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Ich unterscheide Familia (mit A) und Familie (mit E am Ende).

Hinweis:
Ich glaube, man sollte all diese Dinge (nicht) so sehr als Fakten sehen, sondern eher als Problematisierung der heutigen diskursiven Auffassungen von Familie.

Als Familia bezeichne ich eine Auffassung des römischen Rechts, das die patria potestas des pater familias, des männlichen Familienoberhauptes umschreibt. Im hellenischen Recht war in einem vergleichbaren Sinne der Patriarch der Vorstand des Oikos.
Die patria potestas beschreibt einen uneingeschränkten (Macht)Anspruch über die familia, zu der auch die verheirateten Söhne mit ihren Frauen und Kindern, Adoptivsöhne, Sklaven, Vieh und das sonstige Besitztum gehörten. Die familia kann als (Rechts)Verband gesehen werden, wobei der pater familias als Priester auch rituelle Aufgaben hatte, also für buchstäblich das "Ganze Haus" zuständig war.
Die patria potestas war insbesondere auch Verfügungsgewalt über Zugehörigkeit, etwa über die Aussetzung neugeborener Kinder, die das Familienoberhaupt nicht aufziehen konnte oder wollte, sei es aus finanziellen Gründen, sei es weil sie uneheliche Kinder, behindert oder schlicht Mädchen waren.

Vom lateinischen Begriff familia (Hausgemeinschaft) ist unter anderem auch famulus (Haussklave) abgeleitet. Pater familias ist ein Herrschaftsbezeichnung, der biologische Erzeuger hieß genitor, nicht Pater.

Mit der Familie und der Ehe im heutigen Sinn hat das alles nur diskursiv zu tun. Wir wissen

über diese Verhältnisse nur aus Übersetzungen von Überlieferungen (Cicero), die quasi rückwärts projeziert sind. Die Familie (mit E am Ende) wurde erst Mitte des 19. Jhd entdeckt, als die Industriearbeit zu Kleinst-Verbänden geführt hat, in welchen Eltern nur ihre eigenen Kinder miternährten.

Heutzutage wird bei der Familie (mit E am Ende) auch der Familienplanung eine entscheidende Rolle zuteil. Durch die modernen Möglichkeiten kann der Kinderwunsch eines Paares im Gegensatz zu den damaligen Zeiten, mitbedacht werden. So wird durch zahlreiche unterschiedliche Arten der Verhütung bei Frau oder Mann die Kinderplanung geregelt.

F. Engels schreibt in seinem "Ursprung der Familie" , dass die ersten Berichte über Familien von 1850 stammen, weil sich davor niemand für Familien interessieren konnte, weil es keine gab. F. Engels hat die aufkommende Geschichte einerseits sehr kritisch kommentiert, aber ist ihr doch weitgehend verfallen (siehe unten).

Was es schon länger gab, war eine sexuelle Sitte, in welcher die Kirche durch eine Art "Ehe" Zivilisation betrieb.


 
Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, MEW21, S.61f):

"....die Organisation einer Anzahl freier und unfreier Personen zu einer Familie unter der väterlichen Gewalt des Familienhaupts. In der semitischen Form lebt dies Familienhaupt in Vielweiberei, die Unfreien haben Weib und Kinder, und der Zweck der ganzen Organisation ist die Wartung von Herden auf einem abgegrenzten Gebiet."

Das Wesentliche ist die Einverleibung von Unfreien und die paternale Gewalt; daher ist der vollendete Typus dieser Familienform die römische Familie. Das Wort familia bedeutet ursprünglich nicht das aus Sentimentalität und häuslichem Zwist zusammengesetzte Ideal des heutigen Philisters; es bezieht sich bei den Römern anfänglich gar nicht einmal auf das Ehepaar und dessen Kinder, sondern auf die Sklaven allein. Famulus heißt ein Haussklave, und familia ist die Gesamtheit der einem Mann gehörenden Sklaven. Noch zu Gajus Zeit wurde die familia, id est patrimonium (d.h. das Erbteil) testamentarisch vermacht. Der Ausdruck wurde von den Römern erfunden, um einen neuen gesellschaftlichen Organismus zu bezeichnen, dessen Haupt Weib und Kinder und eine Anzahl Sklaven unter römischer paternalen Gewalt, mit dem Recht über Tod und Leben aller, unter sich hatte.

"Das Wort ist also nicht älter als das eisengepanzerte Familiensystem der latinischen Stämme, welches aufkam nach Einführung des Feldbaus und der gesetzlichen Sklaverei und nach der Trennung der arischen Italer von den Griechen."

Marx setzt hinzu: "Die moderne Familie enthält im Keim nicht nur Sklaverei (servitus), sondern auch Leibeigenschaft, da sie von vornherein Beziehung hat auf Dienste für Ackerbau. Sie enthält in Miniatur alle die Gegensätze in sich, die sich später breit entwickeln in der Gesellschaft und in ihrem Staat."

Eine solche Familienform zeigt den Übergang der Paarungsehe in die Monogamie. Um die Treue der Frau, also die Vaterschaft der Kinder, sicherzustellen, wird die Frau der Gewalt des Mannes unbedingt überliefert: Wenn er sie tötet, so übt er nur sein Recht aus.


 
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