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Organisation, N. Luhmann: Organisation und Entscheidung, N. Luhmann: Funktionen und Folgen formaler Organisation

Diese FB-Gruppe ist ein exemplarisches Beispiel für das, was Hr. Luhmann als Organisation bezeichnet. Sie ist ein autopoietisches Gebilde, das auf einer fortgesetzten Kommunikation beruht. Sie hat als soziales System ein Umwelt, nämlich alle Kommunikationen ausserhalb der Gruppe. Sie hat in der Umwelt notwendig erfüllte Bedingungen wie Sauerstoff, Internet und Facebook, die für die Organisation der Organisation alle unerheblich sind.

Die Autopoiese gründet in der Schaffung einer Funktion durch zunächst zufällige Anhäufung von Kommunikationen, die die Lehre von Hr. Luhmann betreffen. Es bildet sich eine diffuse Systemgrenze durch eine Zugehörigkeit von Kommunikationsbeiträgen, die sich in Anschlüssen bewährt. Von wem und wozu dies Beiträge sind, spielt - zunächst - keinerlei Rolle. Niemand hat etwas mit einem Zweck eingerichtet - wenn man davon absieht, dass Hr. Zuckerberg Rahmenbedingungen, die als Facebook-Gruppe bezeichnet werden, voraus-gegeben hat. Die Gegenprobe wäre wie bei jeder Organisation: Versuche eine zu gründen. Hier mache eine Luhmanngruppe! Dass Facebook unerheblich ist, zeigte sich vorab in einer erfolgreichen Mail-Liste, die sehr gleichartig war, bis sie zerstört wurde.

Natürlich kann die Organisation fremdreferentiell als werbefinanzierte Facebookgruppe gesehen werden, die sich dadurch begrenzt, dass Beiträge einer eingeschriebenen Adresse zugeordent werden können. Aber jeder der hier - wie ich - mit verschiedenen Namen trollt, weiss, dass die Adressen Namen von Facebookkonten sind.

Selbstreferentiell differenziert sich die Organisation dadurch aus, dass sie Regeln und Rollen hervorbringt, die als soche erkannt und thematisiert - also beobachtet - werden. Die Kommunikation wird nicht mehr sich selbst überlassen, sondern reflexiv oder selbstreferentiell begrenzt. Es muss etwas mit Systemtheorie zu tun haben. Das verdichtet und verdeutlicht die Systemgrenzen, macht aber noch keine Organisation.

Zur Organisation wird das soziale System durch Institutionalisierung von assysmetrischen Verhältnissen. In dieser Gruppe exemplarisch dadurch, dass das Amt der Administration realisiert wird, also zunächst dadurch, dass nicht jede Adresse selbst eintragen und sowieso mit Administratorfunktion ausgerüstet ist, wodurch eine soziale Differenzierung von Machtbefugnissen hervorgebracht wird. Der Administrator wird durch Umweltbedingungen ermöglicht, aber natürlich ist er eine Funktion des Systems. Vollendet wird die Organisation durch Exklussion. Die Organisation merkt, wovon - von welchen Beiträgen und Adressen - sie sich trennen muss, um ihre Identität zu bewahren. Innerhalb der Kommunikation lässt sich das als kompetenzgestützte Selbsterhaltung beobachten.

Natürlich - das ist ja der Witz der Organisation - wird sie politisch instrumentalisiert. Wer in der Organisation das Sagen hat - also jene Kommunikationen die sich durchsetzen, weil sie nicht unterbunden werden (können) - erscheint als kompetent, was legitimiert zu entscheiden, beispielsweise wenn es darum geht, welche Kommunikationen noch zugelassen werden.

