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Der operative Materialismus ist das Fundament, der -ismus der Hyperkommunikation - in dem Sinne, dass die Wortverwendung auf die Herstellung (Homo faber) bezogen ist. Siehe zuerst Qualität und Eigenschaft

Materialismus

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Als operativer Materialismus bezeichne ich meine Auffassung, in welcher ich als toolmaking_animal die herstellende Tätigkeit als Aneignung reflektiere und dabei primär zwei Unterscheidungen verwende: Form und Material. Wenn ich ein Artefakt herstelle, forme ich Material.

Als Materialismus bezeichne ich in diesem Sinne das Resultat einer vortheoretischen Entscheidung, die in entsprechenden Theorien als vorausgesetzte Setzung erkennbar wird. Die verwendeten Unterscheidungen sind nicht von einer wirklichen Beschaffenheit einer gegeben Welt abhängig, sondern davon, wie ich ich mir die tätige Aneignung der Welt durch eine doppelte Differenz vorstelle.
Ich kann um im Beispiel zu bleiben, eine Sichel sehr verschieden formen, aber ich kann sie nicht formlos machen. Für eine Sichel kann ich sehr verschiedene Materialien verwenden, aber ich kann sie nicht ohne Material herstellen.

Die Einheit der operationellen Differenz zwischen Form und Material ist die Herstellung.

Materialien entstehen in doppelter Hinsicht mit ihren Formungen. Als Material bezeichne ich sekundär alles, was eine (tautologischerweise zeichenbare) Form hat und logisch primär das, was sich durch die herstellende Formgebung konstituiert. Das Referenzobjekt des Ausdruckes Bronze beispielsweise kann als Barren, Klumpen, Ohrring oder Statue, aber nicht ohne Form existieren. Jede Herstellung ist deshalb eine Umformung.

Wenn ich vom Material spreche, abstrahiere ich von dessen Form. Wenn ich dieses Material in einer physikalischen Perspektive beobachte, bezeichne ich es als Materie. Materie aber ist ein sich in Quanten auflösendes Konstrukt der Physik, also gerade kein Material (Zu dieser Konstitution siehe auch Luhmann über Medium in Die Kunst der Gesellschaft 1995:167).

In der Herstellung von Artefakten unterscheide ich drei Herstellungsaspekte:

  • Beim Konstruieren verwende ich Halbfabrikate, die nicht konstruiert sind, beispielsweise Blech
  • Bei der Herstellung von elementaren Halbfabrikaten forme ich Material, ich walze oder giese beispielsweise Stahl
  • Beim Beschaffen von Material ist mir dessen Form nicht wichtig, ich wähle Eigenschaften, Stahl beispielsweise ist härter als Eisen
  • Die Produktion von Stahl kann ich als Herstellung begreifen. Ich kann Stahl nicht formlos herstellen, auch wenn mich die Form im Prinzip nicht interesssiert. Wenn ich aber ein Material wie Stahl herstelle, weiss ich wozu und damit verbunden auch, in welcher Form es mir als Halbfabrikat am besten dient. Das Herstellen von Material erscheint unter entwickelten Produktionsverhältnissen insofern als primäre Herstellungsart, als ich zuerst Stahl haben muss, bevor ich aus Stahlträgern eine Brücke konstruieren kann. Aber jede mir bekannte Materialherstellung setzt einerseits konstruierte Werkzeuge voraus und lässt sich als Aspekt neuer Werkzeugentwicklungen verstehen. Deshalb spreche ich von toolmaking animals und nicht von materialmaking animals.

    Im so verstandenen Materialismus begreife ich die Entwicklung der Lebensverhältnisse als materielle Produktion in deren Zentrum die Werkzeugherstellung steht. Was Menschen denken oder glauben, oder was für Ideen und Ideale sie haben, und wie sie darüber sprechen, ist dabei so sekundär, wie die physikalische Perspektive auf die sogenannte Materie. Es geht dabei nicht um Erkenntnis, sondern um Aneignung, die Erkenntnis einschliesst.

    Erläuterung am Beispiel der Kybernetik

    In der Kybernetik verwende ich hochentwickelte Werkzeuge, also Automaten als Erklärungungen. Das, was ich erkläre, bezeichne ich als Phänomen. Als Standardbeispiel gilt der Thermostat als Erklärung für das Phänomen, dass die Temperatur in einem Raum konstant bleibt. Es spielt dabei keine Rolle, warum Menschen gerne konstante Raumtemperaturen haben, weil es nicht darum geht, Menschen zu erklären.

    Die konstante Raumtemperatur dient hier als Beispiel für eine hergestellte Umwelt. Die Räume, die Heizungen und die Thermostaten sind materielle Produkte und mithin durch Tätigkeiten geformtes Material. Wenn ich den Raum mit konstanter Temperatur noch nicht habe, dient mir die Erklärung als Herstellungsanweisung.

    In gewisser Hinsicht beginnt die Kybernetik mit Phänomenen. Hinter jedem kybernetischen Phänomen steht aber ein Beobachter, der eine Erklärung will. Was als Phänomen in Frage kommt, wird in dieser materialistischen Auffassung durch das bestimmt, was toolmaking animals herstellen wollen.


     

    exemplarisch: Materialismus
    das_argument
    Blog: operativer Materialismus


     
    [abgelehnter Keimformbeitrag]
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