nachweisen. Im folgenden wird die Theorie des morphogenetischen Feldes von Rupert Sheldrake vorgestellt, da sie über weite Strecken dem neuen komplementären, ganzheitlichen Ansatz entspricht, der das newton-kartesianisches Weltbild überwindet und einen alternativen, möglicherweise erhellenden Blick auf die bislang hier behandelten Fragestellungen wirft.

Zweiter Teil: Sheldrakes Theorie des morphogenetischen Felds

2. 1. Einführung

Der promovierte Biologe Rupert Sheldrake erregte 1981, als er nach langjähriger Tätigkeit als forschender Pflanzenphysiologe an der Universität von Cambridge und am International Corps Research Institute in Hyderabad, Indien, sein erstes Buch „Das schöpferische Universum“ veröffentlichte, größtes Aufsehen in der wissenschaftlichen Welt. Das renommierteste Wissenschaftsjournal im englischsprachigen Raum „Nature“ tobte:„Dieses ärgerliche Traktat ... ist der beste Kandidat für eine Bücherverbrennung seit vielen Jahren.“12  Ähnlich wüste Zornesausbrüche kamen aus allen Teilen der wissenschaftlichen Szene, aber es meldeten sich auch Stimmen zu Wort, die Sheldrake verteidigten, wie das Magazin „New Scientist“, das „Brain/Mind Bulletin“, Arthur Koestler, Ken Wilber oder der Physik-Nobelpreisträger Brian Josephson. Das Neue an Sheldrakes Ansichten  ist die radikale Vorstellung eines evolvierenden Universums ohne zeitlose Naturgesetze, ohne apriorische, unwandelbare, mathematische Gesetzmäßigkeiten. Stattdessen schlägt er vor, alle Formen und Gesetze des Universums als Gewohnheiten zu verstehen, die sich, einmal aufgetreten, durch beständiges Wiederholen stabilisieren. Sheldrakes Hypothese lautet:Neben den Feldern, die in der Wissenschaft schon bekannt sind - wie das Gravitationsfeld oder das elektromagnetische Feld - gibt es in der Natur „morphogenetische Felder“, die er definiert als „unsichtbare organisierende Strukturen, die Dinge wie Kristalle, Pflanzen und Tiere formen und gestalten und sich auch organisierend auf deren Verhalten auswirken.“13 Die Theorie des „morphogenetischen Feldes“ schlägt eine Brücke von der Psychologie zur Quantenmechanik und versucht sich an etwas, das die Physiker eine „Grand Theory“ nennen, nämlich eine große, vereinheitlichende Theorie. Und sie soll sich beweisen lassen! Die Gewohnheitsbildung soll nämlich laut Sheldrake in immer kürzeren Intervallen erfolgen, je häufiger sie wiederholt wird. Anhand dieser meßbaren Aspekte der Theorie will er sich dem Diktum der experimentellen Überprüfung unterwerfen.

Diese „morphogenetischen Felder“, oder vereinfacht „morphischen Felder“ enthalten die gesammelte Information aller vergangenen Geschichte und Evolution, etwa in der Art von Freuds „Menschheitsgedächtnis“, Jungs „kollektiven Unbewußten“ oder Stanislav Grofs „phylogenetischen Unbewußten“. Von diesen genannten Vorläufer-Modellen unterscheiden sich Sheldrakes Felder allerdings insofern, als die früheren Theoretiker vermuteten, daß die spezifische Information oder die Erinnerungen aus der Vergangenheit im genetischen Code gespeichert seien (was Biologen für unmöglich halten). Sheldrake hingegen behauptet, daß diese Felder jenseits materieller Strukturen existieren. Um zu begreifen, um welche Fragestellungen es Sheldrake mit seinen „formbildenden“ Feldern geht, muß man einen Blick auf das Wesen der Form werfen.

2. 2. Das Problem der Form

Auf den ersten Blick wird es nicht klar, warum denn Formen ein Problem darstellen sollen, schließlich umgeben sie uns überall und wir nehmen sie als unfragwürdige Erscheinungen wahr. Jedoch vergessen wir ebenso leicht, daß ein krasser Unterschied besteht zwischen dem scheinbar selbstverständlichen Aspekt unserer Wahrnehmung und den quantitativen Faktoren der Physik:Masse, Impuls, Energie, Temperatur, Druck usw. Während man die Beziehung zwischen ebengenannten quantitativen Faktoren durch mathematische Gleichungen darstellen kann, ist dies für die Form nicht möglich. Zwar kann man sagen, daß ein gewisser Zusammenhang zwischen der Form und quantitativen Faktoren besteht, sodaß z. B. diejenigen Formen in der Natur bevorzugt werden, die das geringste Energieniveau aufweisen, jedoch ist die spezifische Form nicht durch diese Faktoren erklärbar; es gibt beispielsweise unzählige mögliche Einfaltungen der Polypeptidkette der DNS, die das gleiche niedrige Energieniveau besitzen, jedoch wird in lebendigen Organismen nur jeweils eine spezielle Form verwirklicht. Eine Form läßt sich nicht wiegen oder chemisch analysieren oder sonstwie materiell bestimmen. Sie ist  ihrem Wesen nach nichtmateriell, ein Muster, ein Arrangement oder eine Informationsstruktur. Wie Formen entstehen, bzw. worin ihr Ursprung liegt, sind zwei anhaltende Fragen in der Philosophie.

Die philosophischen Tradition weist in dieser Frage drei Hauptströmungen auf:Platonismus, Aristotelismus und Nominalismus. Die platonische Auffassung betrachtet die materiellen Formen als Wiederspiegelungen ewiger Formen oder Urbilder. Der Ursprung der Form liegt hierbei jedenfalls außerhalb des Gegenstands und außerhalb von Raum und Zeit. Nach aristotelischer Auffassung dagegen ist der Ursprung der Form der Natur immanent und nicht transzendent:Die spezielle Form des Organismus entspringt einem nichtmateriellen Organisationsprinzip im Inneren des Organismus. Der Nominalismus erinnert uns immer daran, daß Worte, Kategorien, Begriffe und Theorien nichts als Produkte des menschlichen Geistes sind. In der Regel haben sie die Tendenz ein Eigenleben zu entwickeln, als ob ihnen eine objektive Existenz außerhalb des Bewußtseins zukäme. Da aber Formen und Begriffe nur in unserem Bewußtsein existieren, können wir niemals wissen, wie die Dinge an sich wirklich sind.

Kritiker haben Sheldrake vorgeworfen, lediglich die platonische Sichtweise zu variieren, da er seine Felder jenseits von Raum und Zeit angesiedelt habe. Gerade aber seine radikal evolutionäre Ansicht widerspricht dieser einseitigen Zuordnung, denn er spricht sich entschieden gegen die Vorstellung ewiger Ideen oder Urbilder aus. Sheldrake verwendet Hans Drieschs Zitat:„Etwas, das von einer immanenten Ganzheit ist, wirkt auf lebendige Systeme ein, ist aber nicht materieller Teil von ihnen“14  Diese zielgerichteten Organisationsprinzipien, die einen nichtmateriellen Kausalfaktor darstellen, bezeichnete Driesch nach Aristoteles als Entelechie. Sheldrake relativiert also die Trennung zwischen platonischer und aristotelischer Sichtweise, leistet sich aber mit der stillschweigenden Übernahme der Drieschschen Definition eine fundamentale Fragwürdigkeit:Wie kann etwas als Kausalfaktor nichtmaterielle und nichtlokale Eigenheiten besitzen? Beziehungen über Zeit und Raum hinweg können nicht kausal genannt werden. Kausalität bedarf einer Vermittlung, es muß sich ein Signal aufspüren lassen und er weiß selbst, daß das nicht erfüllt ist. Denn Sheldrake selbst führt die Nichtlokalität in der Quantenphysik (siehe Abschnitt 3.1.2.) als mögliche Erklärung seiner Theorie an.

Für Sheldrake besteht die Welt aus Energie und Form. Energie bedingt Energie und Form bedingt Form. Er schreibt:„Drückt man es allgemein aus, so stehen Form und Energie in einem umgekehrten Verhältnis zueinander:Energie ist das Prinzip der Veränderung, aber eine Form oder Struktur kann nur solange existieren, wie sie einer Veränderung ein gewisses Maß an Stabilität und Widerstand entgegenzusetzen hat.“15 Er vertritt eine klare Trennlinie zwischen Energie und Form (Form und Energie folgen unterschiedlichen Gesetzen). Weshalb er darauf besteht, wird angesichts des Beispiels deutlich, daß die Masse und die Energie erhalten bleibt, wenn man eine Blume verbrennt, ihre Form jedoch zerstört wird. Aber gemäß Sheldrakes eigener Theorie, ist das nicht das irreversible Ende der Form, da er schließlich ein Formgedächtnis der Natur postuliert. Das Beharren auf dieser Trennung kommt offensichtlich daher, daß er seine Theorie mit der Non-Lokalität von Quantenbeziehungen in Übereinstimmung sehen will. Denn keine bekannte Form des Energietransfers kann erklären, wie sich beispielweise Formbildungen von Kristallen über Zeit und Raum hinweg beeinflussen können.
 

2. 3. Was sind Felder?

Felder sind nichtmaterielle Einflußzonen physikalischer Größen. Sie besitzen sowohl räumlichen als auch zeitlichen Charakter. Die Felder stehen in enger Wechselwirkung   mit der Materie und organisieren sie. Felder sind jedoch kein Zustand der Materie, son-dern des Raumes. Felder an sich lassen sich nicht nachweisen, sie sind weder zu spüren, zu sehen oder zu messen. Man kann sie bestenfalls indirekt wahrnehmen, etwa wie bei der Ausrichtung von Eisenspänen in einem Magnetfeld. Neben allen bisher bekannten Feldarten wie Gravitationsfeldern, elektromagnetischen Feldern, Magnetfeldern und Quantenmateriefeldern existieren nach Sheldrake auch formbildende Felder, die sogenannten morphogenetischen oder morphischen Felder. Es ist bislang nicht gelungen, eine vereinheitlichte Feldtheorie für alle Feldarten zu entwickeln, geschweige denn, eine Feldart auf eine andere zurückzuführen.
 