Franzicek Dayan Wunderbar, endlich mal wieder ein systemtheoretisches Thema... Agree, bis auf diese letzten Bemerkungen, die ich aber als Beispiel dessen lese, was Sie unter "politisch" verstehen (und ich nicht. Denn es geht hier ja nicht um das Anbahnen und Durchsetzen von kollektiv bindenden Entscheidungen. Selbst die schrulligsten Regelungen, die einer der Gruppe hier reindrücken können wollen könnte, gelten ja nur für Organisationsmitglieder. Dann geht man einfach, wenns einem zu doof ist, und macht ne andere Gruppe auf. Das ist dann womöglich ziemlich ärgerlich und so, aber nicht: politisch. Das "jederzeit gehen können" gehört m.E. viel eher zum Witz von Organisationen, nicht eine "politische Instrumentalisierung"... Instrumentalisierung...das ist mehr so "was man halt so sagt unter Linksliberalen", aber keine systemtheorie-nahe Sicht, weil halt unterkomplex). Aber klar: Wer Organisation beginnt, hat zugleich Hierarchie dabei. Im Übrigen isses m.E. net so, dass Kompetenzunterstellung an Frequenz festzumachen ist, das beschriebe ja, vielleicht, eher das Postverhalten von Trollen? Aber was heißt schon Trollen... eventuell liesse sich das ja an Anschlüssen festmachen, aber da klappt wohl nicht, denn manches, bzw. das meiste wird halt mal so "stehengelassen". Ich denke, Adressen bringen auch qua Fremdreferenz mehr oder weniger Reputation mit, die dann als Kompetenz umgedeutet werden mag, von fall zu Fall. Oft isses aber sicher eher so wie in dem Spruch "Si tacuisses..." (diese Entzauberung habe ich zumindest für mich festgestellt auf Twitter mehr noch als hier...) Einen Punkt vermisse ich in Ihrer Geschichte, das ist das Erfolgsmedium des "likens".

Steffen Roth Erlaube mir zu widersprechen. In Falle von Rolf Todesco einer "systemtheoretischen" Beschreibung von Organisation, die eher auf Institution abzielt und den eigentlich zentralen Begriff Entscheidung nur einmal (und dann im Kontext von politischer Instrumentalisierung) anspricht. Im Falle von Franzicek Dayan dem Kurzschluss von Organisation auf Hierarchie. Ist vielleicht nicht ganz unzutreffend, aber genauso gut könnte man sagen: "Aber klar: Wer Organisation beginnt, hat zugleich Netzwerk dabei".

Franzicek Dayan Steffen Roth Jau. Ich wollte nur das, was unter dem Aspekt "Macht" (Politik) eingeordnet wurde, wieder ins organisatorische Boot (als: Hierarchie-für-Mitglieder) holen.

Rolf Todesco Franzicek Dayan ok, mein Beitrag sprengt die hier zulässige Länge, er ist aber trotzdem sehr kurz. Ich verstehe ihn nicht als Beitrag zur Systemtheorie, sondern als AKTUELLEN Beitrag zum Thema, wer HIER was löschen sollte. Die gemeinte Instrumentalisierung beziehe ich auf die Vorstellung, dass Administratoren zum Entscheiden aufgerufen werden, WIE WENN sie ihnen zugerechnete Macht hätten. Und umgekehrt: Organisation braucht keine Hierarchie, aber ich kenne gerade nichts, was ich als Organisation bezeichnen würde, was nicht durch Hierarchie entmenschlicht wäre. PS: Du kannst ja gehen, wenn Dir etwas nicht passt, ist quasi Inbegriff MEINER Vorstellung von Politik.

Rolf Todesco Steffen Roth Ich weiss noch nicht, wie ich selbst Institution und Organisation unterscheide - aber insbesondere weiss ich nicht, wie das Hr. Luhmann getan hätte. Die Entscheidung, die die Organisation trifft, betrifft das Fortdauern der Organisation im autopoietischen Prozess, nicht ob irgend ein Ding gekauft oder jemand angestellt wird, also nicht, was ein Manager so schweres zu entscheiden hat. Hier trifft die Organisation die fortlaufende Entscheidung ob und wie die Gruppe fortbestehen wird. In einer andern Gruppe, die eine Zeitlang recht erfolgreich war, wurde entschieden, dass Teilnehmergebühren zugunsten eines Admins anfallen sollen, was Trolle abhalten sollte. Diese Entscheidung - man sollte so etwas nicht mit Demokratiezeugs verklären, wo Menschen abstimmen täten - hat die Organisation zersetzt: es gibt sie noch, nur fehlt ihr jede Kommunikation.


 
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