bild  Hyperkommunikation - Crashkurse - Systemtheorie 2. Ordnung      [ Hyper-Bibliothek ]      [ Hyper-Lexikon ]      [ zurück ]
bild
bild
bild Hyperbuch bild Crashkurs   Systemtheorie 2. Ordnung bild Inhalt   -   Register   -   Forum       rückwärts - Seite 62 - vorwärts  
bild
bild


Die Funktion der Um-Welt

Die Inversion der Blackbox verkehrt auch das Verhältnis zwischen Phänomen und Erklärung. Ich betrachte in dieser Perspektive die Umwelt nicht Phänomen, sondern als Erklärung. Ich kann natürlich nach dem Phänomen fragen, das ich mit der Umwelt erkläre. Dieses Phänomen bestünde aber in meinen Eigenzustände, die ich ja als Beobachter gerade nicht wahrnehme (Anmerkung 1). Die Frage ist also eher: Wozu konstruiere ich ein Umwelt - und überdies so, dass ich meine Eigenzustände nicht mehr oder nur noch in Form einer Umwelt wahrnehmen kann? (Anmerkung 2).

Die Natur - was immer das sein könnte - hat keine Funktion, weil sie nicht hergestellt, sondern erzeugt oder geschaffen wurde (Anmerkung 3). Meine Umwelt aber ist - in diesem sytemtheoretischen Sinn - konstruiert, deshalb hat sie eine Funktion oder eine Gegenstandsbedeutung. Wenn ich etwas konstruiere, weiss ich wozu. Wozu also ist meine Umwelt gut?

Meine Umwelt hat für mich die Funktion einer perfekten Landkarte meiner Eigenzustände, auf welcher ich mich sehr effizient orientieren kann (Anmerkung 4). Meine Umwelt zeigt mir in welchem Eigenzustand ich mich befinde, indem sie mir zeigt, wo ich bin und wie ich mich bewege. Die Umwelt ist eine Art reafferentes Prinzip, mit welchem ich nicht die Position meiner Körperteile, sondern die Position meines Körpers wahrnehme. Jedem Muster auf meine Retina entspricht ein Ort in meiner Umwelt (Anmerkung 5).

Wenn ich als Pilot in einem Flugzeug sitze, ist mir "sinnen"-klar, dass ich mit dem Flugzeug durch die Um-Welt des Flugzeuges und mithin durch meine Um-Welt überhaupt fliege. Ich weiss und kann sehen, wo Berge und wo Landepisten sind. Ich kann sehen, wie rasch sie näher kommen und weit sie unter mir sind. Aber selbst wenn ich als Pilot weiss, dass ich in einem Simulator sitzte, verbinde ich die Anzeigen der Instrumente mit ganz bestimmten Bedeutungen, die sie eigentlich nur im Flugzeug haben. Zur Zahl auf dem Höhenmesser etwa stelle ich mir vor, auf einer bestimmte Höhe zu fliegen. Es fällt mir unabhängig davon, ob ich mich in einem Simulator befinde oder nicht, leichter, bestimmte Aufgaben zu lösen, wenn ich mir anstelle einer Variablenmenge auf Instrumenten eine räumliche und zeitliche Vorstellung mache, weil ich mich anhand solcher Vorstellungen quasi naturwüchsig orientieren kann (Anmerkung 6).

In der sogenannten virtuellen Realität, in welche ich mit einem Cyberhelm eintauche, mache ich davon Gebrauch, dass meine Wahrnehmung zeitlich und räumlich strukturiert ist. Wenn ich mir etwas vorstellen muss, muss ich es vor mein geistiges Auge hinstellen. Eine grössere geplante Ueberbauung, die ich als Plan "in meinem Kopf" habe, kann ich in einem Text beschreiben. Ich kann aber auch eine Zeichnung davon machen. Ich sage in diesem Zusammenhang, dass ein Bild mehr sagt, als tausend Worte. Noch mehr sagt mir, wenn ich mich mittels sogenannter virtuellen Realität durch die Ueberbauung bewegen kann, weil die Ueberbauung so in Relation zu meinen Bewegungen setzen und so verschiedenen Perspektiven quasi sinnlich einnehmen kann, die ich mir anhand eines Textes nur schwer vorstellen kann.

In der Sprache, in der ich als Beobachter meine Beobachtungen ausdrücke, kann ich sehr einfach über Gegenstände in meiner Umwelt sprechen, dagegen habe ich keine Sprache, in welcher ich über die Zustände meines Nervensystems oder meiner Retina sprechen könnte (Anmerkung 7).

bild bild
 
bild


Anweisungen:

Mache Dir bewusst, wie leicht ein Computer mit einer Bildschirmdarstellung à la Windows zu bedienen ist und wie schwierig es wäre, wenn wir ohne gegenständliche Metaphern auskommen müssten.

bild

Gerade deshalb erscheint die graphische Oberfläche bei Computern als so tolle Erfindung, obwohl sie ja nur reproduziert, was ich wahrnehmungsmässig ohnehin leiste.


 

Beispiel:
  klick hier

bild

 

Metakommunikation

Ich habe hier die Erklärung sozusagen ad hoc verkehrt: Ein Kleinkind, das eine Umwelt erfindet, weiss noch nicht, wozu diese Erfindung gut sein könnte. Es erlebt die Erfindung vermutlich auch nicht als Erfindung, sondern als Entdeckung (Anmerkung 8). Und später gibt es eigentlich keine Notwendigkeit, die Erfindung als solche wahrzunehmen. Man kann ganz gut mit der Vorstellung leben, dass es die Welt wirklich gibt und dass die Gegenstände sind, was sie sind. Nur systemtheoretisch kann ich diese Vorstellungen schlecht konsistent halten (Anmerkung 9).


 
bild
bild
bild Hyperbuch bild Crashkurs   Systemtheorie 2. Ordnung bild Inhalt   -   Register   -   Forum       rückwärts - Seite 62 - vorwärts  
bild
bild