2. 4. Morphogenetische Felder

Der Gedanke, die Entstehung von Organismen feldtheoretisch zu erklären, ist keine Erfindung Sheldrakes. Die drei Biologen Hans Spemann (1921), Alexander Gurwitsch (1922) und Paul Weiss (1923) äußerten ihre Vermutungen in ähnlicher Weise. Ab den 30er Jahren versuchte C. H. Waddington diesen Feldbegriff genauer zu fassen. Er prägte den Begriff „Individuationsfelder“, die für die Bildung bestimmter Organe mit charakteristischer Form verantwortlich sind und entwickelte in den 50er Jahren sein „Chreoden-Modell“. Eine Chreode ist ein Entwicklungsweg, der sich anhand einer einfachen dreidimensionalen Analogie veranschaulichen läßt, einer Landschaft, die aus einem System von sich immer weiter verzweigenden Tälern besteht. Der Entwicklungsgang kann durch das Abwärtsrollen einer Kugel verdeutlicht werden. Häufig benutzte Wege werden immer weiter ausgehöhlt und dadurch noch wahrscheinlicher benutzt. Auf dieses Modell rekurriert Sheldrake immer wieder. Er ist sich bewußt, daß besagtes Feldkonzept nichts weiter als eine veranschaulichende Abstraktion darstellt und zitiert Weiss:„Von einer Abstraktion aber können wir nicht erwarten, daß sie mehr hergibt, als wir hineingesteckt haben. Der analytische Wert und der Erklärungswert des Feldbegriffs sind daher gleich Null.“ 16

Aber auch bei Waddington findet sich ein Hinweis auf die Grenzen des Feldkonzepts:„Ein Feldkonzept besitzt vor allem deskriptiven Wert, stellt jedoch keine kausale Erklärung dar ... Die wirksamen Kräfte müssen in jedem Einzelfall wieder gesondert identifiziert werden. Nur wenn die Kräfte immer die gleichen sind oder nur wenige Arten von Kräften wirksam werden (wie in Schwerkraftfeldern oder elektromagnetischen Feldern) oder wenn die Zuordnungen immer die gleichen sind, wäre der Feldbegriff ein vereinheitlichendes Paradigma - und wir wissen, daß keine dieser Bedingungen erfüllt ist.“17   Sheldrake nimmt jedoch das Feldkonzept ernster als seine Vorgänger und macht es zur Basis all seiner weiteren Überlegungen.
 
Sheldrake steht in der Tradition seiner Vorgänger, was die geschachtelt-hierarchische Struktur der Felder betrifft:Es gibt Protonenfelder, Atomfelder, Molekülfelder, Zellenfelder, Organfelder, Artfelder u.s.w. Da es für alles und jedes ein morphisches Feld gibt, steigt ihre Zahl ins Unermeßliche.

Den Geltungsbereich seiner Hypothese schränkt er notwendigerweise ein, im Hinblick auf das wichtigste Prinzip in der wissenschaftlichen Forschung, nämlich der grundsätzliche Wiederholbarkeit von Experimenten. „Die Hypothese der formbildenden Verursachung erklärt die Wiederholung von Formen, erklärt aber nicht, wie das erste Exemplar einer bestimmten Form ursprünglich in Erscheinung treten konnte. Dieses einzigartige Ereignis läßt sich dem Zufall zuschreiben, einer der Materie inhärenten Kreativität, oder einer transzendenten kreativen Instanz. Eine Entscheidung über diese Alternativen läßt sich allein auf metaphysischer Ebene erreichen und liegt folglich außerhalb des Aussagebereichs der Hypothese.“18 Denn einzigartige schöpferische Ereignisse sind nunmal experimentell nicht wiederholbar.
Zur Veranschaulichung der Organisation der Materie durch formbildende Felder schlug Sheldrake eine morphische Resonanz als Interaktionsmodell vor.

2. 5. Morphische Resonanz

Unter morphischer Resonanz versteht Sheldrake eine Gleichschwingung ähnlicher Formen über Zeit und Raum hinweg. Organismen sind rhythmische Aktivitätsstrukturen und jeder Schwingungsrhythmus kann in Resonanz zu einem oder mehreren anderen treten. Die frühere Existenz ähnlicher Systeme wird über ein dreidimensionales Schwingunsmuster, das ihre Form und innere Struktur vermittelt, den jeweils zu schaffenden neuen Strukturen gegenwärtig und bedingt ihre Genese in spezifischer Weise. Dieser interaktive Resonanzvorgang hat kumulativen Charakter. Je häufiger eine Form bislang aufgetreten ist, desto wahrscheinlicher wird ihre erneute Bildung und desto schneller läuft dieser Vorgang ab. Sheldrake führt hier das Beispiel der Synthetisierung von neuen Kristalltypen an. Es ist eine bekannte Tatsache, daß es eine gewisse Zeit, manchmal Wochen und Monate dauert, bis sich ein neuer Kristalltyp aus einer Lösung auskristallisiert. Alle weiteren Synthetisierungen dieses Kristalls laufen dann bedeutend schneller ab, selbst wenn sie in Laboratorien auf einem anderen Erdteil eingeleitet werden. Jeg-liche traditionelle lokale und kausale Erklärung versagt in diesem Fall, während hier Sheldrakes Ansatz eine hohe Plausibilität aufweist. Er schreibt:„Die morphische Resonanz unterscheidet sich von den bekannten Arten der Resonanz ... darin, daß sie nicht mit einem Energietransfer von System auf ein anderes verbunden ist, sondern einen nichtenergetischen Informationstransfer darstellt.“19 Damit postuliert er eine Überschreitung des Raumzeit-Kontinuums, denn alle Transfervorgänge innerhalb der Raumzeit sind mit Masse und Energie verbunden.

Morphische Resonanz ist um so spezifischer und wirksamer, je ähnlicher die in Resonanz stehenden Muster sind. Dies gilt besonders für eineiige Zwillinge, die häufig ver-blüffende Übereinstimmungen in ihren Angewohnheiten aufweisen, auch wenn sie bei Geburt getrennt wurden. Da fahren Zwillinge das exakt gleiche Auto, heiraten Frauen mit dem gleichen Vornamen, bauen die selbe Rundbank um ihren Baum im Garten u.v.a. Es dürfte wohl eine abenteuerliche Behauptung sein, solche Übereinstimmungen als genetisch veranlagt anzusehen. Die Theorie der morphischen Resonanz könnte als dritter Weg in der Zwillingsforschung, die gerade dort unbefriedigenden Ansätze (Anlage versus Umwelt) ablösen. „Besonders spezifisch ist natürlich die Resonanz eines Organismus mit seinen eigenen früheren Zuständen.“20 Diese Resonanz nennt Sheldrake Eigenresonanz. Diese Form der Selbstabilisierung des Organismus erklärt, wie es sein kann, daß sich Gewebe und Zellen permanent regenerieren und doch seine Form aufrechterhalten bleibt.

2. 6. Kann Erlerntes vererbt werden?

Diese Frage geistert seit Urzeiten durch die Köpfe der Menschheit; Jean-Baptiste Lamarck war davon überzeugt, daß erlernte Fähigkeiten der Organismen über den Tod des Individuums hinaus Bestand haben und an die nächste Generation weitergereicht werden können. Dieser Nachweis gelang ihm aber zeit seines Lebens nicht. Übrigens war selbst Darwin Anhänger von Lamarcks Position. Die heutige Sichtweise der genetischen Vererbung durch DNS entwickelte sich aus August Weismanns Keimplasma-Theorie. Weismann gelangte in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zu der Überzeugung, daß befruchtete Eizellen materielle Strukturen enthalten, aus denen sich die Form des erwachsenen Organismus entwickelt. Diese materiellen Strukturen sind im sogenannten Keimplasma angelegt. Im Gegensatz dazu unterschied er Körper oder Somatoplasma. Das Keimplasma beschrieb er als hochkomplexe Struktur mit der Fähigkeit, sich zu einem komplexen Organismus zu entwickeln. Jeder Teil des Organismus wird von einer bestimmten materiellen Einheit des Keimplasmas - einer Determinante - geformt. Das Somatoplasma ist derjenige Teil der Organismus, der vom Keimplasma geformt wird. Das Keimplasma wirkte auf das Somatoplasma, aber niemals umgekehrt. Da bei Tieren die embryonalen Eizellen relativ früh vom übrigen Körper getrennt werden und Weismann annahm, daß es keine Informationsübertragung vom Körper auf die Keimzellen gibt, stand für ihn fest, daß es keine Veränderung des Keimplasmas durch Anpassung oder Gewohnheitsbildung des Körpers geben konnte.

Dieser Gedankengang ist für die heutige Sichtweise der Genetik konstitutiv. Die DNS bewirkt die Bildung der speziellen Proteine, die Proteine können aber umgekehrt keinen Einfluß auf die DNS ausüben. Daraus entstand die Überzeugung, daß nur der Genotyp (die genetische Veranlagung), aber nicht der Phänotyp (das tatsächliche Erscheinungsbild des Organismus) evolvieren kann, denn nur der Genotyp bestimmt den Phänotyp und nicht umgekehrt. Lamarcks Auffassung, daß erworbene Eigenschaften vererbbar seien, gilt inzwischen gemeinhin als widerlegt. In vielen konventionellen Büchern über Genetik steht die Behauptung, daß es kein einziges Experiment gäbe, das eine Vererbung von erworbenen Merkmalen beweise. Gerade aber Beispiele, wie angeborene Knieschwielen bei Kamelen (Schwielen sind offensichtlich ein ursprünglich erworbenes Merkmal), legen die Vermutung nahe, daß erworbenen Merkmale auf irgendeine Art tradiert werden können. Die orthodoxe, neodarwinistische Genetik sieht hierzu Zufallsmutationen unter Selektiondruck als Erklärung vor.

Daß der genetische Code nicht die einzige Erklärung für Vererbung sein kann, läßt sich u.a. an den sogenannten „Phänokopien“ (Mutantenformen mit normalem Genbestand) ersehen. Setzt man beispielsweise Taufliegen schädlichen Umwelteinflüssen aus (Chemikalien, Hitze, Röntgenstrahlen usw.), so entstehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mißgebildete Exemplare, deren genetischer Code aber unverändert bleibt. Wie Waddington in den fünfziger Jahren nachwies, vererbten sich diese erworbenen Merkmale (hier ein überzähliges Flügelpaar) zahlenmäßig zunehmend auch an weitere Generationen. Unter der Bezeichnung „genetische Assimilisation“ ging dieser Prozeß auch in die konventionelle Genetik ein und bezeichnet die Entwicklung von ehemals erworbenen Merkmalen zu genetischen Merkmalen, wenn abnorme Umweltreize über längere Zeit die Population beeinflussen. Doch Sheldrake widerlegte diese Interpretation mit kürzlich von Mae-wan Ho gemachten Versuchsreihen, die zeigten, daß sich diese Mutationen auch weitervererben, wenn die schädlichen Umweltreize eingestellt werden; außerdem ereignen sich die Mutationen ohne eine Änderung des Erbmaterials. Hos Interpretation lautete, daß die Ätherbehandlung nicht die Gene, sondern das Zytoplasma (die organisierten Zellstrukturen außerhalb des Zellkerns) verändert.

