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Die 2. Ordnung

Als "Systemtheorie 2. Ordnung" bezeichne ich in Anlehnung an Heinz von Foerster's "second order cybernetics" eine selbstbezügliche Sicht, in welcher ich mit meiner Systemtheorie mich selbst als System beschreibe. In dieser 2. Ordnung betrachte ich mich sowohl als Subjekt und als auch als Objekt meiner Systemtheorie. Mit dem Ausdruck 2. Ordnung verweise ich also nicht auf eine Theorie der Theorie, wie man H. von Foerster's Ausdruck Cybernetics of Cybernetics verstehen könnte, wenn man Kybernetik als Theorie betrachtet, sondern darauf, dass ich meine Theorie auf mich beziehe. N. Luhmann spricht in Anlehnung an Cybernetics of Cybernetics von der "Gesellschaft der Gesellschaft". In seiner Notation erscheint die Gesellschaft als "System", welches sich selbst beschreibt, wobei seine Person lediglich als Autor eine gesellschaftliche (kommunikative) Funktion erfüllt, weil Gesellschaft ja nicht schreiben kann.

In der "Systemtheorie 2. Ordnung" sehe ich keine irgendwelche gegensätzliche Auffassung zur Systemtheorie 1. Ordnung, sondern lediglich die Reflexion einer bestimmten Implikation der Systemtheorie: Jede Systemtheorie stammt von einem Beobachter, der seinerseits als System gesehen werden kann. Als "Systemtheorie 1. Ordnung" bezeichne ich in diesem Kontext Systemtheorien, die den Beobachter insofern ausblenden, als sie nur das "Gesichtsfeld" des Beobachters, nicht aber sein Gesicht darstellen. In der ersten Ordnung sehe ich Systeme, die ihre Um-Welt mit mir teilen.


  

 
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Gegenstand dieser Systemtheorie ist also, wie ich als Beobachter meine Um-Welt re-konstruiere. G. Bateson hat in "Geist und Natur" postuliert, dass unser Geist (mind) als Produkt der Natur so beschaffen sei, dass er das generelle Muster (pattern), dem die Natur folge, selbstbezüglich, also in sich selbst wiedererkenne. Die Systemtheorie liefert dafür eine einfache kulturelle Explikation: ich kann Systeme in meiner Um-Welt konstruieren und ich kann mich selbst als System rekonstruieren.

Mit einer Systemtheorie muss ich selbstreferentiell ausdrücken, was ich als Systemtheorie bezeichne und wie sie ihren Zweck erfüllt. Dazu muss ich erklären, was ich innerhalb der Theorie als Systeme bezeichne, welche Funktion diese Systeme haben und wie sie funktionieren. Den Platzhalter für diese Anforderungen nenne ich Blackbox. Als Beobachter ordne ich jedem Phänomen eine Blackbox zu. Damit drücke ich aus, dass nicht wissen kann, wie das Phänomen wirklich zustande kommt, weil die Blackbox per Definition nicht einsehbar ist. Systemtheoretisch beschreibe ich mögliche Funktionsweisen der Blackbox in Form von konstruierten Mechanismen.

Und schliesslich verstehe ich mich selbst als Objekt meiner Theorie, als Beobachtersystem. Insofern ich mich selbst als System wahrnehme, spreche ich mit der Systemtheorie auch über mich. In diesem Sinne dient mir die Systemtheorie auch zur Selbstwahrnehmung, vor allem aber der Reflexion meines Wahrnehmens überhaupt. Als Beobachtersystem spreche ich im gleichen Atemzug über meine Wahrnehmung und über meine Um-Welt. Aufgrund der operationellen Geschlossenheit von Systemen kann ich nur meine Eigenzustände wahrnehmen, die ich mir mittels einer Um-Welt erklären kann. Was ich als Um-Welt wahrnehme, wi(e)derspiegelt mich. Nur als (äusserer) Beobachter kann ich Systeme in deren Um-Welt wahrnehmen und das Verhalten der Systeme auf deren Um-Welten beziehen. In der Systemtheorie 2. Ordnung unterscheide ich deshalb die Perspektive eines System-Beobachters von der Prespektive eines Beobachtersystems (Anmerkung 1). In der "Systemtheorie 2. Ordnung" beobachte ich nur das System.

Die Um-Welt ist - systemtheoretisch - durch das System bestimmt. Alles, was nicht zum Systemgehört, gehört zu dessen Um-Welt, die in der Systembeobachtung ausgeblendet oder als nicht vorhanden aufgefasst wird. Der Biologe H. Maturana beispielsweise beobachtet das biologisch konstruierte Nervensystem. Was nicht zum Nervensystem gehört, ist die Umwelt des Nervensystems. Natürlich kann ich als Beobachter auch ein System wählen, welches auf Signale aus einem das Nervensystem umgebenden Milieus reagiert. Dann beobachte ich einfach ein andres System, also nicht das Nervesystem.

Ich verstehe den Radikalen Konstruktivismus als Konsequenz der Systemtheorie. Wenn ich in der Blackbox sitze, ist der zu rekonstruierende Bereich ausserhalb der Blackbox. Dann muss ich als Beobachter-System - im Rahmen dieser Systemtheorie - sagen, dass ich meine Um-Welt konstruiere. Meine Um-Welt ist meine Erklärung für die Wahrnehmung meiner eigenen Zustände. Was ich sehe, erkläre ich mir damit, dass es vor meinen Augen ist, und dass ich sehe, erkläre ich mir damit, dass ich Augen habe. Sowohl das Milieu der Augen und die Augen sind Konstruktionen. Es handelt sich um eine doppelte Kontigenz, in welcher die Umwelt und das Auge strukturell gekoppelt erscheinen, weil ein anders konstruiertes System vielleicht eine andere Umwelt konstruieren würde, in welcher dann andere Systeme vorkämen (Anmerkung 2).


 

Metakommunikation

Wenn ein anderer Mensch das Verhalten eines Computers erklärt, nenne ich diesen Menschen Beobachter des Computers. Mich selbst bezeichne ich dann als Beobachter dieses Menschen und des Computers. In der Systemtheorie 1. Ordnung thematisiere ich das, was ein Beobachter wahrnimmt. Ich spreche also beispielsweise über den Computer oder darüber, wie ein Beobachter den Computer beschreibt. In der 1. Ordnung spreche ich objektiv über Gegenstände, die ich als von mir unabhängige wahrnehmen kann. In der 1. Ordnung spreche ich über das, was ich wahrnehme, nicht darüber, wie ich wahrnehme.

In der Systemtheorie 1. Ordnung erscheint mir die Welt beobachterunabhängig. In der 1. Ordnung sind "ich"-Formulierungen sinnlos, weil es ja gerade darum geht, die Beobachtungen festzuhalten, die jeder Beobachter gleich wahrnehmen soll. Wenn überhaupt vom Beobachter die Rede ist, ist er der Wissenschafter oder Autor, der "wahr" berichten muss, was unabhängig von ihm der Fall ist.

Die Systemtheorie 1. Ordnung entspricht also dem konventionellen Wissenschaftsverständnis, das im Radikalen Konstruktivismus aufgehoben ist.

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