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Umgangssprachlich spreche ich auch von (verschiedenen) Kategorien. Bei Radrennen gibt es bezüglich Passstrassen "hors catégorie" für Berge, die sich nicht in die Klassifikation einfügen lassen. Das ist natürlich eine werbepsychologische Sprache.
Die Redeweise beruht darauf, dass ich beim Klassifizieren Kategorien verwende.

Als Klassifikation bezeichne ich eine Operation, die Objekte anhand vom Merkmalen einer Klasse zuordnet.
Ich bezeichne oft auch das Resultat der Operation als Klassifikation oder als Taxonomie.

Beispiel:
Ich klassifiziere Wale als Säuger und nicht als Fische, weil in meiner zugrunde liegenden Systematik ein Fisch ein eierlegendes Tier verlangt, das keine Lunge hat. Würde ich Fisch dagegen als im Wasser lebend und ein Schwanzflosse habend definieren, würde ich Wale zu den Fischen zählen.

Klassen sind das Produkt der Klassifikation. Bestimmte Klassen haben sich pragmatisch so verfestigt, dass sie Klasse als Eigenname bekommen haben. Ich spreche von Schulklassen, von Bahntarifen 1. Klasse, von Fahrzeugklassen. In diesen Fällen hat sich die Klasse gegenüber der Klassifikation quasi verselbständigt. In einer Tautologie spreche ich von Klassifikationsklassen.

Beispiel:
Als Fahrzeugklasse - etwa als Golfklaasse - bezeichne ich eine abgegrenzte Gruppe von Auto-Modellen, die von der Form, von ihrer Grösse oder preislich untereinander konkurrieren - so wie die Schüler der 4. Klasse Kokurrenten sind.

Mit einer Klassifikation verfolge ich ein spezifisches Interesse an einer bestimmten Ordnung. Ich klassifiziere beispielsweise in Ober-, Mittel- und Unterklasse, um um bestimmte Waren bestimmten Kunden zuzuordnen.
Wenn ich biologische Arten und Klassen unterscheide, unterscheide ich Entwicklungsstufen, die ich als höher bewerten kann.


 

T. Adorno über Klassifikation:

"Allgemeine Begriffe von den einzelnen Wissenschaften auf Grund von Abstraktion oder axiomatisch geprägt, bilden das Material der Darstellung so gut wie Namen für Einzelnes. Der Kampf gegen Allgemeinbegriffe ist sinnlos. Wie es mit der Dignität des Allgemeinen steht, ist damit aber nicht ausgemacht. Was vielen Einzelnen gemeinsam ist, oder was im Einzelnen immer wiederkehrt, braucht noch lange nicht stabiler, ewiger, tiefer zu sein als das Besondere. Die Skala der Gattungen ist nicht zugleich die der Bedeutsamkeit. Das war gerade der Irrtum der Eleaten und aller, die ihnen folgten, Platon und Aristoteles voran.
Die Welt ist einmalig. Das bloße Nachsprechen der Momente, die immer und immer wieder als dasselbe sich aufdrängen, gleicht eher einer vergeblichen und zwangshaften Litanei als dem erlösenden Wort. Klassifikation ist Bedingung von Erkenntnis, nicht sie selbst, und Erkenntnis löst die Klassifikation wieder auf (Dialektik der Aufklärung:196)

Kritik:
Was Adorno hier sagt, fasse ich in anderen Worten:
Klassifikationen sind pragmatisch. Wenn ich beispielsweise ein 4. Volksschulklasse bilde, weise ich dieser Klasse die Objekte zu, die der ad-hoc-Definition "alle Kinder (Obergegriff), die in demselben Einzugsgebiet wohnen und zehnjärig sind (Kriterium)" genügen.
Selbstverständlich meine ich nicht, dass diese ad-hoc-Definition irgendeine "stabile, ewige, tiefe Bedeutung" habe, ich verwende sie nur im gegeben Kontext zur Klassifikation.
Umgekehrt folgt daraus, dass ich pragmatisch ad-hoc-Definitionen leiste, keineswegs, dass alle meine Definitionen nur immer für den Einzelfall gelten. Ganz im Gegenteil, meine Definitionen gelten für mich immer, wenn nicht ein Einzelfall gegeben ist, wo ich vernünftigerweise nach andern Kriterien klassifiziere - oder die Definition durch Exhaustion (Holzkamp) akzeptierbar halte.


 
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