Diese Taufliegenexperimente erhärten Sheldrakes Theorie, daß hierbei eine Veränderung der Chreode (Entwicklungsweg) stattgefunden hat, und fügen der konventionelle Auffassung der Genetik, daß Gene die einzigen Vererbungsträger seien, Risse zu. Er faßt zusammen:„Mutantenformen entstehen also durch Eingriffe in den normalen Entwicklungsgang, und diese Eingriffe können durch die Gene vermittelt werden oder einfach Umwelteinflüsse sein. Für die Hypothese der Formbildungsursachen sind sie einfach Folgen von Veränderungen in der Abstimmunger Keimstruktur des Embryos - und eine Veränderung der Abstimmung führt zur Resonanz mit einem anderen morphischen Feld, als etwa einem Bein-Feld anstelle eines Fühler-Feldes.“21 Eine weiteres Indiz für Sheldrakes Theorie des morphogenetischen Feldes zeigte sich durch McDougalls Rattenversuche. Seine 1920 in Harvard begonnenen Experimente dauerten dreißig Jahre und waren die längsten in der Experimentalgeschichte der Psychologie. Er warf die Ratten in ein Wasserbecken mit zwei Ausgängen, der eine hell erleuchtet, wo die Ratten Elektroschocks erwarteten und einen dunklen, wo sie unbehelligt hinausgelangten. Die Beleuchtung der Ausgänge wechselte, der helle blieb jedoch immer der stromführende. Die Tiere der 1. Generation benötigten durchschnittlich 165 Versuche, bis sie keinen Fehler mehr machten. In der 30. Generation lernten es die Tiere nach bereits 20 Versuchen. Aufgrund der Auswahl der sowohl schlauesten als auch dümmsten Tiere als Eltern für neue Generationen, ließ sich jegliche genetische Selektion als Erklärung ausschliessen. Selbst die Nachkommen der dümmsten Eltern lernten immer schneller.

Als dieselbe Versuchsanordnung von einem anderen Forscherteam in Edinburgh wiederholt wurde, lernte die 1. Generation bereits nach 25 Versuchen. Diese Ratten schienen da weiterzumachen, wo McDougalls Forschungen geendet hatten. Weitere Forscherteams stießen auf ähnliche Ergebnisse. Diese trotz widersprüchlicher Einzeler-gebnisse deutliche Verbesserung der durchschnittlichen Lerntätigkeit ohne genetische Vererbung entspricht genau den Voraussagen Sheldrakes über die morphische Resonanz:Je häufiger Exemplare einer Art eine gewisse Lernleistung erbracht haben, desto leichter ist es für alle weiteren, diese Fähigkeit zu erlernen. Diese neue Verhaltensweise geht nach Sheldrake in das artspezifische Feld ein und beeinflußt durch morphische Resonanz alle späteren Individuen in ähnlichen Situationen überall auf der Welt. Da aber nun auch Ratten schneller lernten, die nicht von trainierten Eltern abstammten, bestätigten diese Versuchsreihen die Lamarcksche Theorie im ursprünglichen Sinne nicht, die ja von Vererbung von Fähigkeiten auf Nachfolgegenerationen ausging.

Sheldrake kritisiert die grundsätzlich mechanistische Auffassung innerhalb der Genetik,  nach der man davon ausgeht, daß Gene oder Kombinationen von Genen die Ausprägung von Merkmalen „programmieren“. Wenn das Entwicklungsprogramm eines Organismus in den Genen enthalten wäre, dann wären alle Körperzellen identisch programmiert, denn sie enthalten alle dieselben Gene. Er wendet sich gegen den Sprachgebrauch, daß es Gene „für“ etwas gäbe, denn die Gene sind keine Determinanten für Merkmalsausprägungen. Genau ausgedrückt müßte es vielmehr heißen:unter sonst gleichen Umständen wird ein Mensch mit diesem Gen eher blaue Augen bekommen als ein Mensch ohne dieses Gen. Die Formen der Zellen, Gewebe, Organe und des gesamten Organismus werden nicht durch DNS erzeugt, sondern durch morphische Felder. Auch erbliche Verhaltensmerkmale werden von morphischen Feldern organisiert. Genetische Veränderungen können Form und Verhalten beeinflussen, aber vererbt werden diese Aktivitätsmuster durch morphische Resonanz. Da jede materielle Form, wie z. B. ein Gen, auf ein es umgebendes morphische Feld „eingestimmt“ ist, ändert sich auch bei jeder Mutation des Genbestandes der Entwicklungsweg (die Chreode), da es mit einem anderen Feld resoniert; und genau deshalb kommt es darauf an, ob ein Gen vorhanden ist oder nicht.

Er verwendet zur Veranschaulichung eine Analogie. Die Musik, die aus dem Lautsprecher eines Radiogerätes kommt, hängt sowohl von den materiellen Bauelementen des Gerätes ab und von der Energie, mit der es betrieben wird, als auch von den Wellen, auf die es eingestellt ist. Die Musik kann natürlich durch Störungen im Schaltsystem beeinflußt werden und sie hört auf, wenn der Strom abgestellt wird. Er vergleicht die materialistische, nur auf Gene als kleinste verursachende Einheiten schielende Sichtweise der orthodoxen Genetiker mit einem Menschen, der keine Ahnung davon hat, daß es solche Dinge wie übertragbare Radiowellen gibt, die aus einer Sendeanstalt ausgestrahlt werden. Ein solcher würde vermuten, daß die Musik das Ergebnis von immens komplizierten Wechselwirkungen zwischen den Bauteilen des Kastens sei.

Es darf zwar nicht vergessen werden, wie sehr die momentane Genforschung mit genau diesem reduktionischen Ansatz immer neue Funktionen von Genen oder Genkombinationen entschlüsselt. Jedoch sollten sie sich bewußt sein, daß sie jeweils nur den materiellen Aspekt der Wirklichkeit erfassen können; was sie sich meistens auch sind, denn auch im Bereich der Genetik gelangt nur zu adäquaten Beschreibungen der Vorgänge, wer einen nichtmechanistischen Weg beschreitet.

2. 7. Vererbung von morphogenetischen Feldern

„Alle Organismen erben - durch morphische Resonanz mit früheren Organismen ihrer Art - ein kollektives Gedächtnis ihrer Art, individuelle Organismen stehen in morphischer Resonanz mit ihren eigenen vergangenen Zuständen, und diese Eigenresonanz bildet die Grundlage ihres individuellen Gedächtnisses und ihrer Gewohnheiten.“22 Resonieren können die Organismen nur mit Ähnlichem, daher ist die Weitergabe von Genen unerläßliche Bedingung für eine zielgerichteten Resonanz. Sheldrake wendet sich also gegen die anordnende Wirkung von Genen als kleinsten materiellen Einheiten, sondern befürwortet einen Interaktionsvorgang zwischen den komplementären Aspekten (materielle Gene und nichtmaterielle formbildende Felder). Die Tatsache jedoch, daß er den Feldern den anordnenden Impuls zuweist, zeigt, daß er sich nicht ganz von dem   kritisierten mechanistischen Weltbild von Ursache und Wirkung gelöst hat.

Auf die Frage, wie es denn denkbar wäre, daß vergangene Formen gegenwärtige beeinflussen, vermutet Sheldrake, daß diejenige Vorstellung am befriedigendsten sei, die der Vergangenheit eine potentielle Präsenz zuschreibe.
 

2. 8. Sheldrakes Meinung zu Jung

Im Laufe der Zeit erkannte Sheldrake, daß er sich mit seiner Theorie in den Fußstapfen von Jungs Archetypenlehre befand. In seinem Erstlingswerk hatte er ihn noch kritisiert wegen seiner frühen Aussprüche, daß die Archetypen womöglich im Genbestand weitergegeben werden. Später befaßte er sich differenzierter mit Jung und dem wunden Punkt in dessen Archetypenkonzept:Wie gelangen die Archetypen in den Menschen? „Wie diese Vererbung vor sich gehen mag, konnte er nicht erklären, und seine Anschauung verträgt sich natürlich überhaupt nicht mit der herkömmlichen mechanistischen Annahme, daß Vererbung auf kodierten Informationen in der DNS beruht. Selbst wenn man annähme, daß die Mythen etwa eines Yoruba-Stammes sich irgendwie in den Genen der Stammesmitglieder niederschlagen könnten, wäre dann noch ungeklärt, wie ein Schweizer einen Traum haben kann, der vom gleichen Archetypen geprägt ist. In einer mechanistischen Theorie geben Jungs Gedanken einfach keinen Sinn, und so werden sie denn in den orthodoxen Wissenschaften auch nicht gerade ernst genommen. Im Rahmen unserer Hypothese hingegen sind diese Gedanken durchaus sinnvoll. Strukturen des Denkens und der Erfahrung vieler Menschen verdichten sich durch morphische Resonanz zu morphischen Feldern. Diese Felder enthalten gewissermaßen eine Durchschnittsform der Erfahrung. Dieser Gedanke entspricht Jungs Definition der Archetypen als angeborene psychische Strukturen.“23 Und er stellt die Parallelen zu Jung deutlich heraus:„Der Gedanke, daß unsere Bewußtseinsfunktionen vor dem Hintergrund eines kollektiven Gedächtnisses zu sehen sind, ergibt sich als natürliche Schlußfolgerung aus unserer Hypothese. Ganz ähnliche Ideen begegnen uns bereits in dem Begriff des „kollektiven Unbewußten“, wie er von C.G.Jung und anderen Tiefenpsychologen ent-wickelt wurde. Kollektive Erinnerungen ähneln Gewohnheiten darin, daß die Wiederholung ähnlicher Aktivitätsmuster die Besonderheit jedes einzelnen Musters verwischt oder auslöscht; alle früheren Aktivitätsmuster der gleichen Art tragen durch Resonanz zu einem morphischen Gesamtfeld bei und werden gleichsam in dieses Feld eingeschmolzen. Es entsteht ein Überlagerungs- oder Durchschnittsmuster, das wir uns nach Art ... (von Galtons) ... Überlagerungsfotos vorstellen können. Jung bezeichnete solche Gewohnheitsmuster als Archetypen; er glaubte, daß sie durch kollektive Wiederholung entstehen.“24
 
