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In einer volksdümmlichen Quasietymolgie wird Besitz von "darauf sitzen" hergeleitet, ich verwende den Ausdruck arbiträr, weil ich nur auf einer Sache sitzen, aber viele Sachen besitzen kann.

Als Besitz bezeichne ich alles, bei dem andere Menschen willentlich und erfolgreich vom Mitbesitzen ausgeschlossen werden. Ich unterscheide naturwüchsige und gesellschaftliche Besitzverhältnisse. Die naturwüchsige Besitznahme schafft die protogesellschaftlichen Verhältnisse, die durch den Ausschluss von Anderen impliziert wird. In diesem Sinne ist Besitz das erste gesellschaftliche Verhältnis, indem Besitz die Menschen trennt und sie so in ein gesellschaftliches Verhältnis setzt. Zum eigentlichen oder entwickelten gesellschaftlichen Verhältnis wird Besitz als Eigentum, worin Besitz eine spezifische Aufhebung des Eigentums wird, die ich theoretisch als Differenz zwischen Besitz und Eigentum erkenne.

Naturwüchsige Besitzverhältnisse

Die Inversion von Besitz wird zuerst in der Robinsonade behandelt. Robinson kommt aus einer Gesellschaft, die Eigentum kennt. Er betritt die Insel, wobei "Insel" als Metapher für einen Raum steht, in welchem niemand irgendeinen Anspruch auf irgendetwas hat. Robinson muss und kann die Insel aber nicht in Besitz nehmen, weil es niemanden gibt, den er vom einem Besitz ausschliessen könnte, niemand anderen, der etwas besitzen wollte. Robinson nutzt alles, was er nutzen kann, wie die Luft, die er atmet, als Lebensmittel, die nur durch die Natur aber durch keinerlei Ansprüche anderer (Menschen) begrenzt sind.

Zur Insel von Robinson gehört insbesondere auch das Wrack eines Schiffes, das mitsamt seinem Inhalt herrenlos geworden ist. Robinson kann auch die Gegenstände, die er auf dem Schiff findet, nicht in Besitz nehmen, obwohl er weiss, dass sie früher einem Eigentümer gehörten. In seinem Handlungshorizont gibt es niemanden, der als Besitzer in Frage kommen würde. Hätten zwei Robinsons die Aussetzung überlebt, wäre es eine andere Gechichte geworden (die ja in der Geschichte mit Freitag auch zur Sprache kommt).

Die Robinsonade wird in der Frontierthese und dem us-amerikanischen Exzeptionalismus zur eigentlichen Geschichtsschreibung, in welcher die Frontiers - wie Robinsons - bei der Besiedlung des wilden Westens in der - tautologisch formuliert - herrenlosen Wildnis angekommen sind. In diesem Land erkannten sie keinerlei Ansprüche von anderen. Die Frontiers waren aber nie alleine, weshalb sie Inseln in Form von Claims oder Homesteads abstecken und in Besitz nehmen mussten. Die Frontiers wussten wie Robinson, was Eigentum ist, aber sie wussten auch wie Robinson, dass Besitz in der Wildnis keine Bedeutung hat, sondern gerade durch die Aufhebung der Wildnis entsteht. Ihr jeweiliger Besitz trennte die Frontiers nur von anderen Frontiers, die sie mit Revolvern fernhalten konnten.

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Die quasi naturrechtliche Idee einer Wildnis besteht darin, dass etwas zum Besitz wird, wenn ein anderer Mensch, der später kommt, erfolglos Anspruch darauf erhebt. Die Frontiers hatten ihr hergebrachtes Eigentum auf den Planwagen und in Geldform in ihren Portemonnaies. Ihr mitgebrachtes Eigentum betrachteten sie als nur durch Verbrechen problematisierbaren Besitz. Auf diese Weise trugen sie mitgebrachte gesellschaftliche Verhältnisse in die Wildnis hinein.

Eine Inversion dieser Robinson-Frontier-Inversion wird in der europäischen Geschichtschreibung als Auflösung von Allmenderechten - etwa als Enclosure Movement - beschrieben. Dabei wird suggeriert, dass die späteren Besitznehmer von sogenannten Allmenden keine Wildnis vorgefunden hätten, sondern bereits "besitzten" Raum angeeignet haben, wobei unklar bleibt, wie dieser Allmend-Besitz zustande gekommen ist. Immerhin wird in der halbwegs kritischen Allmendgeschichte dargestellt, dass jede Allmend auf einer Exklusion von Nichtmitbesitzenden beruhte. Eigentliche Allmende, also Alle-Mende gab es nie, eigentliche Nomanden lebten in der Wildnis. Wenn sich ihre Wege so kreutzten, dass sie zur gleichen Zeit an demselben Ort gewesen wären, konnten sie künftigen Besitz erkennen.

In Bezug auf Besitz unterscheide ich Grundstücke von allem, was durch die Grundstücke getragen und beinhaltet wird. Die Robisonade thematisiert auch dazu den einfachsten Fall, in welchem es gar keine Grundstücke gibt. Robisons Insel ist die ganze Welt, es gibt keine anderen Grundstücke im Handlungshorinzont.

Mit dem Ausdruck Grundstück bezeichne ich ein Stück Grund, das von einem anderen Stück desselben Grundes getrennt ist, genau dadurch, dass beide Grundstücke - im Prinzip - verschiedene Besitzer haben. So sind die Claims der Frontiers begründet. Grundstücke sind die Teile des Grundes, die von jemandem so besetzt werden, dass andere diesen Teil nicht auch besetzen können. Zum Grundstück gehören zunächst, was dem Grund naturwüchsig zugehört. Das sind inbesondere Gesteine, Gewässer und was ich der Flora und der Fauna zurechne, also Wald oder Weide mit als Wild bezeichneten Tieren.

