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(Beobachter)-System / Umwelt

In der 2. Ordnung beobachte ich meine Unterscheidungen als Unterschiede in meiner Umwelt. Das Beobachtersystem bringt quasi durch seine Zustände seine Umwelt hervor. Jedem Prozess in der Umwelt entspricht ein Prozess des Beobachtersystems. In der Beobachtung 2. Ordnung beobachte ich meine Umwelt als Medium, in welchem ich als System erscheine. Ich interessiere mich in dieser Perspektive nicht dafür, wie die Umwelt ist, sondern dafür, wie ich meine Umwelt beobachte, also für das System, das meiner Beobachtung zugrunde liegt. Die Umwelt ist so gesehen eine Codierung des Beobachtersystems, so wie ein Computerprogramm ein codierte Beschreibung des Computers darstellt, auf welchem das Programm läuft (Anmerkung 1).

Die Gegenstände, die ich in meiner Umwelt unterscheide, repräsentieren eine Art Schemata, mit welchen ich meine Eigenzustände beschreibe. Ich kann beispielsweise mit einem Ball spielen. Dabei durchlaufe ich bestimmte Sequenzen von reafferenten Eigenzuständen meines Nervensystems, die ich als koordinierte Bewegungen meines Körpers und des Balles erlebe. Ich bezeichne ganz bestimmte Zustandsfolgen in meinem Erleben als "Ballspielen", wobei ich bestimmte Teilzustände als Reize auf meiner Retina interpretiere, die ich mit einem Ball in meiner Umwelt erkläre. Natürlich gehört auch mein Nervensystem zu meiner Umwelt-Erklärung (Anmerkung 2).

Wenn ich als Beobachter über meine Umwelt spreche, habe ich meine Umwelt von mir unterschieden und mich durch eben dieses Beobachten zum Beobachter gemacht. Mit "ich" referenziere ich umgangssprachlich die eine Seite dieser Unterscheidung, indem ich alles, was nicht zu meiner Umwelt gehört, mit "ich" bezeichne. Mit "ich" verweise ich in diesem systemtheoretischen Sinn auf eine abstrakte Instanz, die als Prozessor der Beobachtung fungiert. Er ist gewissermassen die Seele der Maschine (Anmerkung 3). Im Formkalkül von G. Spencer-Brown entspricht diese Unterscheidung zwischen System und Umwelt dem chinesischen "wu", das unsittlicherweise mit "Leere" übersetzt wird. Die Unterscheidung ist so angelegt, dass alles auf der einen Seite der Unterscheidung ist, wodurch die Unterscheidung mit der Nichtunterscheidung zusammenfällt (und zusammen fällt), was G. Spencer-Brown als zurückgenommene Unterscheidung bezeichnet. Solange ich "ich" sage, mache ich eine Unterscheidung, die sich beim hinsehen als Nichtunterscheidung entpuppt, weil ich nur die eine Seite der Unterscheidung beschreiben kann.

Die "leere" Unterscheidung zwischen System und Umwelt mache ich als Beobachter unter funktionalen Gesichtspunkten. Sie erlaubt mir die Beobachtung als Operation aufzufassen (Anmerkung 4). Die Sicht auf die Umwelt entspricht in gewisser Weise dem deutenden Beobachter, sie ist eine funktionale Deutung des Systems. In dieser Aussensicht kann ich das Verhalten des Systems in Relation zu seiner Umwelt interpretieren. Das heisst ich kann Motive bezeichnen, die ich als Emotionen erleben kann. Als aussenstehender Beobachter kann ich beispielsweise einem Piloten, der gerade eine tolle Instrumentenlandung hingelegt, per Funk mitteilen, dass das Flugzeug perfekt auf der Piste aufgesetzt hat. Dabei deute ich die Situation so, dass der Pilot landen wollte. Als Beobachtersystem habe ich nur die Innensicht des Piloten. Ich steure die Anzeigen der Instrumente. Für mich ist gleichgültig, was ausserhalb des Systems passiert. Ich kann keinen Grund angeben, warum ich die Instrumente im grünen Bereich halte (Anmerkung 5).

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Als Beobachter kann ich ein Flugzeug von aussen sehen, dann beobachte ich ein anderes Phänomen, als wenn ich Instrumente eines Flugzeuges beobachte. Als Beobachtersystem begreife ich mich in beiden Fällen als operationell geschlossenes System, ich habe aber verschiedene Eigenzustände. In einem Fall ist auf meiner Retina ein Flugzeug, im andern Fall sind auf meiner Retina Fluginstrumente. Ich kann als Beobachtersystem verschieden Eigenzustände wahrnehmen, so wie ein Beobachter verschiedene Phänomene sehen kann. Als Beobachter kann ich das, was ich wahrnehme, zum Phänomen machen. Ich kann mich also beispielsweise fragen, weshalb ich ein landendes Flugzeug sehe. Damit wiederhole ich als Beobachtersystem rekursiv, was ich als Beobachter mache. Der Eigenwert jedes Beobachtersystems ist die Wahrnehmung des Eigenzustandes in Form einer Um-Welt, die als Phänomen gesehen werden kann. Systemtheoretisch ist jede Um-Welt identisch mit dem Beobachtersystem, das die Um-Welt projiziert. Ver-stehen heisst in diesem Sinne wörtlich am Platz des zu Verstehenden stehen. Ich kann mich selbst als Beobachtersystem verstehen, indem ich meine Um-Welt beobachte. Der Beobachter ist in diesem Sinn eine Blackbox, die intern nicht nur nichts zugängliches macht, sondern gar nichts macht, was nicht aussen in Form von Aussagen erscheint (Anmerkung 6).


Anweisungen:

Ueberlege, was aus der Aufhebung der Unterscheidung zwischen System und Umwelt in der 1. Ordnung folgt!

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Beispiel:
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Metakommunikation

Der Beobachter ist eine Blackbox, die ausschliesslich in Form von Aussagen erscheint. Was immer ich zusätzlich über den Beobachter sage, ist meine Konstruktion. Behavioristen sagen, lasse das bleiben! Du sollst Dir kein Bildnis machen. I. Newton sagte: hypotesis no finge (ich bastle keine Hypothesen). Sorgfältige Kognitivisten sagen: wir rekonstruiren die Blackbox und halten uns bewusst, dass wir nicht über den Beobachter, sondern über ein Modell sprechen. Und reine Kognitivsten sprechen gnadenlos über den Beobachter selbst.


 
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