 

Dritter Teil:Jung und Sheldrake im Blickwinkel der Quantenphysik und der ganzheitlichen Auffassung
 

3. 1. Die Quantentheorie

Um die Jahrhundertwende von Max Planck eingeleitet25 , veränderte die Quantentheorie in kurzer Zeit das Grundverständnis über das Wesen der physikalischen Welt. Die Quantentheorie besagt, daß Energie weder kontinuierlich absorbiert, noch ausgestrahlt wird, sondern stoßweise (diskontinuierlich) in bestimmten Einheiten, den sogenannten Quanten. Niels Bohr wandte die Theorie auf den Atombau an und kam schließlich zu seinem berühmten Prinzip der Komplementarität. Er wies nach, daß jedes Elektron sowohl als Welle als auch als Partikel auftreten kann, je nachdem unter welchen Bedingungen die Experimente ausgeführt werden. Materie ist also nicht fest, sondern tritt nach gewissen Wahrscheinlichkeiten auf, die statistisch erfaßt werden müssen. Werner Heisenberg stellte in seinem Prinzip der Unschärfe fest, daß je mehr wir über den Ort eines Elektrons wissen, desto weniger können wir über seinen zukünftigen Weg (seinen Impuls) aussagen. Außerdem zeigte es sich, daß Forscher zu grundsätzlich anderen Ergebnissen kommen, wenn sie zuerst den Ort und dann den Impuls messen, als wenn sie es genau umgekehrt tun. Man kann nur entweder Ort oder den Impuls betrachten, da beide Gegenaspekte darstellen. Quantenphysiker Fred Wolf erklärt es folgendermaßen:beide Attribute (Ort und Impuls) sind in der Natur potentiell vorhanden, aber doch solange nicht tatsächlich vorhanden, bis ein Meßversuch unternommen wird. Der Forscher entscheidet, ob er die Partikel- (Ort) oder die Wellenlängensichtweise (Impuls) der Realität ergreifen will. Diese Erkenntnis bedeutet die zweite Implikation der sogenannten Unschärferelation:„Beobachten heißt verändern“. Wenn man versucht, den genauen Ort eines Elektrons herauszufinden, muß man ihn dazu kurzwelligen, energiereichen Lichtquanten beschiessen, um ihn messen zu können. Dabei erhält das Elektron ein erhöhtes Energieniveau, was seinen Ort verändert. Mit andern Worten:je genauer man die Position des Teilchens zu messen versucht, desto ungenauer läßt sich seine Geschwindigkeit und sein zukünftiger Weg feststellen, und umgekehrt. Diese Entdeckung entzog  dem Determinismus als wissenschaftsphilosophische Denkart jede Grundlage.

Dieses Meßproblem hat Nobelpreisträger Eugene Wigner zu seiner Ansicht gebracht, daß jeder Versuch, Quanten-Ereignisse zu beschreiben, ohne die Entscheidungen des Experimentierenden miteinzubeziehen, den Tatsachen einfach nicht gerecht wird. Er folgert weiter, daß der menschliche Geist die tatsächlich auftretenden Ereignisse beeinflußt und zwar mit einer Art nichtmateriellen Bewußtseins. Er verwendet folgendes Beispiel:Wenn in einem Urwald ein Baum umstürzt und niemand es wahrnimmt, existiert der Baum gleichzeitig in einem umgestürzten und in einem stehenden Zustand. Erst die tatsächliche Wahrnehmung läßt die verschieden potentiellen Zustände des Baumes in eine singuläre, sichtbare Realität „kollapieren“. Das heißt, es ist das Bewußtsein, dem eine entscheidende Rolle bei der Schaffung der Welt, wie wir sie zu kennen glauben, zukommt. Niemand kann sagen, wie die Welt da „draußen“ aussieht, da jede Messung und Beobachtung immer der Beeinflussung durch das Bewußtsein unterliegt.26 Daß wirklich das Bewußtsein das entscheidende Kriterium ist, sieht man an Experimenten, wo ein elektronischer Meßvorgang gespeichert wurde und die potentiellen Zustände erst in dem Moment zugunsten eines wirklichen Ereignisses wegfielen, an dem das Bewußtsein des Forschers dieser gespeicherten Ergebnisse gewahr wurde. Welchen Einfluß das Bewußtsein auch noch auf Quantenprozesse nehmen kann, beschrieben die Physiker Walter von Lucadou sowie R. G. Jahn und Brenda Dunne mit den sogenannten „Beobachter-Experimenten“ (siehe Abschnitt 3.2.)

Vielleicht die wichtigste Entdeckung in der Quantenphysik und den Grund dafür, daß die mechanistische Weltsicht der Physik nun endgültig aufgegeben27  werden mußte, stellt die Tatsache der nichtlokalen Beziehungen dar. Wie sie zustande kam, ist ein Beispiel für den teilweise aberwitzigen Weg, den diese Theorie beschritten hat. Einstein hatte sich aus Unzufriedenheit mit der Theorie („Gott würfelt nicht“) ein Gedankenexperiment zur ihrer Widerlegung ersonnen und genau jenes führte bei seiner tatsächlichen Umsetzung zum umfassenden Beweis der Gültigkeit der Theorie.
 

3. 1. 1. Das EPR-Paradoxon

Dieses besagte, sogenannte Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon ergab mit dem Nachweis nichtlokaler Beziehungen eine der wichtigsten Konsequenzen aus der Quantenphysik. Das Paradoxon lautete wie folgt:Wenn zwei korrelierte Partikel entgegengesetzten Spins (Eigendrehimpuls) auseinanderfliegen, ergibt sich bei der Änderung des Spins des einen Partikels automatisch eine Änderung beim anderen Partikel, auch wenn dieses Teilchen sich am anderen Ende der Welt befindet. Das Partikelpaar steht also in unmittelbarer nichtlokaler Beziehung zueinander. J. S. Bell faßte dieses Paradoxon drei Jahrzehnte später zu seinem berühmten Lehrsatz (das Bellsche Theorem) zusammen, der es in die Quantenphysik integrierte. Daraus könnte man, unter Zuhilfenahme der Urknalltheorie, ableiten, daß alles zu allem in irgendeiner Beziehung steht, da es bei Entstehung des Universums nur einen singulären Punkt mit unendlicher Masse gab, aus dem alle Partikel expandierten. Gemäß dem EPR-Paradoxon würde es wahrscheinlich, daß die unterschiedlichen Partikel noch eine Art „Erinnerung“ an die Zeit „in sich tragen“, in der sie noch vereint waren. Diese nonlokale, keiner bekannten Art kausaler Verknüpfung entsprechende Beziehung zwischen diesen Partikeln, legt nahe, daß zur Erklärung der physikalischen Prozesse akausale Zusammenhänge die bekannten kausalen Zusammenhänge ergänzen müssen.28
Dieser akausale Zusammenhang läßt sich unter „Ähnlichkeit“ zusammenfassen. Ähnliches beeinflußt Ähnliches über Zeit und Raum hinweg. Sowohl Jung mit seinem Prinzip der Synchronizität als auch Sheldrakes Theorie der morphischen Resonanz setzen an diesem Punkt an und versuchen eine Erklärung.
 

3. 1. 2. Non-lokale Verbindungen

Alain Aspect vom Optischen Institut in Orsay führte von 1973 bis 1980 Experimente durch, die inzwischen von der Mehrzahl der Wissenschaftler als Beweis für die Existenz und die außerordentliche Wirksamkeit non-lokaler, akausaler Verbindungen angesehen werden. Er bombadierte Quecksilber- und Calciumatome so lange, bis sie begannen, korrelierte Photonen (Lichtquanten) in entgegengesetzte Richtungen abzugeben. Jedes einzelne Photonenpaar wurde einer komplizierten Messung unterzogen. Dabei ergab sich, daß die Polarisationen der beiden Lichtquanten jedesmal so aufeinander bezogen blieben wie es  Bells Lehrsatz voraussagt. „Die non-lokale Verbindung hat, kurz gesagt, weder mit Energie, noch mit Mechanik zu tun,“ sie ist „eine Form von Verbindung, die von Ursache und Wirkung vollständig verschieden ist.“29  Nichtlokalität stellt eine Korrelation, nicht einen kausalen Zusammenhang wie etwa eine Wechselwirkung dar, da keinerlei Signalübertragung geschieht. Das Magazin „New Scientist“ reagierte auf diese bahnbrechenden Experimente wie folgt:„Es scheint eine Form des non-lokalen Effekts zu geben - wir müssen uns darauf einstellen, Realität unter vollkommen neuen Gesichtspunkten zu betrachten, und dürfen dabei der Lokalität keine zentrale Stellung mehr einräumen.“30

Aspect widerlegte mit seinen Experimenten endgültig Einsteins Vermutung einer verborgenen,  ausschließlich lokalen Variablen, die bis zuletzt seine Kritik an der bisherigen Quantentheorie bestimmte.

