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Der Bundesgerichtshof hat sich bereits mehrfach mit der Bestimmung des Begriffs der Technik versucht: „Technisch ist eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs.“ – BGH: „Rote Taube“ 1969 „... als patentierbar anzusehen [ist] eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges.“ – BGH: Dispositionsprogramm 1977 „Der Begriff der technischen Erfindung läßt sich dahin formulieren, daß darunter die planmäßige Benutzung beherrschbarer Naturkräfte außerhalb der menschlichen Verstandestätigkeit zur unmittelbaren Herbeiführung eines kausal übersehbaren Erfolges zu verstehen ist.“ – BGH: Walzstabteilung 1980 „Wenn eine Lehre für ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen durch eine Erkenntnis geprägt ist, die auf technischen Überlegungen beruht, ist mithin ein auch anderweit akzeptiertes und eine einheitliche Patentrechtspraxis für Europa förderndes Abgrenzungskriterium gegeben, das die Feststellung des erforderlichen technischen Charakters einer Lehre für ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen erlaubt.“ – BGH: Logikverifikation 2000 Diese Technikbegriff ist nicht statisch, sondern Modifikationen zugänglich, sofern die technologische Entwicklung und ein daran angepasster effektiver Patentschutz dies erfordern. Eine vergleichbare Spezifikation wurde von den Beschwerdekammern des EPA bislang nicht gegeben[3]. Der Rechtsausschuss des Europaparlaments formulierte: „Bei dieser Sachlage erschien uns die Formulierung „eine neue Lehre zum Einsatz beherrschbarer Naturkräfte unter Steuerung durch ein Computerprogramm und unabhängig von den für den Ablauf des Programms notwendigen technischen Mitteln ist technisch,“ als die umfassendste und gleichzeitig die eindeutigste zur Definition dessen, was technisch ist.“ – Michel Rocard: CII Entwurf 2005[4]


Technik ist Formung im Medium der Kausalität. Technik ist die Konstruktion (i.S. von ”Bauen”, wenn man an die Herstellung von Geräten und Apparaten denkt, aber auch von Zuschreibung, wenn man an die Funktionsweise von Gehirnzellen bei der Gedächtnistechnik denkt) durch Fixierung und Isolation von Kausalrelationen zum Zwecke ihrer redundanten Verwendbarkeit. Enge Kopplung bedeutet, dass bei der Konstruktion von Technik Anstrengungen unternommen werden müssen, erwünschte Ursachen-Wirkungszusammenhänge in eine stabile Beziehung zu bringen und unerwünschte Ursache-Wirkungszusammenhänge auszuschließen – und zwar durch ein (im weitesten Sinn zu verstehendes) containment. “Unter Technik soll jede feste Kopplung von Ursachen und Wirkungen verstanden werden, gleichgültig, ob es sich um Materialien physischer, chemischer oder biologischer Art oder um Symbole handelt wie im Recht oder in der Computertechnologie. Der Begriff reicht also über die Maschinentechnik weit hinaus und schließt all das ein, was Husserl den mathematischen Idealisierungen der modernen (galileischen) Wissenschaften zugerechnet hatte” (Luhmann 1995, S. 112). Daraus lässt sich die Kernthese über den Zusammenhang von Technik und Kausalität gewinnen: Technik ist kausale Formung in einem Medium. Technik wird also nicht in erster Linie als ein Apparat oder als eine rationale Zweck-Mittel-Kopplung oder ein mittel- bzw. zieleffizientes Tun verstanden. Technik wird vielmehr als eine Form, als eine “funktionierende Simplifikation” (Luhmann) behandelt, die auf einer sich im Medium der Kausalität ausdrückenden Erwartung beruht: dass auf eine bestimmte Ursache (oder einen bestimmten Ursachenkomplex) eine bestimmte Wirkung (ein bestimmter Wirkungskomplex) folgt. Diese Erwartung wird nicht in Form von Normen oder Intentionen, sondern von Installationen (physikalische, chemische oder neurologische Maschinen) “formuliert”. Technik ist also letztlich eine in einem Substrat ”gelagerte” Erwartung über das Eintreten von eng (kausal) gekoppelten Ereignissen oder Operationen. aus: Jost Halfmann, Technik und Kausalität (erscheint in: Klaus Kornwachs (Hg.), Technik – System –Verantwortung, Münster: LIT 1993), S. 8f. URL: http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/philosophische_fakultaet/is/technik/aktuelle_aufsaetze/tekau02.pdf