Alle Gegenstände, die nicht naturwüchsig zum Grundstück gehören, sind keine Wildnis, sondern Artefakte in einem weiten Sinn, in welchem ich Kultur von Natur unterscheide. Sie werden zu Besitz, wenn jemand erfolglos Anspruch darauf erhebt. In einer spezifischen Hinsicht wird das Herstellen zunächst wie das Finden in der Wildnis behandelt. Wer etwas herstellt, was für viele Menschen brauchbar ist, wird als erster Besitzer gesehen. Dabei spielt in diesem protogesellschaftlichen Verhältnis keine Rolle, ob ich ein herrenloses Artefakt gefunden oder ob ich es selbst hergestellt habe. Insbesondere kann ich solche Gegenstände unabhängig vom Grundstück, auf welchem sie sich befinden, besitzen.

Das Besitzen kann in verschiedenen Hinsichten graduell ausgeübt werden. Ich kann beispielsweise anderen Menschen erlauben mein Grundstück zu betreten und in spezifizierten Formen mitzunutzen, also in diesen Hinsichten auch mitzubesitzen. Ich kann auf meinem Grundstück Teile des Grundstückes befristet abtreten. Wenn ich beispielsweise ein Haus besitze, kann ich auch diesen Besitz graduell ausgeüben. Ich kann das Haus oder Teile des Hauses befristet einem anderen Besitzer überlassen. So entstehen komplizierte Besitzverhältnisse, die verbreitetsten sind Nutzrechte wie Wegrecht oder Pacht. Und natürlich kann ich viele Gegenstände ausleihen, wodurch sie befristet einen anderen Besitzer haben.

Als Besitzer eines Grundstückes kann ich beispielsweise ein Haus bauen. Das Haus ist an des Grundstück gebunden, ich kann es aber einem anderen Besitzer überlassen. Mehrstöckige Häuser vergrössern in gewisser Weise das Grundstück. Die so zugewachsenen Grundstücke können eigene Besitzer haben. Wenn ich als Besitzer eines Grundstückes anderen Menschen erlaube, mit ihren Autos auf mein Grundstück zu fahren, kann ich die Autos wie mobile Häuser betrachten. Jemand kann mit einem Auto, das in seinem Besitz ist, auf mein Grundstück fahren. Dabei bleibt das Auto in seinem Besitz.

Schliesslich gibt es eine spezifische Negation von Besitz, die als eine Art kollektiver Besitz gesehen werden kann und im wesentlichen darauf beruht, dass sich potentielle Besitzer darauf einigen, beispielsweise ein bestimmtes Grundstück nicht zu besitzen und auch nicht von anderen in Besitz nehmen zu lassen. Dabei wird dieses Grundstück der Wildnis entzogen, weil es von niemandem besitzt werden kann, aber es wird auch nicht Besitz, weil es keinen Besitzer hat. In gewisser Weise lassen sich Allmenden so interpretieren. Häufiger wird dagegen eine juristische Person, etwa ein Staat als Besitzer gesehen und solcher "Besitz" - sehr diffus - dem Vemögen von öffentlichen Haushalten zugerechnet.

Gesellschaftiche Besitzverhältnisse

Als Eigentum bezeichne ich die angeeignete Sache und das verfasste Verhältnis, in welchem dem Eigentümer eine spezifizierte Verfügungsgewalt über sein Eigentum zugestanden wird, sofern er sie nicht anderen zum Besitz überlassen hat.

Eigentum ist ein gesellschaftliches Verhältnis, in welchen der naturwüchsige Besitz aufgehoben ist.

Grund, Artefakt und das Dritte, (An)Recht

Die Negation der Negation von Grundstückbesitz wird gemeinhin als real estate bezeichnet. Feudale Fürsten "besitzen" - um das Wort auch metaphorisch zu verwenden - hinreichend Macht, um Abgaben von anderen Menschen zu verlangen, der einfachste Fall heisst "Geld oder Blut". Solche Lehen sind nicht an Besitz, sondern an Machtverhältnisse gebunden. Dabei geht es nicht um Grundstücke, sondern um Menschen, deren Arbeit in Besitz genommen wird, indem das naturwüchsige Recht des erstbesitzenden Herstellers aufgehoben wird. Es ist eine gängige aber deswegen nicht richtige Geschichtsschreibung, den feudalen Herren einen Besitz an Grundstücken zuzurechnen, weil die Abgrenzungen zwischen verschiedenen besteuerten Bevölkerungsmengen territorial passiert. Wer dort lebt, finanziert den dortigen Machthaber. Das ist auch im Nationalstaat weitgehen aufgehoben.

Die naturwüchsigen Besitzverhältnisse repräsentieren Machtverhältnisse, weil jeder Besitz durchgesetzt werden muss. Die Frontiers im Westen der USA kamen aus entwickelten gesellschaftlichen Verhältnissen. Aber in der Wildnis des Westens gab es vorab weder eine Instanz noch eine Institution, die den Besitz ein verfassungsrechtliches ... einbinden konnte .. nicht - kein Recht kein Eigentum keine Institution

Als Besitz bezeichne ich das erste protogesellschaftliche Verhältnis. . Nachdem öffentliche Haushalte erzeugt wurden,


 
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siehe Grundbesitz, Eigentum ... Bodenrecht ...


 
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