David Bohm legte drei Möglichkeiten nahe, über die non-lokalen Verbindungen nachzudenken:„Es kann bedeuten, daß alles im Universum in einer Art perfektem Zusammenhang mit allem anderen steht, so daß alles, was passiert, mit allem anderen verbunden ist; oder aber es gibt eine Form der Information, die sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt; oder aber unsere Vorstellungen von Raum und Zeit müssen sich auf eine Art und Weise verändern, die wir jetzt noch gar nicht zu verstehen und umzusetzen in der Lage sind“31  Die erste Denkart ist nichts anderes als Jungs Synchronizität und ist ein wichtiges Thema dieser Arbeit.  Für die zweite Interpretationsart gibt es bereits einige Hinweise. Jüngste Experimente an der Universität Berkeley haben inzwischen nachgewiesen, daß ein „Tunneln“ von Hindernissen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 500.000 km pro Sekunde, also schneller als die Lichtgeschwindigkeit, möglich ist.  Mit „Tunneln“ wird der Effekt bezeichnet, daß Teilchen mit hoher Geschwindigkeit auf ein Hindernis geschossen werden und obwohl der Großteil der Partikel vom Hindernis abprallt, gelingt es doch einigen Teilchen, wie durch Zauberei hinter diesem undurchdringlichen Hindernis wieder aufzutauchen und ihren Weg fortzusetzen. Es ist deutschen Wissenschaftlern sogar vor kurzem bereits gelungen, eine Informationsstruktur (ein Musikstück von Mozart) zu tunneln. Hinter dem undurchdringlichlichen Hindernis ließ sich schwach und verrauscht diese Mozart-Melodie vernehmen. Trotzdem müssen hierzu erst zukünftige Untersuchungen abgewartet werden, die möglicherweise den Umschwung von einer Energie-Physik zu einer Informations-Physik einleiten könnten. Momentan ist es hierfür noch zu früh. Die dritte Sichtweise führt uns zurück zu Kants Ansicht, daß Zeit und Raum lediglich subjektive menschliche Empfindungen seien. Obwohl auch Jung der Meinung war, daß Raum und Zeit eigentlich aus nichts bestehen und sie nur aus der diskriminierenden Tätigkeit des Bewußtseins entspringen, soll dieser Gedankengang nicht explizites Thema der hier vorliegenden Arbeit sein.

Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß es neben der oben beschriebenen „Bewußtseins-Interpretation“ verschiedene andere Interpretationen der Meßdaten aus der Quantenphysik gibt. Es sind dies die Kopenhagener Deutung (Bohr und das Gros der Physiker), die Mehrfachwelten-Theorie Everetts, die Theorie der verborgenen (nichtlokalen) Variablen (Bohm u. a.) und die statistische Interpretation (Taylor u. a.). Ich möchte nicht weiter auf diese anderen Deutungen eingehen, in denen dem Bewußtsein eine geringere Bedeutung zukommt, schließlich sollen hier die Querverbindungen zur Psychologie thematisiert werden. Auch wenn das Bewußtsein insbesondere bei der Mehrfachwelten-Deutung aus der Theorie ausgeklammert wird, bleibt selbst dort die Tatsache unbestritten, daß es eine exklusive Rolle spielt.
 

Zusammenfassend gesehen begegnet uns die Ganzheitlichkeit in der Quantentheorie in diesen vier Aspekten:(1) Subatomare Teilchen können je nach äußeren Gegebenheiten Teilchen- oder Wellennatur besitzen oder einen dazwischenliegenden Charakter haben. (2) durch die Entdeckung der Nichtseparabilität des Teils vom Ganzen wird das Universum als diskontinuierlich strukturiertes Beziehungsnetz dynamischen Charakters definiert. (3) daraus folgend ersetzt der bewußte Teilnehmer den unbeteiligten Beobachter. (4) Teilchen, die sich ursprünglich in enger Nachbarschaft befanden, weisen eine sonderbare nichtlokale Beziehung auf, die auch über größte Entfernungen bestehen bleibt.

3. 2. Sind Quantenereignisse auf makroskopische Prozesse übertragbar?

Bedenkt man die Größenordnungen, in denen sich Quantenereignisse beobachten lassen, stellt sich tatsächlich die Frage, ob es denn für unser normales Leben und damit für die Psychologie irgendeine Rolle spielt, ob ein aberwitzig kleines Photon nun diesen oder jenen Weg nimmt, oder ob es gerade als Welle oder Teilchen auftritt. Ein  Argument dafür sind Dessauers Experimente, die nachweisen konnten, daß die „Steuerungszentren“ in den Zellen den Feinheitsgrad von Molekülen haben. Eine andere Begründungslinie, daß Quantenprozesse zu makroskopischen psychischen Prozessen offensichtliche phänomenologische Ähnlichkeiten besitzen und sich so Analogien zu normalen Größenbereichen feststellen lassen, ist nicht unumstritten. Der berühmte Quantentheoretiker John Wheeler, der sich zeitweise an die Spitze der Attacken gegen die Parapsychologie setzte, verbat sich solche leichtfertigen Übertragungen:„Und wir lassen doch nicht zu, daß jemand das Einstein-Rosen-Podolsky-Experiment zur Behauptung mißbraucht, Information könne mit Überlichtgeschwindigkeit übertragen werden, oder es gäbe irgendeine sogenannte quantentheoretische Wechselwirkung zwischen getrennten Psychen. Beides ist unbegründet. Beides ist Mystizismus. Beides ist Schwindel“1. Er drückte damit ein Unbehagen gegenüber diesen Extrapolationen aus, das bei vielen Physiker besteht; sie verweisen darauf, daß Quanteneffekte nur bei hochartifiziellen physikalischen Bedingungen wie völliger Isolation des Systems von der Umgebung auftreten. Inzwischen mußte Wheeler seine eindeutige Ablehnung jeder Verbindung revidieren, betonte aber:„Die Verbindungsstrecke zwischen Quant zum Sinn ist ... sehr lang.“2 Es bedarf dazu einer bestimmten Summierung von vielen zufälligen ja/nein-Quantenentscheidungen zu einer gewissen Größe. Würde man an Summierung von einander unabhängigen, zufälligen Quantenentscheidungen denken, dann wäre es nicht einfach, zu makroskopischen Entscheidungen zu gelangen, die mehr als Zufallswahrscheinlichkeit besäßen. Denkt man aber an das Hilfsmodell einer Chreode mit „ausgetretenen“ Entwicklungspfaden, kann eine einmalige Ja- oder Nein-Entscheidung bereits einen quasi automatischen weiteren Verlauf bewirken. Das aus der Chaostheorie stammende Beispiel mit dem Flügelschlag eines Schmetterlings, der einen Wirbel-sturm in China auslösen kann, ist eine Veranschaulichung von großen Auswirkungen einer winzigen Ursache.

Das überzeugendste Argument  für die Existenz makroskopischer Nichtlokalität sind die sogenannten „Beobachterexperimente“ aus der Parapsychologie. Nachdem in diesem Bereich vielerlei „pathologische“ Wissenschaft („Wissenschaft von den Dingen, die nicht so sind“)3  betrieben wurde, sind die dortigen Versuchsanordnungen inzwischen von seriösen Vertretern in einem für andere Wissenschaftsbereiche geradezu beispielhaften Maße überprüft und immer wieder analysiert worden, bis keinerlei Betrug oder Selbsttäuschung mehr vorliegen konnte. Die typische Versuchssituation sieht so aus, daß eine Versuchsperson den Meßwert eines (quantenphysikalischen) stochastischen Prozesses auf einem Display beobachtet und eine vorgegebene Zeit lang versucht, diesen fluktuierenden Wert (hier:gemessene Anzahl radioaktiv zerfallener Atome in einer binären Zahlenreihe dargestellt) durch Gedankenkraft möglichst zu erhöhen, bzw. zu senken. So sollte versucht werden, im ersten Durchgang nur Einser auf dem Display erscheinen zu lassen, im zweiten nur Nuller, und schließlich sollte keine Beeinflussung ausgeübt werden. Sie konnten einen signifikanten Effekt feststellen und interessanterweise korreliert die Stärke des Effektes mit Persönlichkeitsmerkmalen des „Beobachters“4 , mit seiner Einbeziehung in den Ablauf des Experiment und mit einer entspannten Athmosphäre im Versuchsraum. Obwohl Jeffers und Hall bei Überprüfung des Effektes zu keinem positiven Resultat kamen, sei auf die Metaanalyse von Dean Radin und Roger Nelson (1989) verwiesen, die 832 ähnliche Experimente zwischen 1959 und 1987 kritisch überprüften und die Existenz eines Beeinflussungseffekts5  als signifikant bestätigten. Einige Dinge müssen hier noch deutlich ausgeführt werden. Die Kraft des Bewußtseins, Psychokinese genannt, vermag es nicht den stochastischen Prozeß in seiner Gesamtbetrachtung über die Grenzen der mathematischen Wahrscheinlichkeit zu beeinflussen (die Gaußsche Verteilung der Meßergebnisse bleibt also gewahrt), sondern sie bewirkt nur eine zu den psychologischen Variablen des Betrachters sinnvoll korrelierte Abweichung von den statististen Fluktuationen. Außerdem wurde nachgewiesen, daß nicht der radioaktive Verfall beeinflußt wird, sondern der Zufallsgenerator (je nach Modell verschieden stark!) und daß Psychokinese nur dann funktioniert, wenn ein Display eine Feedback ermöglicht. Lucadou konnte auch eine Präkognition ausschließen, daß beispielsweise der Probant die Zahlenreihen „nur“ intuitiv erraten würde. Verblüffend sind dann H. Schmidts Ergebnisse, daß Psychokinese auch bei vorher aufgezeichneten und sogar bei am nächsten Tag stattfindenden Quantenprozessen signifikant nachweisbar war!6 So wurde also nicht nur die Räumlichkeit, sondern auch die Zeitlichkeit „überwunden“. Diese bewußtseinsgebundenen Prozesse bzw. Psychokinese lassen eine Ausweitung des gültigen Wissenschaftsparadigmas unvermeidlich erscheinen. Nach von Lucadous Meinung legt dieser Befund nahe, daß es sich dabei tatsächlich um makroskopische nichtlokale Korrelationen in einem psychophysikalischen System handelt, denn er konnte jegliche Signalvermittlung ausschliessen. Gerade die Forschungen Jahn & Dunnes und von Lucadous sind seriöse Ansätze, makroskopische Nichtlokalität zu definieren und haben nichts mit Scharlatanerie zu tun, die Wheeler grundsätzlich allen parapsychologisch Forschenden unterstellte.

Die mögliche Übertragung von Quantenereignissen auf die „normale“ Psychologie wurde bereits von Jung und Pauli (als Synchronizität) Bohr (als Komplementarität) und besonders P. Jordan ausführlich diskutiert.7 Letzterer versuchte den „freien Willen“ durch quantenphysikalische Vorgänge zu erklären. Alle übernahmen nun die Quantenprozesse nicht direkt als tatsächliche Erklärungen psychologischer Fragen, sondern verwendeten sie als Analogien. Auch Sheldrake verzeichnete zwar eine gewisse Ähnlichkeit zwischen quantenphysikalischen Feldern und seinen morphischen Feldern, hütete sich aber auch davor, eine Identität anzunehmen.
 

3. 3. Das psycho-physische Problem

Die Welten der Psyche und die der Physik werden selbstverständlich und mit gutem Grund mit unterschiedlichen Methoden erforscht. Keine der jeweiligen Methoden ist, streng formal gesehen, auf das jeweils andere Gebiet übertragbar. Den Fehler der simplifizierenden Übertragung trifft man gerade im Bereich des „New Age“ nicht selten an, er läßt sich in der Tat auch nicht gerade leicht vermeiden, wenn man zwei komplementäre Sichtweisen zusammenfassend miteinander versöhnen möchte. Aber ein kurzer Blick auf das psycho-physische Problem (Leib-Seele-Problem) und den dort in diskutierten Fragestellungen und Ansätzen zeigt, wie eine methodische Verbindung dieser disparat erscheinen „Welten“ gedacht werden kann.

Die klassischen Ansätze wie die Parallelismus-Lehre nach Leibniz, die Identitätslehre nach Spinoza, Descartes Wechselwirkungslehre und die materialistische Auffassung wurden in neuerer Zeit immer wieder aufgegriffen und modifiziert. So relativierte Rothschuh (1963, 1973) die Leibnizsche Auffassung zu einem „partiellen bionomen Parallelismus“:Parallelität bestehe nicht in schematischer Weise zwischen psychischen und phsyischen Vorgängen, sondern nur „zwischen bestimmten bionom geordneten ZNS-Prozessen und dem immateriellen Bewußt-Seelischen als Innensicht der Prozesse“8. Die Identitäts- oder Einheitslehre wurde von verschiedener Weise als abstrakte und sterile Formel kritisiert, da die Empirie fast zwangsläufig partikulär sein müßte, um auf konkrete Fragen antworten zu müssen und sie sich oft als Floskel und „Zudeckbegriff“ (May 1956) für im Grunde doch dualistische Auffassungen erweist . Daher modifizierte Feigl (1971, 1973) die Identitätslehre als „Lehre von den zwei Zugängen“:phänomenologisch-psychologische und neurophysiologische Begriffe können ein und tatsächlich dasselbe bedeuten, obgleich sie in ihrem Sinn und daher auch in ihren Bestätigungsweisen der in ihnen enthaltenen Aussagen weit auseinnandergehen. Hier wird die Betonung auf einer Einheit „hinter“ den Gegensätzen deutlich, nicht „vor“ oder gar „ohne“ wie man aus vielen esoterischen Einheitsvorstellungen meinen möchte. Auch die Wechselwirkungslehre erhielt eine aktualisierte Form. Der Neurophysiologe Eccles vermutet den Ort der Wechselwirkungen im sogenannten Verbindungshirn und den Präfrontallappen und formuliert:Der selbstbewußte Geist (mind) ist damit beschäftigt, die Aktivität bestimmter Hirnareale zu lesen und auf diese einzuwirken, indem er die dynamischen raumzeitlichen Muster neuronaler Ereignisse aktiv modifiziert. Die Gegenposition zu dieser Wechselwirkungslehre ist im sog. „Epiphänomenalismus“ (Weidel, 1962 ; Rohracher, 1967; Campbell 1970) zu finden, der Ansicht, daß die Bewußtseinsfunktionen zwar eine bedeutsame Begleitserscheinung der physiologischen Prozesse im ZNS darstellen, sie aber umgekehrt nicht wieder auf das ZNS einwirken können. Eine ähnliche Geringschätzung erfährt das Bewußtsein in modifizierten materialistischen Auffassungen, die zwar inzwischen die Existenz geistiger Funktionen anerkennen, aber bezweifeln, daß erlebnispsychologische, introspektive Aussagen dem physikalistischen Weltbild eine korrektere oder leistungsfähigere Sprache hinzufügen können. Feigl spricht angesichts der darin fast definitorisch festgestellten Überflüssigkeit der inneren Erfahrung von „vorsätzlicher Blindheit“.9

3. 4. Komplementarität

Der Psychophysiologe Fahrenberg bevorzugt, angesichts der teilweise extremen Einseitigkeit in den eben erwähnten Auffassungen, das Prinzip der Komplementarität, nichtzuletzt aufgrund der damit möglichen präzisen und umfassenden Beschreibbarkeit der psycho-physischen Prozesse. Der Begriff der Komplementarität wurde ursprünglich von Bohr 1927 in die Physik eingeführt. Er selbst führte bereits 1937 die mögliche Übertragung auf das psycho-physische Problem an. Es kommt nicht von ungefähr, daß sich die Komplementarität großer Beliebtheit bei den Psychologen erfreut. Praktisch alle Arbeiten, die sich mit der Übertragung von quantenphysikalischen Vorgängen auf psychologisches Terrain beschäftigen, gehen von der Unschärferelation und der Komplementarität aus. So wurde ein Phänomen der Komplementarität in vielen psychologischen Bereichen erkannt:bei Fremdbild und Selbstbild, Beobachtung und Teilnahme, Analyse und Synthese, Struktur und Funktion, Verantwortung und Unabhängigkeit, Rationalität und Intuition.10

Die Definition, zwei Aussagen heißen dann komplementär, wenn sie nicht gleichzeitig entschieden werden können, weist den Weg zu einer von Fahrenberg postulierten konsequenten Doppelbetrachtung unter der möglichst umfassenden Berücksichtigung beider Bezugssysteme der Psyche als auch der Physis. „Dieses Komplementaritätsmodell ... schließt Vorstellungen psycho-physischer Isomorphie oder einfacher Abbild- oder Wörterbuch-Funktionen ebenso aus wie Wechselwirkungen (psychische Kausalität, Psychogenese, Annahme geistiger Einflüsse auf die Synapsen oder Module) und physikalistisch-materialistische Reduktionen“11. Diese konsequente Doppelbetrachtung muß auf alle Fragestellungen angewendet werden, wo psychische und physikalische Prozesse eine komplementäre Einheit bilden, sei es die Teilchen-Physik, Evolutionsforschung, Genforschung usw. Fahrenberg beläßt es bei dieser Doppelbetrachtung, denn eine schematische Verknüpfung hält er für nicht möglich. Er schreibt:„Eine Synopsis als Ziel psycho-physiologischer Beschreibungen wird höchstens in Ausschnitten als lineare Zuordnung (Korrelation) zwischen Befindungsäußerungen, Verhaltensweisen und physiologischen Funktionen erreicht werden können.“12

Diese Komplementarität von Psyche und Physis ist natürlich auf das kosmologische Geist-Materie-Problem erweiterbar und bedingt folgende Aussagen. Es ist nicht möglich, ein Primat des Geistes über die Materie und umgekehrt anzunehmen, ein letztgültiges Ursache-Wirkung-Modell ist nicht denkbar. Eine ganzheitliche Erfassung der Wirklichkeit ist weder vom geistigen noch vom materiellen Aspekt aus möglich.

Laut Bohr ermöglicht die Komplementariät die einzige objektive Beschreibung der Welt. Wie jedoch die Verbindung der komplementären Aspekte denkbar ist, stellt eine andere Fragestellung dar. Wenn man die Vorstellung beiseite läßt, daß alles nur Zufallsprozesse sind, bleibt nur noch die Möglichkeit einer sinnvollen Verbindung. Sei es, daß man diesen Sinnzusammenhang als absolut annimmt oder nur gewissen Wahrscheinlichkeiten folgend, steht es außer Frage, daß der menschliche Verstand ihn niemals vollständig begreifen, da der menschliche Verstand immer nur in Dualismen verhaftet ist und daher nur dualistisch „denken“ kann. Der Verstand steht notwendigerweise auf der einen Seite, er kann die andere Seite daher nicht begreifen. Die nichtrationale Seite kann nur über andere Wege erreicht werden. Capra zitiert ein altes chinesisches Sprichwort:„Die Mystiker verstehen die Wurzel des Tao (der allumfassende Sinn), aber nicht seine Zweige, die Naturwissenschaftler verstehen seine Zweige, aber nicht seine Wurzel.“13 Es ist  keine Synthese möglich, sondern lediglich ein dynamisches Wechselspiel zwischen mystischer Intuition und wissenschaftlicher Analyse. Der chinesische Philosoph Ch´uang-Tse tätigte den Aussspruch „Der Sinn (Tao) wird verdunkelt, wenn man nur kleine fertige Ausschnitte des Daseins ins Auge faßt“14 , was in der Tat wie eine Grundsatzkritik am partikulären Charakter der wissenschaftlichen Empirie klingt. Pauli schreibt:„Der naturwissenschaftlich-positivistische Standpunkt vermittelt keine Ganzheitsauffassung der Natur, da das Experiment immer nur eine durch bestimmte Frage erzwungene Antwort der Natur ist.“ 15

Eine Form der sinnvollen Verbindung der komplementären Aspekte ist sicherlich die Synchronizität und der damit gemeinte sinnvolle Zusammenhang zwischen Psyche und Materie. Sheldrakes Begriff der morphischer Resonanz meint im Kern dasselbe. Bei Jung ist es eine Gleichschwingung von psychischen mit psychischen Formen (Telepathie), von psychischen mit nichtpsychischen Formen (Präkognition und Koinzidenz von sinngemäßen Ereignissen) und nichtpsychischen mit nichtpsychischen (in der erweiterten Definition). Bei Sheldrake Gleichschwingung zwischen ähnlichen Formen über Zeit und Raum hinweg (psychische mit psychischen als auch nichtpsychische mit nichtpsychischen Formen). Nur daß Jung als wesentlichen Verknüpfungsgedanken einen metaphysischen „Sinn“ annimmt und Sheldrake sich metaphysischer Überlegungen stärker enthält und, indem er sich auf experimentell nachweisbare Aspekte der morphischen Resonanz beschränkt, „paranormale“ Ereignisse außer acht läßt. Daher schließt er aus dem Geltungsbereich seiner Theorie auch den erstmaligen schöpferischen „Quantensprung“ der Entstehung einer neuen Form aus (er zählt lediglich verschiedene metaphysische Interpretationsarten dazu auf)
 

Vierter Teil:Zusammenfassung

4. 1. Die Rolle C. G. Jungs im Wissenschaftskontext

Jung sah sich selbst als Empiriker. Offensichtlich übersah er aber, daß er regelmäßig den Rahmen der Empirie verließ und als spekulativer Philosoph tätig wurde. Ebenso widersprüchlich sind seine Eigenzuschreibungen wie Philosoph, rationaler Wissenschaftler, Gnostiker und Phänomenologe, die er regelmäßig negierte. Um zu einem Verständnis zu gelangen, muß man diese Selbstbilder bewußtseinsspezifisch betrachten. In einer philosophischen Phase betrachtete er sich als Philosoph; war diese Phase vorüber, äußerte er sich kritisch darüber. Standardisierte Zuschreibungen zu irgendeiner Kategorie der Geisteswissenschaftler sind guten Gewissens nicht angebracht. Man kann Jungs Psychologie nicht von seiner, einem stetigen Wandel unterliegenden, Person trennen. So trifft dann die von Balmer geprägte Bezeichnung „Ergriffener“ noch am genauesten zu. Er ließ sich von Strömungen ergreifen und faszinieren, und er formulierte aus diesen Positionen heraus Gedanken, die zu Überlegungen aus seinen eher statischen Phasen im Widerspruch standen. Welch ärgerlich opportunistischen und moralisch verwerflichen Beigeschmack seine Ergriffenheit vom Zeitgeist haben konnte, ließ sich an der Kehrtwendung von emphatischer Faszination für das Auftauchen des Wotan-Archetypus zur schallenden Häme nach 1945 für die von diesem Archetypus ergriffenen Deutschen erkennen.

Wer bei Jungs Schilderungen eigener veränderter Bewußtseinszustände die ungeheuere Plastizität seiner Visionen beachtet, kann vielleicht ermessen, welch bildhafte Evidenz seine Erkenntnisse für ihn haben mußten. Und so unterblieb die zur nachträglichen Einbindung in ein geschlossenes System nötige Kritik. Für jemanden, der nahezu das gesamte Spektrum der menschlichen Psyche auslotete und daher ihre letztliche Ungreifbarkeit erkannte, mußte es auch als widersinnig erscheinen, ein geschlossenes, widerspruchsfreies System zu erstellen, wie man es von den Philosophen gewöhnlich verlangt. Diese Eigenart des Jungschen Denkens rügte auch Pauli, indem er betonte, daß  Jungs Vorstellungen traumartigen Charakter hätten, der die Analogien hervorhebt und die Unterschiede außer acht läßt16. Schon ein Blick auf seinen Schreibstil macht deutlich, daß ihm viel stärker an schöpferischem Output gelegen war als an unbedingter logischer Stringenz. Mit seiner bildhaften Sprache versuchte er, ein direktes Nachempfinden der beschriebenen Erkenntnis zu ermöglichen. Hier wird auch offensichtlich, daß zum Verständnis von Jungs Weltbild vor allem Einfühlungsvermögen und ein intuitives ganzheitliches Bewußtsein gefragt ist. Logiker und Differenzdenker haben daher meist schon Schwierigkeiten, seine Grundannahmen anzuerkennen, auf jeden Fall bemängeln sie aber den „freien“ Umgang mit Begriffen. Häufig stößt man aber auch auf haarsträubende Verzerrungen bei sogenannten kritischen Jung Rezensionen. Diesen Konflikt erklärte Jung allerdings glänzend als durch die gegensätzlichen Einstellungstypen Introversion und Extraversion bedingt.17

Jung wollte seine mangelnde Anerkennung durch die naturwissenschaftliche Fraktion der Psychologie dadurch bekämpfen, daß er vehement auf seine empirischen Grundlagen pochte und über zahlreiche Analogien Querverweise zur modernen Physik aufstellte. Bislang hatte er damit allerdings nicht seinen erwünschten Erfolg. Zweifellos wird ihm noch nicht die Bedeutung zuerkannt, die er beispielsweise als Vordenker zur zunehmenden Verschmelzung von Psychologie, östlicher Philosophie und Quantenphysik verdient.

4. 2. Kritische Gedanken zur Theorie Sheldrakes

Die Theorie des morphogenetischen Feldes läßt sich kaum beweisen, wenn auch der Ausgang zahlreicher Experimente seinen Vorhersagen eher rechtzugeben scheint (jedenfalls sind diese Anomalien mit bisher bekannten Theorien nicht erklärbar). Eine Vielzahl möglicher Faktoren läßt insbesondere bei Formbildungen im menschlichen Bereich einen eindeutigen Nachweis kaum zu. Sheldrake schlägt Anordnungen von Experimenten vor, um in verschiedenen Bereichen wie Lern-, Verhaltens-, Mutationsforschung usw. seine Theorie zu bestätigen. Die Häufigkeit und die zunehmende Geschwindigkeit der spezifischen Formbildungen sind selbstverständlich meßbare Größen. Weil aber die spezielle Versuchsanordnung sehr viel Aufwand (meist zwei räumlich getrennte Forscherteams) benötigen würde und weil Sheldrake von großen Teilen der akademischen Gemeinde nicht ernstgenommen wird, unterbleiben die nötigen Experimente, die eine Existenz der morphischer Resonanz in allen Formbildungsprozessen wahrscheinlich machen könnten. Maureen Miller O´Hara bezweifelt die Existenz von einfachen, formalisierbaren Regeln in der wissenschaftlichen Methode, die auf ein solch riesiges Gebiet, wie es Sheldrake anspricht, übertragen werden könnten. Dem muß man beipflichten:Diese von Sheldrake angeregten Übertragungen müssen natürlich in jedem einzelnen Bereich wieder gesondert experimentell bestätigt werden. Es ist deshalb eher fraglich, ob die dann in den verschiedenen Bereichen festgestellten Effekte noch unter eine einheitliche morphogenetische Feldtheorie gefaßt werden können.

Die Theorie kann außerdem niemals alleinige Zuständigkeit bei der Erklärung von Formentstehungen erringen, sie kann lediglich einen ergänzenden Charakter aufweisen und sie verhält sich hier wie Jungs Synchronizität zur Kausalität, und die Nichtlokalität zur Lokalität in der Quantenphysik.

Ich halte allerdings Sheldrakes Gedanken, daß Formen wie Attraktoren auf Inhalte wirken, daß ähnliche Formen für ähnliche Inhalte stehen, für wertvoll zum Verständnis des Verhältnisses von Psyche und Materie. Hier liegt aber auch das Problem, Sheldrake versucht akausale Resonanzvorgänge mit einer zumindest immer wieder kausal formulierten Theorie zu erklären:die morphischen Felder „organisieren“ die Materie. Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt:die Felder sind die Ursache, die Materie ist die Wirkung. Er verwendet zwar ein Interaktionsmodell der morphischen Resonanz, man wird jedoch den Eindruck nicht los, daß er immer vom formalen auf den materiellen Aspekt schließt und nicht umgekehrt. Hier bleibt er hinter seinen Anforderungen an eine „Neue Wissenschaft“ zurück, indem er sich selbst nicht ganz von der Denkweise des zu überwindenden traditionellen Weltbilds von Ursache und Wirkung gelöst hat.

4. 3. Schlußbetrachtung

Die heutige Zeit stellt offensichtlich eine nach Kuhn benannte Phase der „außerordentlichen Wissenschaft“ dar, die sich durch eine Vielzahl widerstreitender Theorien über die Ungereimtheiten und Anomalien auszeichnet, die durch die sogenannte „normale Wissenschaftstätigkeit“ entdeckt wurden. Jene Ungereimtheiten können durch die traditionelle Wissenschaft, die sich leider im wesentlichen immer noch auf Newtonschen-Kartesianischen Boden befindet, nicht befriedigend erklärt werden. Ebenso kann eine naturwissenschaftlich orientierte Psychologie, die lediglich mit er-starrten Denkmodellen Versuchsanordnungen entwirft und schließlich statistisch auswertet, kaum mehr sein als eine Methode, eng eingegrenzte Problemstellungen zu lösen (mit Hinweis auf die Kritisierbarkeit solcher Verfahren18). Jedenfalls hat sie sich als untauglich erwiesen, den Menschen in seiner Ganzheit zu erfassen und dadurch transparenter werden zu lassen.  Aus dieser Unzufriedenheit mit dem begrenzten Weltbild der traditionellen psychologischen Theorien ist diese Arbeit entstanden. Man benötigt ein viel weiter gefaßtes Modell des psychischen Geschehens, um sich dem Verständnis der Psyche anzunähern. Jung hat sich in diesem Sinne als brillianter Ideengeber erwiesen. Ebenso lenkt Sheldrake durch seine Theorie der Formbildungsursachen das Augenmerk auf im herkömmlichen Wissenschaftskontext bislang vernachlässigte Fragestellungen, was einem weiteren Verständnis nur dienlich sein kann. Dabei muß unterschieden werden zwischen dem Versuch, immer hilfreichere Erklärungsmodelle zu entwickeln und dem esoterisch anmutenden Bedürfnis, eine überschaubare, handhabbare Weltsicht zu entwickeln, in der sich alles nach einem einheitlichen Prinzip ordnet, das es nur zu erkennen gilt. Sheldrakes Argumentation liefert nicht wenige Anhaltspunkte dafür, daß ihn ein solches Bedürfnis antreibt. Er befindet sich aber hier in guter Gesellschaft weiter Kreise der wissenschaftlich Forschenden, die sich jedoch viel seltener einer Grundsatzkritik ausgesetzt sehen, da sie sich im Wissenschaftsmainstream befinden. Seine scharfsinnigen Beobachtungen decken immer wieder auf, wie stark metaphysische Spekulationen auch beim wissenschaftlichen Mainstream ausgeprägt sind. Seine Wortwahl lenkt die Gedanken in zutreffendere, weil ganzheitlichere Denkmuster (mit Ausnahme der bei Abschnitt 4.2. kritisierten Punkte) und er vermag aufzudecken, wie wir uns bislang von den Tatsachen ganz und gar nicht gerecht werdenden Begriffen auf die falsche Fährte locken ließen.

Es wurde versucht, Jung und Sheldrake in den immer noch heiß diskutierten Rahmen der Quantenphysik und der in ihr enthaltenen ganzheitlichen Aspekte zu integrieren. Gerade die vielzitierte Inhaltslosigkeit, der vor allem auf formale Beschreibung ausge-richteten Quantenmechanik ist ihre eigentliche Stärke, erst dadurch scheinen die Versuche naheliegend, diese formale Prinzipien auf andere Bereiche zu übertragen. Die oben beschriebenen Experimente aus Teilchenphysik, Parapsychologie und Biologie weisen zweifellos zahlreiche ungeklärte Widersprüche und scheinbare Unvereinbarkeiten auf, die ein Wesensmerkmal des Theorienkonflikts in Phasen der „außerordentlichen Wissenschaftstätigkeit“ darstellen. Eine umfassend schlüssige Verknüpfung kann auch im Rahmen dieser Arbeit nicht erreicht werden. Vielleicht kann eine gesammelte Anomalistik irgendwann einmal diese Funktion erfüllen. Allen diesen Beispielen ist aber etwas gemeinsam:eine Überwindung des klassischen kausalmechanistischen Weltbilds. Gemäß der sich in der Teilchenphysik durchgesetzten Einsicht, daß alles mit allem in Beziehung steht, macht es auch Sinn, philosophisch Psychologie, Biologie und Physik zu verknüpfen, denn es kann keine ganzheitliche Betrachtung ohne interdisziplinäre Überlegungen überzeugen.
 
Fußnoten
1  Komplementär heißen Aussagen, die sich gegenseitig ausschließen und trotzdem eine Ganzheit darstellen.
2  zit. n. Spies S.19
3  Spies, S.17
4 Jacobi S.49f
5 Jung, 1971, S.194
6 ebd. S. 503
7 Jung,1985 S.108
8  Freud, Totem und Tabu GW  S.187f
9   Jung, 1971, S.233
10  zit. n. Jacobi S.75
11   Jacobi, S.79f
12   ebd. S.81
13   ebd. S.82
14   zit. n. Jacobi S.76
15   Jung, 1964, S.209
16   Jung, 1976, S. 61
17   zit. n. Jacobi, S.58
18 Balmer, S.98f
19  Pongratz, S.228
20 Rittmeister,  S.1038
21   ebd. S.1036
22 Rittmeister,  S.1035
23  Jung, Geleitwort zu E. Hardings Buch „Frauen-Mysterien“, S.VIII, Zürich 1949
24   zit. n. Jacobi, S.62
25  Jung, 1952, S.52, wiederveröffentlicht im 8. Bd des Gesamtwerkes, 1971
26   zit. n. Jacobi, S.71
27   Meier, S.66
28   Jung, 1971, S.569
29   zit. n. Wilson,Psychologie Heute, 5/84, S.52
30   ebd.
31   Sheldrake, 1991, S.111
32   Sheldrake,1987, S.60
33  Sheldrake, 1991, S.138
34   ebd.
35   Sheldrake, 1987, S.113f
36   Sheldrake 1991, S.143f
37   Sheldrake, S.172
38   Sheldrake 1991, S.180
39   Sheldrake, 1991, S.202
40   Sheldrake, 1991, S.308
41   ebd. S.274
42   Planck stieß völlig unbeabsichtigt auf die Quantelung und wollte seine Arbeit zuerst gar nicht veröffentlichen, da er angesichts des unglaublichen Ergebnisses um seine wissenschaftliche Reputation fürchtete.
43  Hier wird die Bedeutung des Ausspruchs Bohrs offensichtlich, daß „diejenigen, die nicht schockiert sind, wenn sie mit der Quantentheorie konfrontiert werden, sie nicht wirklich verstanden haben können“ ( zitiert nach Wiley, 1981)
44   Damit ist die Aufgabe als umfassende philosophische Auffassung gemeint. In normalen Größen-bereichen der physikalischen Beschreibung kommt man mit der klassischen Theorie zu den selben Ergebnissen wie mit der Quantentheorie. Im mikrophysikalischen Bereich ist sie jedoch schlicht und einfach falsch. Nur die Quantentheorie kann hier zutreffende Aussagen liefern.
45   In der Physik erklärt man diese Verbindung mit Symmetrie- bzw. Erhaltungssätzen
46   Wilson, Psychologie Heute 1/85, S.39f
47   „New Scientist“ vom 6.1.83
48   Interview mit der London Times vom 2.2.83
49   Wheeler, J. A.:„Not Consciousness, but the Distinction Between the Probe and the Probed, as Central to the Elemental Quantum Act of Observation“,  paper presented at the AAAS Annual Meeting, Houston, January 8, 1979 p.18
50   Davies, S.86
51   Franks, Felix:„Polywasser“, Braunschweig 1984, S.124:6 Kriterien zur Definition von pathologischer Wissenschaft von Irving Langmuir
52   Nichtnervöse, nichtdepressive und wenig gehemmte, aber gesellige und gelassene Personen erreichen die besten Ergebnisse. (nach Lucadou, 1986, S.191)
53   um es noch einmal deutlich festzustellen:Beeinflussung ist hier nicht kausal, im Sinne einer Signalvermittlung gemeint, sondern es liegt eine akausale Korrelation vor. Die Verwechslung dieser Begriffe ist typisch für okkultistisches Denken, das es fertigbringt, den falschen Schluß zu ziehen, wenn beispielsweise die Abnahme der Störchepopulation in Schweden hochsignifikant mit der Abnahme der dortigen Geburtenrate korreliert.Es schnitten auch jene Versuchspersonen  besonders schlecht ab, die von ihren psychokinetischen Kräften besonders überzeugt waren. Es wird also auch in Zukunft nicht möglich sein, mit psychischer Kraft den Fernsehapparat anzuschalten.
54   vgl. Schmidt, H. 1976:„PK effect on pre-recorded targets“, in:Journal of the American Society for Psychical Research70; p. 267-291
55   Jordan, P.:Verdrängung und Komplementarität, Hamburg 1947
56   zit. n. Fahrenberg, S.154
57   alle Zitate aus Fahrenberg, S.155ff
58    nach von Lucadou, 1992, S.205
59   Fahrenberg, S.161f
60   ebd. S.163
61   Capra, S.77
62   zit. n. Jung, S.545
63 C. A. Meyer, S.48f
64   Meier, S.68
65   vgl. Jung, Psychologische Typen, 5. Bd des GW
66   W. Pauli äußerte sich einmal wie folgt:„es ist doch paradox, daß Physiker jetzt den Psychologen sagen müssen, daß sie bei ihren statistischen Untersuchungen nicht das Unbewußte ausschalten dürfen!“ (Meier, S.56)
 

Verwendete Literatur:

Auerbach, Charlotte: Genetik, Düsseldorf 1967

Balmer, Heinrich H.: Die Archetypentheorie von C.G.Jung - Eine Kritik; Heidelberg 1972

Bolen, Jean: Tao of Psychology, New York 1979

Capra, Frithjof: Das Tao der Physik; Bern 1984

Damdounis, A. und Sieber, S.: Morphogenese als Habituationsprozess?;   Semesterarbeit am PI der FU Berlin, WS 90/91

Davies, P.C.W & Brown, J.R.: Der Geist im Atom; Frankfurt/Main 1993

Dunne, Brenda & Jahn, Robert: Consciousness, Randomnicity, and Information; Handout der Konferenz „The Interrelationship Between Mind and Matter“, abgehalten am Center for Frontier Sciences at Temple University 1992

Fahrenberg, Jochen: Das Komplementaritätsprinzip in der psychophysiologischen Forschung und psychosomatischen Medizin, Zeitschr. f.Klin. Psy. u. Psychotherapie 1979 (2) S. 151- 167

Fink, Norbert: Lehrbuch der Schlaf- und Traumforschung, Salzburg 1979

Gess, Heinz: Vom Faschismus zum Neuen Denken - C. G. Jungs Theorie im Wandel der Zeit; Lüneburg, 1994

Grof, Stanislav: Geburt, Tod und Transzendenz; Reinbek bei Hamburg 1991

Hawking, Steven W.: Eine kurze Geschichte der Zeit; Reinbek bei Hamburg 1988

Hohmann, Josef: Frieden, Wirkungsgeschichte und kollektives Unbewußtes

Jacobi, Jolande: Die Psychologie von C.G.Jung; Zürich 1959

Jung, C.G.: Zwei Schriften über Analytische Psychologie, 7. Band des GW; Olten 1964

-  Die Dynamik des Unbewußten, 8. Band des GW; Olten 1971

- Die Archetypen und das kollektive Unbewußte, 9. Band des GW, Olten 1976

-  Über die Psychologie des Unbewußten; Frankfurt/Main 1975

-  Welt der Psyche; Frankfurt/Main 1985

Keutzer, Carolin S.: The power of meaning; Journal of Humanistic Psychology, Winter 1984, No 1, P. 80-94

Kuhn, Thomas: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen; Frankfurt/Main 1975

Lucadou, Walter von: Keine Spur von Psi, in Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie, Jg. 28, 1986, S. 169-197

- Makroskopische Nichtlokalität, Zeitschrift für Parapsychologie und Grengebiete der Psychologie, Jg. 34; 1992, S.201-216

- Was stimmt nicht mit der Psi-Definition, in:Zeitschrift für Parapsychologie ung Grenzgebiete der Psychologie, Jg. 27, 1985, S. 3-23

Meier, C. A. (Herausgeber): Wolfgang Pauli und C. G. Jung, ein Briefwechsel 1932 - 1958, Berlin 1992

O´Hara, Maureen Miller: Reflections on Sheldrake, Wilber, and „New Science“, Journal of Humanistic Psychology, Spring 1984 No. 2, p. 116-120

Radin, D. & Nelson, R.: Evidence for conscious-related anomalies in random-physical systems in: Foundations of Physics 19; p. 1499-1514

Samuels, Andrew: Jung und seine Nachfolger; Stuttgart 1989

Sheldrake, Rupert: Das schöpferische Universum; München, 2. Aufl.1987

- Das Gedächtnis der Natur; Bern, 5. Aufl. 1991

- Was wir Naturgesetze nennen, sind vielleicht nur Gewohnheiten; Psychologie Heute  5/84, S.52-59

- Die Baupläne der Natur; Psychologie Heute 5/92, S.28-35
 
Spies, Dieter: Das Weltbild der Psychologie C.G.Jungs; Fellbach 1984

Wilber, Ken: Sheldrake´s Theory of Morphogenesis; Journal of Humanistic Psychology, Spring 1984, No. 2, p. 107-115

Wilson, Robert Anton: Der sinnvolle Zufall; Psychologie Heute 1/85 S.37-43

Zukav, Gary: Die tanzenden Wu Li Meister, Reinbek bei Hamburg 1985
 

zum Anfang
Layout: Datadiwan eMail:webmeister@datadiwan.de